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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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er Kopfschmerzen.
Sein Besuch hatte Mrs. Tyler ziemlich aufgeregt, und wenn sie sich aufregte,
schwoll ihre Stimme zu einem lauten Kreischen an. Da er ein Gentleman war und
zudem noch der Dienstherr ihres Mannes, konnte sie schlecht ihn anschreien,
weshalb sie stattdessen ihre Töchter anschrie, von denen es bekanntlich sechs
gab.
    »Hör auf,
so zu husten, Sally! Jetzt sieh doch nur, was du mit dem Gemüse gemacht hast,
Annie! Pass doch auf den Eimer auf, Joan! Du machst ja alles nass!« Und so
ging es ohne Unterlass.
    Die Mädchen
ließen sich nicht einschüchtern und schrien munter zurück, woraufhin ihre
Mutter sie der Reihe nach anschrie, man widerspreche seinen Eltern nicht. Es
grenzte an ein Wunder, dass Tyler nicht längst schwerhörig war.
    Von dem
Geschrei abgesehen, war es bei den Tylers aber kein gar so schlechtes Los für
einen Waisenjungen. Pip aß jeden Tag mit
der Familie und musste nicht von den Resten leben, die bei Tisch abfielen, was
für Jungen in seiner Position leider allzu häufig die Regel war. Er durfte in
der Küche am Herd schlafen und musste nicht in einem Wandschrank oder feuchten
Keller nächtigen. Sie kleideten ihn nicht in Lumpen. So strapazierend man
Mrs.Tyler auch finden mochte, auf ihre Haushaltsführung ließ sie nichts kommen.
Unter ihrem Dach wurden alle – auch der arme Lehrling – »satt und kriegten was
Ordentliches angezogen und wüssten auch, was Seife ist«, wie sie Darius
wissen ließ. Und doch war es im Vergleich zu Mr. Weltons Haushalt ein
beträchtlicher Abstieg. Bei den lyiers zu leben, bedeutete das Ende von Pips
Schulzeit, und das, so hatte Darius letzte Woche auf dem Weg nach Salford
herausgefunden, bereitete dem Jungen großen Kummer, wenngleich er tapfer so
tat, als kümmere es ihn nicht.
    Ich muss
ihn wieder zur Schule schicken, dachte Darius, als er nun nach Hause ritt. Oder
er würde Mr. Weltons Rolle übernehmen und den Jungen selbst unterrichten.
Schule wäre besser, entschied er. Ein Junge sollte mit Gleichaltrigen zusammen
sein. Das Problem war nur, dass man dies bezahlen musste. Bislang hatte Darius
noch nicht einmal die Summe aufgetrieben, die er den Tylers für Pips Unterhalt
schuldete. Mrs. Tyler mochte zwar glauben, dass der Junge nichts als Unglück
bringe, aber das hielt sie nicht davon ab, ihn so lange als Lehrling zu
behalten, bis sie sich für sämtliche Ausgaben und jeglichen Aufwand, den sie
für ihn betrieben hatte, in barer Münze entschädigt sah.
    Als er zu
den Stallungen ritt, ging er gerade zum hundertsten Mal im Geiste seine
Finanzen durch. Geschrei und Gefluche rissen ihn aus seiner mathematischen
Versenkung.
    Er preschte
dem Lärm entgegen. Vor den Stallungen stieß er auf zwei Jungen, die sich im
Dreck wälzten und wild aufeinander eindroschen.
    »Du kleiner
Bastard! Du Teufelsfratze!«
    »Du hast
selbst gleich eine Teufelsfratze, weil ich dir nämlich die Nase breche!«
»Deine Mutter ist eine Hure!«
    »Dein Vater
treibt es mit Schafen!«
    »Dein Vater
hat die Pocken am Schwanz!«
    »Deine
Großmutter kennt alle Schwänze der Königlichen Marine!«
    Rasch
sprang Darius aus dem Sattel, packte sich die kleinen Raufbolde und riss sie
auseinander.
    Noch immer
keilten sie nacheinander aus und brüllten unflätige Beleidigungen. Darius zog
die beiden aus dem Dreck und schüttelte sie kräftig durch. »Das reicht«,
sagte er.
    Er erhob
seine Stimme nicht. Er musste seine Stimme nie erheben, um das Gewünschte zu
erreichen.
    Die Jungen
verstummten.
    Er lockerte
seinen Griff, ließ sie jedoch nicht los.
    Fragend sah
er Pip an, der kräftig Nasenbluten hatte und ein saftiges blaues Auge bekommen
würde. »Er hat noch nie von Wilhem dem Eroberer gehört«, sagte Pip. »Er
ist ein dummes, ignorantes, saublödes Arschloch!«
    »Das
reicht«, sagte Darius noch einmal. Er sah den anderen Jungen an, dem
ebenfalls die Nase blutete. »Wer bist du?«
    »Rob
Jowett, Sir.«
    Rob sah
aus, als hätte er ziemlich was einstecken müssen. Ihm blühte nicht nur ein
blaues Auge, auch seine Backe schwoll bereits kräftig an. Darius ließ ihn los.
»Geh jetzt nach Hause, Rob«, sagte er.
    »Sir, er
hat behauptet, dass alle Lords im Oberhaus genau solche Bastarde wären wie
er«, beschwerte sich Rob. »Das ist doch Hochverrat, nicht wahr?«
    »Nein, ist
es nicht, und ich habe auch nicht alle gesagt«, verteidigte sich Pip. »Ich
habe gesagt, dass es einige gab. Einige. Präteritum. Du hörst wahrscheinlich
genauso schlecht,
wie du dich prügeln

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