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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fremden Gedanken tragen; man übe keinen Einfluß aus…
    Nun, es waren keine Regeln, an die man sich unbedingt halten mußte. Es handelte sich um Richtlinien…
    Ein Pfeil bohrte sich in Omas Hut.
    Selbst die Bezeichnung »Richtlinien« erschien ein wenig übertrieben.
    Wenn man genau darüber nachdachte…
    Ach, verflixt.
    Oma Wetterwachs schickte ihr Ich in den Geist des ersten Pferds und durchdrang verschiedene Schichten aus Fast-Wahnsinn – so etwas befand sich praktisch in jedem Pferde-Selbst. Für einen Sekundenbruchteil sah sie durch die blutunterlaufenen Augen des Tiers und beobachtete eine alte, ganz in Schwarz gekleidete Frau, die durch den hohen Schnee stapfte. Aus einem Reflex heraus versuchte sie, sechs Beine gleichzeitig zu steuern, wobei zwei zu einem anderen Körper gehörten.
    Der Versuch, auf einem Musikinstrument eine bestimmte Melodie zu spielen und eine ganz andere zu singen * , war im Vergleich dazu kinderleicht.
    Oma wußte, daß sie die mentale Verbindung höchstens einige Sekunden lang aufrechterhalten durfte, wenn sie nicht völliger Verwirrung zum Opfer fallen wollte. Doch einige Sekunden genügten. Sie ließ die Desorientierung in sich gedeihen, griff nach ihrer Frucht und stopfte sie in das Selbst des Pferds. Anschließend zog sie sich sofort zurück und brachte den eigenen Körper unter Kontrolle, als er gerade das Gleichgewicht verlor.
    Im Kopf des Pferds herrschte totale Konfusion.
    Es wußte nicht mehr, was es war und wie es an diesen Ort gekommen war. Schlimmer noch: Die Anzahl der Beine schien ein unlösbares Rätsel darzustellen. Es konnte wählen zwischen zwei, vier und vielleicht auch sechs. Das Roß schloß einen Kompromiß und entschied sich für drei.
    Oma hörte, wie es schrie und ziemlich laut fiel. Der Lärm deutete darauf hin, daß auch andere Pferde stürzten.
    »Ha!«
    Sie riskierte einen Blick über die Schulter.
    Diamanda weilte nicht mehr neben ihr.
    Sie lag einige Meter weiter hinten und versuchte gerade, wieder auf die Beine zu kommen. Ihr Gesicht war fast ebenso weiß wie der Schnee.
    Aus ihrer Schulter ragte ein Pfeil.
    Oma Wetterwachs eilte zurück und zog das Mädchen hoch.
    »Komm! Es ist nicht mehr weit!«
    »Ich kann nicht… kn’ht…«
    Diamanda kippte nach vorn. Oma fing sie auf, bevor sie erneut zu Boden sank, und warf sie sich mit einiger Mühe über die Schulter.
    Nur noch einige Schritte – dann konnte sie sich einfach nach vorn fallen lassen.
    Eine Klauenhand tastete nach ihrem Kleid…
    Drei Gestalten fielen, rollten durch sommerlichen Adlerfarn.
    Der Elf stand als erster auf, sah sich benommen und triumphierend um. Er hielt ein Messer mit langer Kupferklinge in der Hand.
    Sein Blick wanderte zu Oma, die auf dem Rücken gelandet war. Sie nahm den Gestank des Wesens wahr, als es das Messer hob, suchte verzweifelt nach einem Weg ins fremde Bewußtsein…
    Etwas sauste an ihr vorbei.
    Ein Seil schlang sich um den Hals des Elfen, gefolgt von einem recht massiven Gegenstand. Das Geschöpf erstarrte entsetzt, als ein Plätteisen sein Gesicht in einem Abstand von etwa hundert Zentimetern passierte und in einen Orbit schwenkte, dessen Durchmesser sich mit jedem Umlauf verringerte. Schließlich schlug es an den Hinterkopf des Wesens. Die Wucht des Aufpralls genügte, um den Elfen von den Beinen zu reißen und bewußtlos zu Boden zu schleudern.
    Nanny Ogg erschien in Omas Blickfeld.
    »Potzblitz, riecht ziemlich streng, der Bursche«, sagte sie. »Elfen kann man aus zwei Kilometern Entfernung riechen, und zwar gegen den Wind.«
    Oma Wetterwachs stand auf.
    Der Steinkreis enthielt nur Gras, weder Schnee noch Elfen.
    Sie wandte sich Diamanda zu, und das gleiche tat Nanny. Das ohnmächtige Mädchen rührte sich nicht.
    »Von einem Elfenpfeil getroffen«, sagte Oma.
    »Üble Sache.«
    »Die Spitze steckt noch in der Wunde.«
    »Ich kann sie entfernen – das ist kein Problem«, meinte Nanny Ogg. »Aber das Gift… Wir könnten eine Aderpresse anlegen.«
    »Ha! Etwa am Hals?«
    Oma setzte sich, zog die Knie an und stützte das Kinn darauf. Ihre Schultern schmerzten.
    »Muß erst wieder zu Atem kommen«, brummte sie.
    Vor ihrem inneren Auge formten sich Bilder. Es geht schon wieder los, dachte Oma. Sie wußte, daß es alternative Zukunftsstrukturen gab – das hatte es schließlich mit der Zukunft auf sich. Aber alternative Vergangenheiten… Ein wenig Konzentration genügte, um sich daran zu entsinnen, daß sie gerade aus dem Steinkreis gekommen war, doch

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