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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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reden hören.«
    Sie löste sich aus seinem Arm, schob die Decke z u rück und stand auf. Das Licht, das durch das gelbe Fen s terglas hereinfiel, übergoss ihre Haut mit Gold, ließ ihr Haar noch heller leuchten. Sie wusste genau, wie sie sich zu bewegen hatte, um gewisse Wirkungen bei ihm he r vorzurufen. Ihre Nacktheit war ebenso Berechnung wie die Art, in der sie ihr Haar über die Schultern schüttelte.
    »Was habe ich denn gesagt?«, fragte sie und gab sich Mühe, ihren Tonfall leicht und sorglos klingen zu lassen.
    »Etwas über Felsen«, sagte Baan. »Über ein Verlies, glaube ich. Es klang, als hä t test du Angst, eingesperrt zu werden.« Er setzte sich auf und strich sich die dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Träumst du so was hä u figer?«
    Sie überspielte den Schauder, der ihr durch die Glieder lief, mit einem gekünstelten Lächeln. »Nicht seit ich bei dir bin.«
    Sie sah ihm an, dass er sich über diese Worte freute.
    »Da war noch etwas«, sagte er. »Etwas über Tiere, die zu dir kommen. Du hast nach ihnen gerufen.« Er stand auf, gleichfalls unbekleidet, und umarmte sie sanft. »Möchtest du, dass ich dir einen der Hundewelpen aus den Ställen bringen lasse? Du könntest ihn aufziehen, wenn du willst.«
    Sie mochte den Geruch seiner Haut am Morgen und lehnte ihre Wange fest an seine Brust. »Ich glaube nicht, dass ich dafür die Richtige wäre.«
    »Irgendwann werden wir Kinder haben. Dann wirst du ums Aufziehen nicht mehr herumkommen.«
    Kinder! Am liebsten hätte sie ihm geradeheraus g e sagt, dass es so weit nie kommen würde. Sein Gerede über Söhne und Töchter brachte sie noch um den Verstand.
    Aber sie ließ sich nichts anmerken und drückte sich weiterhin eng an ihn. »Habe ich noch mehr gesagt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Es war ja auch nur ein Traum.«
    Im selben Augenblick begann draußen die Glocke der Kapelle zu läuten. »Du liebe Güte!«, entfuhr es Baan. Schlagartig ließ er sie los. »Die Messe fängt gleich an. Die Leute werden sich wundern, wenn wir nicht die Er s ten sind, die da sind.«
    Es klopfte an der Tür, und eine Zofe erkundigte sich dumpf durchs Holz, ob Fee Hilfe beim Ankleiden ben ö tige. Baan rief zurück: »Das Fräulein schafft das heute allein.« Die Schritte der Zofe entfernten sich, und wä h rend Baan in seine Beinkleider schlüpfte, blickte er zu Fee herüber. »Das war doch in deinem Sinne, oder? Du hast selbst gesagt, dass du schneller mit dem Anziehen fertig bist, wenn keine Zofen um dich herum sind.«
    Der Zorn in ihrem Blick überraschte ihn. »Ich würde es vorziehen«, sagte sie scharf, »solche Entscheidungen selbst zu treffen.«
    »Verzeih«, entgegnete er erstaunt. »Ich wusste nicht – «
    »Nein, du weißt nichts!«, fuhr sie ihn an.
    »Wenn ich dich beleidigt habe, tut mir das Leid.« Er lächelte unsicher. »Ist es vie l leicht möglich, dass du ein wenig übertreibst?«
    Mit schnellen Schritten trat sie auf ihn zu und legte e i ne Hand um seinen Nacken, zog sein Gesicht zu ihrem herab. »Falls ich übertreibe, dann habe ich allen Grund dazu.« Eine Spur versöhnlicher fügte sie hinzu: »Ich ha s se es, wenn du mich bevo r mundest. Du redest dann wie mein Onkel.« Plötzlich küsste sie ihn heftig auf den Mund, tastete nach seiner Zunge und schob zugleich eine Hand in seinen offenen H o senbund.
    Zu ihrem Erstaunen löste er sich nach kurzem Zögern von ihr. »Das geht jetzt nicht. Die Messe …«
    »Was bist du?«, fragte sie mit unterschwelligem Hohn. »Ein Pfaffensohn?«
    Sein Blick verdüsterte sich. »Ich wurde zum Ritter g e schlagen, Fee. Ich habe g e lernt, den Herrn zu lieben und zu achten.«
    »Liebst du ihn mehr als mich?« Sie trat so nah an ihn heran, dass ihre aufgericht e ten Brustwarzen seine Haut berührten.
    »Das ist etwas anderes, und das weißt du.« Er schob sie sanft von sich und tastete auf der Bank hinter sich nach seinem Wams.
    »Hat er dich je so berührt, wie ich es tue? Hat er dich je so geküsst?«
    »Fee, was soll das?« Baan zog das Hemd über und legte seinen Gürtel um. »Zieh dich an. Die Messe kann jeden Augenblick beginnen. Die Leute erwarten von uns, dass wir pünktlich sind.«
    »Eben war es noch deine Achtung vor Gott, jetzt sind es plötzlich die Leute.« Fee stand immer noch nackt vor ihm und machte keine Anstalten, seiner Aufforderung nachzukommen. Die Heilige Messe wurde zweimal w ö chentlich in der Kapelle neben dem Turm gelesen, von einem Einsiedlermönch, der einen halben

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