Lords und Ladies
gemäß den evolutionären Gesetzen zu unterschiedlichen Spezies entwickelt hatten. Man kann nicht einfach die Größenordnung anpassen und sich ein Heer in rot-weißen Uniformen wünschen, das zur Tapete in der Küche paßt. Wenn königliche Leute heiraten, so bekommen sie entweder sehr kleine Dinge, etwa winzige Uhren in Form von Eiern, oder so große und schwere Objekte wie Herzoginnen.
Und dann die Gästeliste… Bei einer gewöhnlichen Hochzeit ist die Sache schon schlimm genug. Man denke nur an alte Verwandte, die sabbern und fluchen; an Brüder, die schon nach einem Glas Wein aggressiv werden; an diverse Leute, die nicht mit anderen Leuten reden, und zwar weil sie mal schlecht über unsere Sharon geredet haben. Bei einer königlichen Hochzeit geht es um ganze Länder, die nach einem Glas Wein aggressiv werden, um ganze Königreiche, die ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben, weil der Kronprinz mal schlecht über unsere Sharon geredet hat. Verence wußte um dieses Problem und hatte Vorsorge getroffen. Allerdings kamen in diesem besonderen Fall weitere Schwierigkeiten hinzu. Sie betrafen die verschiedenen Spezies. Die Trolle und Zwerge und Lancre kamen gut miteinander aus, vor allem deshalb, weil es kaum Kontakte zwischen ihnen gab. Doch wenn sie sich unter einem Dach befanden, und wenn Alkoholisches getrunken wurde, vor allem von durstigen Zwergen… Dann bestand die Gefahr, daß sich einige Leute gegenseitig die Arme brachen, weil ihre Vorfahren schlecht über unsere Sharon geredet hatten.
Und damit noch nicht genug…
»Wie geht es dem Mädchen?«
»Ich habe Millie angewiesen, sie im Auge zu behalten. Was machen die anderen beiden?«
»Keine Ahnung.«
»Du bist doch der König, oder?«
Verence rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her.
»Es sind Hexen. Und ich mag es nicht sehr, ihnen Fragen zu stellen.«
»Warum nicht?«
»Weil sie vielleicht antworten. Und dann?«
»Worüber hat Oma mit dir gesprochen?«
»Nun, über… Dinge…«
»Ging es dabei zufälligerweise um… Sex?«
Verence wirkte plötzlich wie ein General, der mit einem Frontalangriff gerechnet hatte und feststellen mußte, daß der Feind von hinten kam.
»Nein! Warum?«
»Nanny hat mir mütterlichen Rat angeboten. Es war alles andere als leicht für mich, keine Miene zu verziehen. Meine Güte, die beiden behandeln mich wie ein kleines Kind;«
»Äh, nein. Darüber haben wir nicht gesprochen.«
Sie saßen zu beiden Seiten des Kamins, und Verlegenheitsröte zierte ihre Gesichter.
»Äh«, sagte Magrat nach einer Weile. »Äh, du hast das Buch bestellt, nicht wahr? Du weißt schon… Das mit den Holzschnitten.«
»Oh, ja. Ja.«
»Inzwischen hätte es längst hier eintreffen müssen.«
»Nun, die Postkutsche kommt nur einmal pro Woche. Morgen ist sie wieder fällig, und vermutlich bringt sie auch das Buch mit. Ich hab’s langsam satt, immer wieder runterzulaufen, um Shawn zuvorzukommen.«
»Du bist der König. Warum befiehlst du Shawn nicht einfach, die Post dir zu überlassen?«
»Nein, ich möchte ihn nicht enttäuschen. Er nimmt seine Pflichten so ernst.«
Im Feuer knackte ein großer Scheit.
»Gibt es wirklich Bücher… darüber?«
»Es gibt Bücher über alles.«
Sie starrten beide in die Flammen, und Verence dachte: Sie findet keinen Gefallen daran, Königin zu sein. Aber dazu wird man, wenn man einen König heiratet. So steht’s in den Büchern…
Er klatschte in die Hände.
»Tja, ich schätze, das wär’s dann wohl. Morgen steht uns ein anstrengender Tag bevor. Die Gäste treffen ein und so.«
»Ja. Uns steht wirklich ein anstrengender Tag bevor.«
»Ich nehme an, man hat uns Wärmpfannen ins Bett gelegt.«
»Weiß Shawn inzwischen, worauf er dabei achten muß?«
»Hoffentlich. Ich kann mir nicht schon wieder neue Matratzen leisten.«
Es war ein großer Großer Saal. Schatten stapelten sich in den Ecken, wuchsen an beiden Enden zusammen.
»Hier in Lancre gibt es nicht viele Bücher«, sagte Magrat langsam, während sie auch weiterhin ins Feuer sah. »Bisher, meine ich.«
»Die Literatur ist eine großartige Sache.«
»Die Leute sind auch ohne Bücher zurechtgekommen.«
»Ja, aber nicht richtig. Zum Beispiel die hiesige Viehwirtschaft. Sie ist ziemlich zurückgeblieben.«
Magrat beobachtete züngelnde Flammen. Auch andere Dinge sind hier zurückgeblieben, dachte sie niedergeschlagen.
»Wird Zeit, zu Bett zu gehen, nicht wahr?«
»Ich glaube schon.«
Verence entzündete zwei Kerzen
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