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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Buch und schlug das Kapitel für Fortgeschrittene auf.

    Magrat hatte die Hälfte des Weges zum Stadtplatz hinter sich gebracht,
    als der Adrenalinspiegel in ihrem Blut sank und das bisherige Leben zu
    ihr aufschloß.
    Sie blickte an sich herab, sah Rüstung und Pferd und dachte: Ich bin
    übergeschnappt.
    Der verdammte Brief ist schuld daran. Und ich hatte Angst. Außerdem wol te ich den Leuten zeigen, aus welchem Holz ich geschnitzt bin. Jetzt können sie bald feststellen, daß ich gar nicht aus Holz bestehe, sondern aus Fleisch und Blut…
    Bei den Elfen hatte ich einfach nur Glück. Und ich hab’ gehandelt, ohne nachzudenken. Wenn ich mit dem Nachdenken anfange, klappt’s nicht mehr. Bestimmt habe ich nicht noch einmal soviel Glück…
    Glück?
    Fast sehnsüchtig erinnerte sich Magrat an ihre vielen Talismane und
    anderen magischen Gegenstände, die nun auf dem Grund des Flusses
    lagen. Eigentlich hatten sie gar nicht funktioniert. Zumindest waren sie
    nicht imstande gewesen, Magrats Leben zu verbessern. Allerdings… Ein
    schrecklicher Gedanke regte sich nun in ihr: Viel eicht hatten sie verhin-
    dert, daß ihr Leben schlechter wurde.
    Es brannten kaum Lichter in der Stadt, und die meisten Fensterläden
    waren geschlossen.
    Die Hufe des Pferds klapperten laut auf dem Kopfsteinpflaster. Magrat
    spähte in die Schatten. Bis vor kurzer Zeit waren es einfach nur Schatten
    gewesen; jetzt mochten es Tore zum Irgendwo sein.
    Von der Scheibenweltmitte her schoben sich Wolken heran. Magrat
    schauderte.
    So etwas sah sie jetzt zum erstenmal.
    Dies war eine wahre Nacht.
    Bisher hatte es in Lancre nur immer ganz normale Nächte gegeben,
    doch in diesem Fal handelte es sich nicht nur um die Abwesenheit des Tages, um eine Zeit der Dunkelheit, regiert von Mond und Sternen. Diese Finsternis war das Echo von etwas, das existiert hatte, bevor man die
    Dunkelheit mit dem Nichtvorhandensein von Licht beschreiben konnte.
    Sie entfaltete sich aus Baumwurzeln, tropfte aus dem Innern von Steinen
    und kroch übers Land.
    Jene Sachen, die Magrat einst für wichtig gehalten hatte, lagen nun auf
    dem Grund des Lancreflusses, aber mehr als zehn Jahre lang war sie
    Hexe gewesen, was bedeutete: Sie spürte den Schrecken in der Luft.
    Einzelne Personen erinnern sich schlecht. Aber die Gesellschaft – der Schwarm – hat ein wesentlich besseres Gedächtnis. Es codiert die Informationen, um sie an der Zensur des Bewußtseins vorbeizuschmuggeln
    und sie von der Großmutter an den Enkel weiterzugeben, in Form von
    kleinen Stücken Unsinn, die es nicht zu vergessen lohnt. Manchmal be-
    nutzt die Wahrheit den einen oder anderen Trick, um die offiziel en Hü-
    ter der Information zu überlisten und sich selbst zu bewahren.
    Und jetzt regten sich uralte Fragmente in Magrats Kopf, flüsterten und
    raunten…
    Auf dem hohen Berge, auch im tiefen Tal…
    Aus Gespenstergeschichten und Schauermärchen…
    Meine Mutter sagte, ich sol nie…
    Wir wagten nicht, auf die Jagd zu gehen, weil…
    Geräusche im Dunkeln…
    Spiel mit den Elfen im Wald…
    Magrat saß auf einem Pferd, dem sie nicht traute, hielt ein Schwert in
    der Hand, mit dem sie nicht umzugehen wußte, während sich Erinne-
    rungssplitter zusammenfügten und ein Bild ergaben.
    Sie stehlen Vieh und kleine Kinder…
    Sie stehlen Milch…
    Sie lieben Musik und stehlen die Musiker…
    Sie stehlen al es.
    Nie können wir so frei sein wie sie, so schön wie sie, so klug wie sie, so leicht wie sie. Im Vergleich mit ihnen sind wir Tiere.
    Kühler Wind rauschte im Wald hinter der Stadt. In früheren Nächten
    war es angenehm gewesen, dort spazierenzugehen, doch das konnte jetzt

    nicht mehr der Fal sein, wußte Magrat. Die Bäume hatten Augen be-
    kommen; und bestimmt hörte man hier und dort lachende Stimmen.
    Sie stehlen al es.
    Magrat ließ das Pferd im Schritt gehen. Irgendwo im Ort fiel eine Tür
    ins Schloß.

Und sie geben uns Furcht.
    Auf der anderen Straßenseite hämmerte es: Ein Mann nagelte dort et-
    was an die Tür. Erschrocken blickte er sich um, sah Magrat und sprang
    ins Haus.
    Er hatte ein Hufeisen ans Holz nageln wollen.
    Magrat rutschte vom Pferd und band es an einen Baum. Sie klopfte an,
    doch niemand öffnete.
    Wer wohnte hier? Fuhrmann, der Weber, nicht wahr? Oder viel eicht
    Weber, der Bäcker?
    »Mach auf! Ich bin’s, Magrat Knoblauch!«
    Neben der Eingangsstufe bemerkte sie etwas Weißes.
    Eine Schüssel stand dort. Mit Milch gefüllt.
    Einmal mehr dachte Magrat an Greebo.

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