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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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Doch bezweifelte er, dass sie wegen seiner prekären Finanzen oder seines
typisch männlichen Bedürfnisses, sich zu beweisen, oder seiner ebenfalls
typisch männlichen Ansichten über die Ehe weinte. »Das machen sie manchmal,
Pip«, sagte er. »Damen können sehr sentimental sein.«
    »Oh«,
sagte Pip. »Ich war mir nicht sicher ... Ich bin Daisy in den ersten Stock
hinterhergelaufen. Die Katze war durch ein Fenster verschwunden, aber Daisy
stand noch da und wartete. Plötzlich hob sie den Kopf, als ob sie etwas gehört
hätte, und ist in die andere Richtung gerannt. Vor dem Zimmer ist sie stehen
geblieben – das Zimmer, vor dem die Dame über den Eimer gestolpert ist.
Erinnern Sie sich daran?« Darius nickte. Natürlich erinnerte er sich
daran. Er hatte nicht vergessen, wie blass und elend sie gewesen war – und wie
besorgt er deswegen gewesen war.
    Kein gutes
Zeichen, dachte er. Sich um sie zu sorgen. Ihretwegen in Panik zu geraten. Sich
ihr anzuvertrauen.
    Er steckte
in ernstlichen Schwierigkeiten.
    »Da habe
ich auch was gehört und dachte, dass Daisy vielleicht eine Ratte gehört
hätte«, sagte Pip. Bei dem Wort Ratte spitzte Daisy die Ohren. »Aber Daisy
hat sich einfach nur vor die Tür gesetzt und mich angeschaut«, fuhr der
Junge fort. »Die Tür war nicht geschlossen, sondern nur angelehnt, und da habe
ich sie ein bisschen weiter aufgestoßen und sie gesehen – die junge Dame, meine
ich. Sie saß auf dem Boden und hat geweint. Ich wusste nicht, was ich machen
sollte. Der anderen Dame wollte ich nichts sagen, denn wenn es nicht so wichtig
wäre, würde sie sich nur ganz unnötig aufregen. Aber ich konnte ja auch nicht
einfach nichts machen, wo ich doch etwas tun sollte. Da dachte ich mir, Sie
wüssten bestimmt, was zu tun ist.«
    »Ich schaue
gleich mal«, versprach Darius. »Vielleicht ist es ja einfach nur ...
ähm.« Obwohl Pip zwar über die Grundlagen der Fortpflanzung Bescheid zu
wissen schien, kannte er gewiss nicht alle damit einhergehenden Details. Nun
war indes nicht der passende Augenblick, den Jungen aufzuklären, weshalb Darius
nur meinte: »Zu gewissen Zeiten sind Damen empfänglich für sentimentale
Stimmungen. Ich werde mich sofort darum kümmern. Danke, dass du es mir gesagt
hast. Unter Frauen ist Weinen nämlich ansteckend. Die eine holt es sich von der
anderen, und die Folgen sind verheerend. Du bist deinem Alter an Weisheit weit
voraus, Pip.«
    Er stand
auf, klopfte Pip auf die Schulter, straffte die seinen und brach auf, um sich
jenes Phänomens anzunehmen, das Männer seit jeher in Angst und Schrecken versetzte –
einer weinenden Frau.
    Nun, wo es zu spät ist, begreife ich
erst, wie dumm und töricht ich war. Wir hätten zusammen fortgehen können. Was
hätte Papa schon dagegen tun können? Er hatte weder das Geld, um uns zu
verfolgen, noch die Macht, uns zu vernichten. Wir hätten weglaufen und heiraten
sollen. Ich hätte mich Richard hingeben sollen. Dann wäre Papa keine Wahl
geblieben. Wir hätten heiraten müssen. Man hat immer eine Wahl, wie Richard
einmal meinte. Ich hätte selbst wählen sollen. Ich hätte nicht andere für mich
entscheiden lassen dürfen.
    Nun ist
Papa mich endlich los. Er hat sein Geld bekommen, das er rasch verspielen wird,
wie er es schon immer getan hat, und an mich denkt niemand mehr.
    Niemand
weiß und niemanden kümmert es, dass ich einst die Chance auf ein großes Glück
hatte.
    Nun ist
sie vertan. Für immer.
    Richard
ist tot.
    Ich
wünschte mir den Mut, ihm zu folgen, doch ich war schon immer feige. Genauso
feige wie damals, als ich die Wahl und die Gelegenheit hatte, mich aber
einschüchtern und mir vorschreiben ließ, was meine Pflichten wären.
    Richard
ist tot, und ich bin bis ans Ende meiner Tage an einen Mann gebunden, den ich
nicht liebe. Ich habe mich dem Mann, den ich geliebt habe, niemals hingegeben
und muss mich nun jenem immer wieder und wieder hingeben, für den ich nichts
empfinden kann und auch nie empfinden werde. Keusch kam ich ins Ehebett, wie es
sich für ein gutes Mädchen gehört, und mein Lohn sind Staub und Asche.
    Wie nur
soll ich es ertragen?
    Ich
werde wahnsinnig. Ich weiß, dass ich wahnsinnig werde.
    Charlotte konnte die Worte durch ihre Tränen
kaum noch erkennen. Wieder und wieder las sie diese eine Stelle, obwohl die
Buchstaben ihr vor den Augen verschwammen, Tränen über ihre Wangen liefen und
sie schluchzend nach Atem rang. Die verrückte alte Frau.
    Auch sie
war einst jung gewesen, eine schöne, unschuldige

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