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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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selbst zu sein, ruhig dazustehen
und ob der eigenen Perfektion furchtbar gelangweilt dreinzublicken.
    Ihr
Instinkt sollte sie nicht trügen. Mrs. Briggs stellte sich als respektable
Witwe in mittleren Jahren heraus. Die zu mietenden Räume waren zwar keineswegs
luxuriös, doch
ordentlich gehalten und möbliert. Der Preis fiel etwas höher aus, als es
Bathsheba lieb war, aber immer noch niedriger, als sie es in dieser Gegend
vermutet hätte. Binnen einer Stunde war alles einvernehmlich geklärt, und sie
fand sich abermals mit Rathbourne in einer Mietdroschke, die nun gen Holborn
fuhr, um sie nach Hause zu bringen.
    Unterwegs
ließ er ihr Rat in finanziellen Belangen angedeihen. Seine Annahme, dass sie
mit Geld nicht umzugehen wisse, ärgerte sie zwar, aber vermutlich konnte er
einfach nicht anders. Er war es gewohnt, das Leben der vom Schicksal weniger
Begünstigten zu regeln. Zumindest hatte er darin Erfahrung, und sie müsste dumm
sein, würde sie ihm nicht zuhören.
    Überrascht
war sie allerdings, als er eine seiner Visitenkarten zückte und auf der
Rückseite Namen und Anschriften einiger Kunsthandlungen notierte, bei denen sie
ihre Aquarelle und Zeichnungen vorbeibringen solle. Hinge ihre Kunst an der
Fleet Street oder am Strand aus, würden sich eher Käufer finden, die sie sich
auch leisten konnten, klärte er sie auf. Zudem müsse sie ihre Preise erhöhen.
»Sie schätzen Ihr Werk zu gering«, befand er.
    »Aber ich
bin eine gänzlich Unbekannte«, wandte sie ein. »Ich gehöre auch keinem
namhaften Künstlerbund an. Danach muss man ein Werk beurteilen.«
    »Wie ich
bereits vorhin in anderem Zusammenhang erwähnte, ist Ihr Name alles andere als
unbekannt«, erwiderte er. »Sie sind lediglich naiv.«
    Fast hätte
sie laut gelacht. Dank ihrer Eltern dürfte sie auch den letzten
Rest ihrer Naivität spätestens im zarten Alter von zehn Jahren verloren haben.
»Ich bin zweiunddreißig und viel herumgekommen«, klärte sie ihn auf. »Mag
sein, dass ich vielleicht nicht alles gesehen habe, was es zu sehen gibt, aber
viel fehlt dazu bestimmt nicht.«
    »Sie
scheinen die potenziellen Käufer Ihrer Werke nicht zu verstehen«, beharrte
er. »Dies lässt mich fast daran zweifeln, ob Sie wirklich eine der
Ungeheuerlichen DeLuceys sind. Sie haben eine ganz grundlegende menschliche
Schwäche ungenutzt gelassen. Ihnen scheint noch gar nicht in den Sinn gekommen
zu sein, aus Ihrem berüchtigten Namen Profit zu schlagen. Und Sie scheinen
nicht zu wissen, dass eine Sache umso mehr geschätzt wird, je teurer sie ist.
Zumindest trifft dies auf die besseren Kreise der Gesellschaft zu. Als Sie Ihr
Honorar kurzerhand vervierfacht haben, um Peregrine zu unterrichten, hat mein
Respekt für Sie sich enorm gesteigert.«
    Es brachte
wenig, in seinem Gesicht zu lesen. Selbst wenn er nicht seine undurchdringliche
Miene zur Schau getragen hätte, so war es doch mittlerweile zu dunkel, um
überhaupt etwas zu erkennen. Es fiel ihr schwer zu sagen, ob er nun sarkastisch
war oder nicht. Er klang gelangweilt.
    »Ich rate
Ihnen, sie ordentlich zahlen zu lassen«, sagte er. »Sie können die
Gesellschaft nicht ändern. Und ich kann es – trotz meiner privilegierten
Stellung – auch nicht. Wie ich bereits sagte, muss selbst ich mich den
gesellschaftlichen Spielregeln beugen und entsprechend leben. Das ist mühselig,
aber der Preis dafür, die Gesetze
zu brechen, wäre maßlos. Nicht nur würde ich meiner Familie Kummer bereiten,
ich verlöre auch die Achtung derer, die ich brauche, um Gesetze zu erlassen,
Reformen auf den Weg zu bringen und verschiedene andere Anliegen zu
unterstützen, die meinem Leben einen Sinn geben. Sie mussten bereits einen
hohen Preis dafür zahlen, dass Ihr verstorbener Mann die Regeln der
Gesellschaft gebrochen hat. Was schulden Sie der beau monde noch? Schuldet sie
nicht vielmehr Ihnen etwas? Warum sollten Sie sich die Arbeit, von der Sie und
Ihre Tochter leben, nicht gut bezahlen lassen?«
    Sein
gelangweilter Tonfall könnte einen leicht glauben machen, das Thema
interessiere ihn keinen Deut, sei ihm vielmehr lästig. Er klang so, wie er in
der Egyptian Hall ausgesehen hatte, in jenem Augenblick, da sie ihn das erste
Mal gesehen hatte: die perfekte Verkörperung aristokratischer Gleichgültigkeit.
    Doch das
Innere der Droschke war beengt, und sie saß ihm zu nah, um nicht zu spüren,
dass etwas nicht stimmte. Vielleicht war es eine gewisse Spannung, die sie in
der Luft zu spüren meinte. Oder die Art, wie er Kopf und

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