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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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auf Oma Wetterwachs.
    Das Haar umgab die Köpfe wie eine Art Halo und glänzte ölig. Zwar hatte Diamanda nie zuvor schönere Gesichter gesehen, aber in ihr reifte nun die Erkenntnis, daß etwas daran nicht stimmte. In den Mienen gab es einen rätselhaften Faktor, der nicht zur allgemeinen Ästhetik paßte.
    »Wir sind nur deshalb noch am Leben, weil wir lebend interessanter sind als tot«, ertönte Omas Stimme hinter dem Mädchen.
    »Hör nicht auf die griesgrämige Alte«, sagte die Königin. »Was kann sie dir schon bieten?«
    »Mehr als Schnee im Sommer«, entgegnete Oma. »Die Augen. Sieh dir die Augen an.«
    Die Königin stieg ab.
    »Gib mir deine Hand, Kind.«
    Sofort streckte Diamanda den Arm aus.
    Die Augen… Sie waren tatsächlich irgendwie sonderbar. Es lag nicht an Form, Farbe oder einem unheilvollen Glanz. Der seltsame Aspekt ging zurück auf…
    Auf den Blick. Einen solchen Blick hätten Mikroben gesehen, wenn sie in der Lage wären, durch ihr Ende des Mikroskops zu spähen. Er vermittelte ungefähr folgende Botschaft: Du bist nichts. Und: Du steckst voller Makel und bist ohne jeden Wert. Und: Du bist ein Tier. Und: Du kannst Schoßhündchen werden – oder Beute. Und: Die Entscheidung darüber steht nicht dir zu.
    Diamanda versuchte, die Hand zurückzuziehen.
    »Verschwinde aus ihrem Bewußtsein, alte Vettel!«
    Schweißtropfen bildeten sich auf Omas Stirn.
    »Ich bin gar nicht in ihrem Selbst. Ich sorge nur dafür, daß du nicht hineinkannst.«
    Die Königin lächelte. Nie hatte Diamanda ein schöneres Lächeln gesehen.
    »Du verfügst sogar über ein wenig Macht. Erstaunlich. Ich bin immer davon überzeugt gewesen, daß du es nie zu etwas bringen würdest, Esmeralda Wetterwachs. Aber hier nützt dir deine Hexerei nichts.« Und zu den Kriegern: »Tötet sie beide. Aber nicht gleichzeitig. Die eine soll beobachten, wie die andere stirbt.«
    Die Königin schwang sich wieder in den Sattel und ritt davon.
    »Tja, das wär’s dann wohl«, sagte Oma Wetterwachs, als sich die Krieger näherten. Sie senkte die Stimme.
    »Lauf, wenn es soweit ist«, flüsterte sie.
    »Wenn was soweit ist?«
    »Du wirst es merken.«
    Oma wandte sich den Elfen zu und sank auf die Knie.
    »Oh, bitte, laßt mich am Leben, ich bin eine arme alte Frau, und auch ganz dünn«, wimmerte sie. »Bitte, junger Herr, töte mich nicht. Ach, herrje!«
    Oma rollte sich zusammen und schluchzte. Diamanda bedachte sie mit einem verblüfften Blick und fragte sich, wie jemand ernsthaft erwarten konnte, daß ein derart offensichtlicher Trick funktionierte.
    Nun, Elfen waren ziemlich lange von Menschen isoliert gewesen. Der erste Elf erreichte Oma Wetterwachs, packte sie an der Schulter, zerrte sie hoch und…
    Und wurde von einer knochigen Faust getroffen. Nanny Ogg hätte es sicher sehr überrascht, wo die Faust traf: Sie hatte geglaubt, daß Oma Wetterwachs von diesem Teil der männlichen Anatomie nichts wußte.
    Diamanda lief bereits. Omas Ellenbogen traf den zweiten Elfen vor die Brust, als er das Mädchen verfolgen wollte.
    Weiter hinten hörte sie das glucksende Lachen der übrigen Krieger.
    Diamanda war verblüfft gewesen, als Oma um Gnade flehte. Ihre Verblüffung wuchs nun, als die alte Hexe zu ihr aufschloß. Nun, für Oma gab es mehr, vor dem die Flucht lohnte…
    »Die Elfen haben Pferde!«
    Oma Wetterwachs nickte. Nun, Pferde können schneller laufen als Menschen, aber das gilt nur, wenn die Entfernungen über ein bestimmtes Mindestmaß hinausgehen. Unter dieser kritischen Distanz sind Menschen schneller, weil sie nicht so viele Beine sortieren müssen.
    Oma griff nach Diamandas Arm.
    »Zur Lücke zwischen dem Flötenspieler und Trommler!«
    »Welche Steine meinst du?«
    »Nicht einmal das weißt du?«
    Ja, unter gewissen Umständen sind Pferde langsamer als Menschen. Doch Oma Wetterwachs dachte nun daran, daß Menschen kaum schneller sein können als Pfeile.
    Etwas zischte an ihrem Ohr vorbei.
    Bis zum Steinkreis schien es noch immer sehr weit zu sein.
    Es gab nur eine Möglichkeit, und die erschien unmöglich. Bisher hatte Oma diese Fähigkeit nur verwendet, wenn sie lag oder sich an etwas lehnen konnte.
    Aber jetzt…
    Vier Elfen verfolgten sie. Oma Wetterwachs hielt sich nicht damit auf, in Erwägung zu ziehen, ihr Denken zu manipulieren. Aber die Pferde… Ja, die Pferde…
    Sie waren karnivor, und ihre Selbstsphären erinnerten an Pfeilspitzen.
    Die Regeln des Borgens lauteten: Man füge kein Leid zu; man lasse sich nur von den

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