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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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er.«
    Bei
Erwähnung dieser Wendung gestattete er sich ein feines Lächeln. Sie wusste
längst nicht alles über ihn – oder überhaupt über London –, wenn sie glaubte,
er halte Holborn für entlegen. Dann riss er seinen Blick von ihrem wunderbaren
Gesicht los, richtete ihn auf das Fenster, auf den bescheidenen Ausblick, den
es bot, auf die gegenüberliegenden Gebäude. Hier ging es einzig um Peregrine.
Er musste seine Gedanken auf Peregrine richten.
    Ihr
hingegen schien es keine Mühe zu bereiten, sich auf Geschäftliches zu
konzentrieren. Sie nannte Tage und Uhrzeiten, zu denen der Raum für
Privatstunden verfügbar sei, schrieb ihm das für den Unterricht benötigte
Material auf und erfragte Namen und Anschrift von Benedicts Prokuristen, an den
sie die Rechnung schicken würde.
    Danach
hatte er keinen Vorwand mehr, länger zu bleiben. Binnen zehn Minuten hatte er
das Aquarell bei Popham abgeholt und befand sich auf dem Weg zu einer
unvergleichlich eleganteren, ein gutes Stück westlich von Holborn gelegenen
Kunsthandlung, um das Bild aufziehen und rahmen zu lassen. Es würde in seinem
Schlafzimmer hängen, beschloss Benedict.

Kapitel 4
    Zehn Tage gingen dahin und somit vier
Zeichenstunden. Und nicht einmal ließ Benedict sich in Mr. Pophams Laden
blicken.
    Warum auch,
fiel die naheliegende Wahl, Peregrine zum Unterricht zu begleiten, doch auf den
Lakaien Thomas, den Benedict aus Derbyshire mitgebracht hatte. Er war der
einzige Diener, dem Benedict vertrauen konnte, die heikle Angelegenheit für
sich zu behalten.
    Diskret in
Alltagskleidung statt seiner Livree gekleidet, kehrte Thomas für die Dauer der
Zeichenstunde in einem Kaffeehaus nahebei ein, um seinen Schützling zur
vereinbarten Stunde wieder an der Tür der Grafikhandlung in Empfang zu nehmen.
Die Aufgabe lag durchaus im Bereich von Thomas' Möglichkeiten, denn Benedict
hatte Peregrine eine einfache Regel mit auf den Weg gegeben: »Du wirst dich
unterwegs anständig benehmen und nicht für Aufsehen sorgen. Sollte es zu
irgendeinem Zwischenfall kommen – vor, während oder nach der Stunde –, wird dir
der Unterricht gestrichen. Entschuldigungen lasse ich nicht gelten. Haben wir
uns verstanden?«
    »Jawohl,
Sir«, erwiderte Peregrine.
    Und so ließ
Benedict ihn in der Gewissheit ziehen, dass diese Regel sich als ausreichend
erweisen werde. Alles, was ihm für seine Berufung unerlässlich schien – wie
beispielsweise Griechisch und Latein oder nun auch Zeichnen –, erfreute sich
Peregrines ungeteilter, hingebungsvoller Aufmerksamkeit. Mrs. Wingate würde
nicht Benedicts mäßigenden Einfluss benötigen, um seinen Neffen zu bändigen.
Vielmehr war es Benedict, der der Bändigung bedurfte.
    Am elften
Tag, einem Freitag, befand er sich in bedrohlich gelangweilter und rastloser
Verfasstheit.
    Es war
keineswegs so, als hätte er nichts zu tun. Am Old Bailey verfolgte er einen sehr
bewegenden Kriminalfall. Er musste eine Rede vorbereiten, in der er für die
Schaffung einer städtischen Polizei plädieren wollte. Wenngleich ein Großteil
der beau monde derzeit auf dem Lande weilte, war London doch keine verlassene
Odnis. Er litt keinen Mangel an Einladungen zu allerlei Diners und Bällen, zu
Vorträgen und Konzerten, Theaterbesuchen und Opern, Ballettaufführungen und
Ausstellungen.
    Dennoch kam
er schier um vor Langeweile.
    So
gelangweilt war er, dass er sich an diesem Nachmittag gleich zweimal dabei
ertappt hatte, ziellos auf und ab zu laufen – eine Unsitte, die er nur
hysterischen Frauen und anderen überspannten Personen durchgehen ließ.
    Eingesperrte
Tiere laufen im Käfig auf und ab. Kinder zappeln herum. Ein Gentleman weiß
ruhig zu sitzen und würdevoll zu stehen.
    Ruhig saß
Benedict in seinem Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch. Gregson, sein
Sekretär, ihm gegenüber. Sie gingen die Korrespondenz der letzten zehn Tage
durch. Seine Lordschaft war bislang zu gelangweilt gewesen, sich damit zu
befassen. Er wollte es auch jetzt nicht. Doch wenn er der Korrespondenz
weiterhin keine Beachtung schenkte, würden die kleinen Stapel an Briefen und
Karten zu haltlosen, unbezwingbaren Bergen anwachsen, denen kein Beikommen mehr
wäre. Nur pflichtvergessene Menschen wie seine Brüder Rupert und Darius ließen
es so weit kommen.
    Der
pflichtbewusste Gentleman hält seine Angelegenheiten in Ordnung.
    »Dieser
hier ist von Lord Atherton, Sir«, sagte Gregson und nahm einen
umfänglichen Brief zur Hand. »Vielleicht möchten Sie ihn ja

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