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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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geschehen.
    Einen
Moment war ihr gewesen, als hätte ein griechischer Gott – Apollo beispielsweise
– es auf sie abgesehen, waren die Gottheiten der Antike doch bekannt dafür,
sich in der Natur getarnt an arglosen Frauen zu vergreifen.
    »Verstehe«,
sagte Lizzie.
    Charlotte
schreckte aus ihrem bewegten Tagtraum auf.
    Ihre
Stiefmutter besaß die beunruhigende Fähigkeit, bisweilen mehr zu bemerken, als einem
lieb sein konnte.
    Klein, zierlich
und mit dunklem Haar war sie rein äußerlich das genaue Gegenteil von Charlottes
Mutter und entsprach – ganz objektiv betrachtet – keineswegs dem Schönheitsideal
der englischen Rose, das ihre Vorgängerin so vollendet verkörpert hatte. Doch
die meisten Menschen, darunter auch ihr Gatte und ihre Stieftochter, konnten
Lord Lithbys zweite Frau nicht objektiv betrachten. Vielmehr sahen sie den
Liebreiz ihres Wesens und die Klarheit ihres Geistes. Sie lachte gern – vor
allem über sich selbst. Dieses Lachen ließ nicht nur ihr Gesicht erstrahlen,
sondern auch alles und jeden um sie her in hellem Glanz erscheinen.
    »Sie ist
voller Leben«, sagte Papa immer.
    Das war es,
was er zunächst so anziehend an ihr gefunden hatte.
    Als er
Elizabeth Bentley kennengelernt hatte, war Lord Lithby keineswegs auf der Suche
nach einem würdigen Ersatz für seine geliebte Gattin gewesen. Er glaubte nicht,
dass jemals jemand ihren Platz einnehmen könnte. Und doch suchte er etwas – und
obwohl die Einsamkeit, wie er offen zugab, die Klarheit seines Geistes
bisweilen ein wenig getrübt hatte, war das Schicksal ihm hold gewesen.
    Er hätte
keine bessere Wahl treffen können.
    Dessen war
Charlotte sich durchaus bewusst. Sie wusste auch, dass es allein dem feinen
Gespür ihrer Stiefmutter zu verdanken war, dass Lord Lithbys liebste Tochter
vor zehn Jahren nicht dem Ruin anheimgefallen war.
    Trotzdem
wünschte sie sich, dass ihre Stiefmutter sie – nur dieses eine Mal – nicht gar
so prüfend betrachten würde.
    »Wahrscheinlich
hattest du gehofft, deine kleine Wildnis noch eine Weile für dich zu
haben«, meinte Lizzie. »Wie seltsam, dass dein Vater dir nicht von Mr.
Carsington erzählt hat.«
    »Er hat mir
von ihm erzählt«, sagte Charlotte. »Aber ich war wohl in Gedanken und
nicht ganz bei der Sache.« Sie seufzte leise und zog sich ihre besudelten
Handschuhe aus.
    »Dann hat
er dir vermutlich zuerst von seinen Plänen erzählt, wie er dich an den Mann
bringen will«, sagte Lizzie. »Das dürfte erklären, warum du so zerstreut
warst.« Zerstreut war gut. Eher verzweifelt.
    »Es hat
mich wohl ein wenig überrascht, wenngleich es mich nicht hätte wundern
sollen«, sagte Charlotte. »Ich verstehe durchaus, dass Papa mich gern
verheiratet sähe. Alle, mit denen ich einst debütiert habe, sind mittlerweile
verheiratet. Und haben Kinder.«
    Ihr eigener
Sohn wäre jetzt zehn Jahre alt – wenn er überlebt hatte. Wieder spürte sie den
alten Schmerz wie einen Stich in der Brust. Manchmal beweinte sie noch heute
den Verlust ihres Kindes. Allerdings nur, wenn sie allein war. Wüsste Lizzie
davon, würde sie sich ihretwegen grämen, und Charlotte hatte sich vor langer
Zeit schon geschworen, ihr niemals mehr Kummer zu bereiten.
    »Ich hatte
Lithby gebeten, dir von seinen Plänen für dich erzählen zu dürfen«, sagte ihre
Stiefmutter, »aber er meinte, das wäre seine Aufgabe.«
    Natürlich
hatte sie seinen Wunsch respektiert.
    Nur einmal
hatte Lady Lithby hinter dem Rücken ihres Gatten gehandelt. Und das auch nur,
weil Charlotte darauf bestanden hatte, da sie sich so sehr schämte für das, was
sie getan hatte, und dafür, ihren Vater getäuscht zu haben. Sie könnte nicht
mit dem Kummer und der Enttäuschung leben, die sie ihm bereiten würde, hätte er
davon erfahren. Sie war sein Ein und Alles, und sie fürchtete, ihm das Herz zu
brechen.
    Ein solches
Opfer würde Charlotte nie wieder von ihrer Stiefmutter verlangen. Sie wusste,
wie sehr Lizzie ihren Vater liebte und respektierte. Und sie liebte auch
Charlotte. Am Anfang hatte ihre Stiefmutter sie vor allem um ihres Vaters
willen geliebt. Bald schon hatte Charlotte gemerkt, dass Papas junge Frau
bereit war, Himmel und Erde für ihn in Bewegung zu setzen. Und nicht nur für
ihn.
    Hätte
Charlotte es nur eher erkannt. Wäre sie nur reif genug gewesen, um zu
verstehen, was für eine bemerkenswerte Frau ihr Vater geheiratet hatte.
    Hätte
Charlotte das früher begriffen, würde sie sich niemals so töricht benommen
haben. Sie hätte Geordie

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