Loretta Chase
über die Schweinezucht.
Da seine
Laune sich dank derart generöser Schmeicheleien sogleich besserte, nahm Darius
die Einladung zum Abendessen gerne an.
Für
gewöhnlich vermied er die sogenannte gute Gesellschaft und gab jenen Kreisen
den Vorzug, in denen es mit der Moral weniger genau genommen wurde. Das hatte
den Vorteil, dass man keine Zeit damit verschwendete, Frauen nachzustellen, die
man ohnehin nicht haben konnte.
Diesmal
würde Darius jedoch eine Ausnahme machen müssen. Seine Lordschaft war eine
wertvolle Informationsquelle und könnte ihm unentbehrliche Ratschläge geben.
Zudem dürften die Gäste größtenteils, wenn nicht gar ausschließlich, der
Landbevölkerung entstammen – einer Spezies, die Darius gut kannte und mit der
er gerne Umgang pflegte. Vielleicht fände sich darunter sogar eine attraktive
Witwe oder eine unglücklich verheiratete Frau mit wenig ausgeprägter Moral.
Er schwang
sich auf sein Pferd und ritt zurück zum Gasthof.
Als er dort
ankam, hatte sich die schöne junge Dame längst wieder in die vorderen Regionen
seines Gehirns geschlichen.
Wie hatte
er nur fälschlicherweise glauben können, dass sie verheiratet war?
Er war ein
kluger und erfahrener Mann und ein sehr aufmerksamer Beobachter.
Was hatte
ihn sich täuschen lassen?
Darius
versuchte, sich alles zu vergegenwärtigen: das feine Gesicht, die liebliche
Gestalt ... der leicht raue Klang ihrer Stimme, der wie erwartet kultivierte
Tonfall und die unerwartete Feindseligkeit. Die Feindseligkeit gab ihm zu
denken. Gewiss, nicht alle Frauen schmolzen sofort in seinen Armen dahin, aber
die wenigen, die sich bitten ließen, mussten eigentlich auch nie lange gebeten
werden.
Was für ein
seltsames Geschöpf. Fast ebenso widersinnig wie ihr Hut. Stolperte über ihre
eigenen Füße, trat und stieß nach ihm, der ihr doch bloß helfen wollte ...
Tatsächlich hatte sie sich wacker geschlagen und ihn fast zu Fall gebracht, was
er befremdlicherweise ziemlich erregend fand.
Auch ihr
Hochmut war recht aufreizend. Zugleich hatte es ihn belustigt, ein Spiel daraus
zu machen, mit ihr zu kokettieren –
was bekanntlich der erste Schritt auf dem Weg der Verführung war.
Warum nur
hatte er nicht...
Er schlug
sich an die Stirn.
Wie dumm er
gewesen war!
Er hatte
Erfahrung gespürt. Das hatte ihn auf die falsche Fährte gelockt. Er hatte es
gespürt und darauf reagiert, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Obwohl es
nie ganz einfach war, das Alter einer Frau genau zu bestimmen, konnte jeder
Idiot ein unbedarftes Mädchen erkennen.
Und diese
junge Dame kam nicht frisch von der Schulbank.
Allerdings
war Darius überrascht, als er herausfand, wie alt sie tatsächlich war.
Und
natürlich fand er es nur heraus, um seine intellektuelle Neugier zu
befriedigen. Eigentlich verhielt es sich mit ihr so ähnlich wie mit seinem
Interesse an den Libellen.
Er ging die Sache genauso an wie jede andere wissenschaftliche Fragestellung
auch, wenngleich etwas diskreter.
Während
sein Kammerdiener Goodbody mit einem ergebenen Seufzen den Grasflecken und
Schlammspritzern auf der Hose seines Herrn zu Leibe rückte, ermunterte Darius
die beiden nicht unansehnlichen Dienstmädchen des »Unicorn Inn«, ein wenig
zu plaudern.
Auf diese
Weise erfuhr er, dass Lady Charlotte Hayward siebenundzwanzig Jahre alt war.
Siebenundzwanzig
und nicht verheiratet!
Das
verstand Darius nicht.
Sie war die
einzige Tochter eines Marquess.
Sie war
schön.
Ihr Vater
war kein verarmter Landadeliger, sondern ein hochrangiger, angesehener und
reicher Adeliger. Welche Familie in England würde sich nicht eine solche
Verbindung wünschen? Welcher Gentleman, der seinen Stammbaum fortzusetzen
wünschte, würde dies nicht gern mit so vorzüglichem Stallgeruch tun? Wie kam
es, dass noch niemand es getan hatte?
Die Frage
ließ Darius so ratlos zurück, dass er darüber ganz vergaß, sich mit den Dienstmädchen
zu vergnügen. Nachdem er sich
gewaschen, rasiert und umgekleidet hatte, ließ er stattdessen einen mürrischen
Goodbody mit einem Paar schlammverkrusteter Stiefel zurück und setzte seine
Nachforschungen im Schankraum des Unicorn fort.
Hier
stellte er fest, dass an Theorien – oder vielmehr Gerüchten – über Lord Lithbys
Tochter kein Mangel herrschte.
»Eine
schreckliche Tragödie war das«, verriet ihm die Frau des Wirts, als sie
ihm sein Bier brachte. »Lady Charlotte hatte ihr Herz an einen jungen Offizier
verloren, den sie bei Waterloo in Stücke geschossen
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