Lords und Ladies
erklang
jener in die Länge gezogene Ton, der allen Volksliedern vorausgehen
muß – damit Unschuldige, die sich zufällig in der Nähe befinden, die
Chance bekommen, rechtzeitig zu fliehen.
Jason hob die Hand und zählte an den Fingern.
»Eins, zwei…« Er runzelte die Stirn. »Eins, zwei, drei…«
»Vier…«, flüsterte Kesselflicker.
»Vier«, sagte Jason. »Und los geht’s!«
Sechs große Stöcke klackten über sechs Köpfen aneinander.
»Eins, zwei, nach vorn, eins, zurück, und drehen… «
Die ersten Klänge von Frau Stubenreins Untermieter tönten durch den Dunst. Die Tänzer sprangen und quatschten durch die Nacht.
»… zwei, drei, und springen …«
Erneut hämmerten die Stöcke aneinander.
»Sie beobachten uns«, schnaufte Schneider, als er an Jason vorbeihüpf-
te. »Ich kann sie sehen!«
»Eins, zwei… Sie unternehmen nichts, solange die Musik erklingt! Zu-
rück, zwei, und drehen… Sie lieben Musik… Und vorwärts, und zurück, und drehen… Eins und sechs, hebt die Quadratlatschen. Und springen, und drehen… «
»Sie kommen aus dem Adlerfarn!« rief Tischler, als die Stöcke pochten.
»Ja, ich sehe sie… Zwei, drei, vorwärts und zurück… Fuhrmann – zu-
rück und drehen – du tanzt durch die Mitte, und los…«
»Ich komme aus dem Rhythmus, Jason!«
»Reiß dich zusammen! Zwei, drei, und drehen… «
»Sie sind überall um uns herum!«
»Du sollst tanzen !«
»Sie beobachten uns! Und sie kommen näher!«
»… drehen und zurück, springen… Wir haben fast die Straße er-
reicht…«
»Jason!«
»Erinnert ihr euch daran, als wir – zwei, drei – als wir den Pokal gegen
die ohulanischen Aus-Spaß-an-der-Freud-Musikanten gewannen? Und
drehen… «
Die Stöcke knal ten aneinander. Füße traten Erdklumpen in die Luft.
»Jason, du meinst doch nicht etwa…«
»Zurück, zwei… los… «
»Fuhrmann – eins, zwei – gerät außer Atem…«
»… zwei, und drehen…«
»Das Akkordeon löst sich in seine Einzelteile auf, Jason«, schluchzte
Fuhrmann.
»Eins, zwei, und nach vorn…«
Das Akkordeon keuchte. Und die Elfen kamen noch etwas näher. Aus
den Augenwinkeln sah Jason ein Dutzend lächelnde, faszinierte Gesich-
ter.
»Jason!«
»…eins, zwei… Fuhrmann in die Mitte… eins, zwei, drehen…«
Sieben Stiefelpaare stampften auf den Boden.
»Jason!«
»Eins, zwei, drehen… haltet euch bereit… eins, zwei… zurück, zu-
rück… eins, zwei, drehen… TÖTEN… und zurück, eins, zwei…«
Die Taverne glich einem Trümmerhaufen. Die Elfen hatten al e eßbaren
Dinge hervorgeholt und jedes Faß geöffnet. Nur einem sehr reifen Käse
im Keller war es gelungen, ihnen erfolgreich Widerstand zu leisten.
Dem zur Seite gekippten Tisch fehlten einige Beine. Hummerscheren
und Kerzenhalter lagen auf dem Boden.
Nichts rührte sich.
Schließlich nieste jemand, und Ruß rieselte durch den Schornstein.
Nanny Ogg kletterte aus dem kalten Kamin, gefolgt von einem kleinen,
schwarzen und verärgerten Casanunda.
»Meine Güte«, sagte Nanny, als sie sich umsah. »Die Burschen haben
hier ganz schön gewütet.«
»Du hättest zulassen sollen, daß ich gegen sie kämpfe!«
»Es waren zu viele.«
Casanunda warf vol er Abscheu sein Schwert zu Boden.
»Wir begannen gerade damit, uns besser kennenzulernen – und plötz-
lich stürmen fünfzig Elfen herein! Verdammt! So was passiert mir dau-
ernd!«
»Das ist der Vorteil von schwarzer Kleidung – der Ruß fällt überhaupt
nicht auf«, sagte Nanny Ogg geistesabwesend, als sie sich Schmutz von
den Ärmeln klopfte. »Nun, sie sind tatsächlich in unsere Welt gewech-
selt. Esme hatte recht. Wo sie jetzt wohl sein mag? Komm.«
»Wohin gehen wir?« fragte der Zwerg.
»Zu meiner Hütte.«
»Ah!«
»Um meinen Besen zu holen«, betonte Nanny. »Ich lasse nicht zu, daß
die Feenkönigin meine Kinder regiert. Wir sollten Hilfe suchen. Dieser Frau muß endlich ein Riegel vorgeschoben werden.«
»Wie wär’s mit einem Abstecher in die Berge?« schlug Casanunda vor,
als sie die Treppe hinuntergingen. »Dort gibt’s Tausende von Zwergen.«
»Nein«, widersprach Nanny Ogg. »Esme dankt mir sicher nicht dafür,
aber… Es ist meine Pflicht, ihr die notwendige Unterstützung zu gewähren, wenn sie sich übernimmt. Zufäl igerweise kenne ich da jemanden,
der die Königin wirklich haßt.«
»Bestimmt findest du niemanden, der die Feenkönigin ebenso hinge-
bungsvoll haßt wie wir Zwerge«,
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