Lords und Ladies
ihr und fragte: ›Wozu dient die andere Pille?‹ Und die Antwort lautete: ›Nun, du willscht die Kuh doch einholen, oder?‹«
»Sie hat vermutlich dasch tiefe Tal in der Nähe von Schnitte gemeint«, sagte Fuhrmann.
Alle sahen ihn an.
»Wovon redest du da?« fragte Weber.
»Befindet sich direkt hinterm Berg«, erklärte Fuhrmann und nickte weise. »Ziemlich schattig dort. Das hat sie gemeint. Der Ort, an dem die Sonne nicht scheint. Ziemlich weit für eine Pille. Typisch für Hexen – schorgen dafür, daß alles rätselhaft ischt.«
Weber zwinkerte den anderen zu.
»Ich weiß besser als du, wasch gemeint ist. Die Pille sollte dorthin geschteckt werden, wo… wo der Affe seine Nuß verschtaut.«
Fuhrmann schüttelte den Kopf.
»Es gibt keine Affen nich’ in Schnitte«, sagte er. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck, und ein Lächeln durchdrang den Nebel der Benommenheit. »Oh, ich verstehe. Die Hexe war blöd!«
»Die Schtückeschreiber in Ankh-Morpork«, sagte Bäcker. »Glauben wirklich, sich mit uns auszukennen, was? Gebt mir den Krug.«
Jason drehte den Kopf. Sein Unbehagen wuchs immer weiter. Seine Hände, die jeden Tag Eisen berührten, prickelten und juckten.
»Ich schätze, wir sollten jetzt heimkehren, Jungs«, brachte er hervor.
Bäcker rührte sich nicht von der Stelle. »‘ne angenehme Nacht. Scheht nur, wie die Schterne funkeln.«
»Es ist kühl geworden«, stellte Jason fest.
»Riecht nach Schnee«, meinte Fuhrmann.
»Ja, genau«, brummte Bäcker. »Völlig klar. Schnee mitten im Sommer. Typisch für Orte, wo die Sonne nicht scheint.«
»Seid still, still, still«, sagte Jason.
»Was’n mit dir los?«
»Es ist verkehrt! Wir sollten nicht hier sein! Fühlt ihr denn überhaupt nichts?«
»Beruhig dich, Mann.« Weber winkte ab. »Alles ischt in bester Ordnung. Ich fühle nur die Luft. Und im Krug ist immer noch ‘n bißchen Knieweich.«
Bäcker lehnte sich zurück.
»Ich kann mich an eine alte Geschichte über diesen Ort hier erinnern«, verkündete er. »Sie handelt von einem Jäger, der sich hier hinlegte und einschlief.«
Es gluckerte im Krug.
»Na und?« erwiderte Fuhrmann. »Is’ doch nich’ weiter schwer, das Schlafen. Ich bring’s jede Nacht fertig.«
»Ja, aber als der Jäger erwachte und nach Hause zurückkehrte, war seine Frau mit jemand anders verheiratet, und die erwachsen gewordenen Kinder erkannten ihn überhaupt nicht mehr.«
»Geht mir jeden Tag so«, murmelte Weber bedrückt.
Bäcker schnüffelte.
»Es riecht tatsächlich nach Schnee. Ihr wißt schon. Ich meine diesen irgendwie scharfen Geruch…«
Dachdecker streckte sich aus, winkelte den einen Arm an und stützte den Kopf darauf.
»Ich schag euch was«, meinte er. »Wenn ich wüßte, daß meine Alte jemand andersch heiratet und meine Söhne nicht mehr dauernd die Speisekammer leerfressen… Dann käme ich schofort mit ‘ner Decke hierher. Wer hat den Krug?«
Jason trank rein aus Nervosität einen Schluck und merkte, daß er sich etwas besser fühlte, als der Alkohol seine Synapsen auflöste.
Trotzdem unternahm er einen letzten Versuch.
»Jungsch… Im Wassertrog der Schmiede liegt noch ‘n Krug mit dem Zoig. Wasch meint ihr? Wir könnten runtergehen und… Jungsch? Jungsch!«
Leises Schnarchen antwortete ihm. »Oh, Mischt.« Jason stand auf. Die Sterne über ihm tanzten.
Jason Ogg fiel wie in Zeitlupe. Der Krug rutschte ihm aus der Hand und rollte durchs Gras. Die Sterne funkelten. Kühler, nach Schnee riechender Wind wehte.
Der König speiste allein. Mit anderen Worten: Er saß am einen Ende des langen Tisches und Magrat am anderen.
Irgendwie gelang es ihnen, sich bei einem Glas Wein am Kamin zu treffen.
Sie wußten nie genau, was sie bei solchen Gelegenheiten sagen sollten. In dieser Hinsicht fehlte es ihnen an Erfahrung: Sie waren nicht daran gewöhnt, qualitativ hochwertige Zeit in der Gesellschaft einer anderen Person zu verbringen. Woraus folgte: Die Gespräche neigten zum ungewollt Rätselhaften und Hintergründigen.
Hauptsächlich ging es dabei um die Hochzeit. Für königliche Leute und dergleichen sieht dabei alles ganz anders aus. Zum Beispiel: Sie haben schon alles. Die traditionelle Liste der Hochzeitsgeschenke mit dem kompletten Sortiment Tupperware und dem Zwölf-Personen-Service mutete ein wenig seltsam an, wenn die Brautleute über ein ganzes Schloß mit vielen Zimmern verfügen – mit Zimmern, die so lange nicht benutzt wurden, daß sich die Spinnen darin
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