Loretta Chase
den Hals umdrehe.«
»Das würde
ich gerne sehen«, sagte er. »Das könnte amüsant werden.«
»Für mich
auf jeden Fall«, entgegnete sie.
»Ich weiß,
was Sie gerade vorhaben«, sagte er. »Sie versuchen mich von dem Punkt abzubringen,
auf den ich hinaus will. Aber es wird Ihnen nicht gelingen. Sie meinten, gelangweilt
zu sein. Haben Sie mich deshalb geküsst?«
»Ich weiß
es ehrlich gesagt nicht mehr«, sagte sie achselzuckend.
»Ich könnte
mir vorstellen, dass dieses kleine Wagnis sehr aufregend für Sie gewesen
ist.«
»Nein, war
es nicht«, sagte sie. »Nicht mit Ihnen. Es war ... langweilig.«
Er war sich
nicht sicher, worauf sie hinauswollte, aber er würde sie nicht gewähren lassen, so
viel war sicher. Wenn er wollte, konnte er sich so beharrlich festbeißen wie eine
Bulldogge. »Es war nicht langweilig«, sagte er. »Weder für Sie noch für
mich. Wäre es langweilig gewesen, hätten wir kein Problem. Aber wir haben
eines, und wenn wir uns jetzt nicht darauf einigen, wie wir es lösen wollen, könnten wir
uns zu etwas genötigt sehen, was wir beide gewiss nicht wünschen.«
»Heirat«,
sagte sie. »Bereitet es Ihnen solche Pein, das Wort auszusprechen?«
»Wenn ich
mich recht erinnere, habe ich es eben erst ausgesprochen, um Sie zur Besinnung
zu bringen«, sagte er. »Mir ist nicht entgangen, dass auch Sie der Heirat nicht
gerade zugeneigt scheinen. Siebenundzwanzig und nicht verheiratet.
Unglaublich.
Geradezu absurd.«
»Wie alt
sind Sie?«, fragte sie kühl.
»Achtundzwanzig.«
»Sie sind
auch nicht verheiratet!«, rief sie.
»Ich bin
auch ein Mann\«, entgegnete er.
Eines der
Pferde schnaubte.
»Schreien
Sie nicht so. Sie schrecken die Pferde auf«, sagte sie und wollte an ihm vorbei zum
Stalltor gehen, blieb dann jedoch wie angewurzelt stehen. Ihr lieblich geschwungener
Mund öffnete sich in stummem Entsetzen. Vorsichtig tastete sie ihren
Rücken hinauf, ihre Augen weiteten sich ungläubig. »Sie haben mein Kleid aufgemacht!«
»Nein, habe
ich nicht«, sagte er.
»Wer sollte
es denn sonst gewesen sein?«, fragte sie ungehalten und zog sich wieder ins Dunkel
zurück. »Als ich hereinkam, war es zumindest noch geschlossen. Glauben Sie etwa,
dass es eines der Pferde war?«
Die Pest
sollte ihn holen. Hatte er wirklich angefangen, sie auszuziehen, ohne es überhaupt
zu merken?
Wie konnte
er das nicht gemerkt haben?
Nicht in
Panik geraten, ermahnte er sich. Nur nicht in Panik geraten.
»Oh Gott,
da kommt jemand«, flüsterte sie verzweifelt. »Schnell, machen Sie es zu.
Los, machen
Sie schon!«
Auch er
hörte Stimmen nahen. Zwei Stimmen, die eines Mannes und einer Frau.
Dienstboten
wahrscheinlich. Zum Teufel mit ihnen – trieben die sich denn überall herum?
»Moment«,
sagte er. »Ihr Kleid muss warten.«
Mit raschen
Schritten eilte er zum Stalltor. Er wusste nicht, wer die beiden waren, aber
ganz offensichtlich waren sie ein Paar, denn sie hatten die Arme umeinander
gelegt. Als sie ihn sahen, wichen sie hastig auseinander und schlugen eine
andere Richtung ein.
Darius ging
zurück in den Stall und zu Lady Charlotte. Sie hatte sich in die dunkelste Ecke
zurückgezogen. »Drehen Sie sich um«, sagte er.
»Als Sie es
aufgemacht haben, musste ich mich nicht umdrehen. «
»Da standen
wir auch enger beisammen«, erwiderte er. »Oder möchten Sie sich wieder an
mich klammern, wie Sie es vorhin getan haben?«
»Ich habe
mich nicht an Sie geklammert«, empörte sie sich.
Trotzdem
drehte sie sich anstandslos um, und er versuchte, sich auf die Verschlüsse zu
konzentrieren. Damenmode war voller Tücken, die Knöpfe, Haken, Ösen, Bänder
winzig und verzwickt, doch er hatte reichlich Übung. Nur selten bereiteten sie
ihm Mühe. Jetzt jedoch stellte er sich unglaublich ungeschickt an.
Verdammte
Gefühle, fluchte er still.
»So viel zu
aufregenden Wagnissen«, sagte sie. » Was, wenn die beiden hereingekommen
wären?«
»Genau das
hatten sie vor«, brummelte er. »Deshalb bin ich ja ans Tor getreten, damit
sie mich sehen und sich ein anderes Plätzchen zum Kopulieren suchen.«
Geschafft! Mit Mühe hatte er seine Hände in den Griff bekommen und ihr Kleid
geschlossen.
»Kopulieren?«,
fragte sie tonlos. »Kopulieren? Können Sie nicht ,sich lieben' sagen? Müssen
Sie dieses ... dieses kalte und gefühllose Wort verwenden, als würden Sie von
... von Schweinen sprechen?«
Kalt und
gefühllos. Wie sehr er sich in diesem Augenblick wünschte, dass es so wäre!
»Ich halte wenig davon,
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