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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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Angst unter den dicken Teppich der
Wut. »Ich bin kein kleines Kind«, murrte er.
    »Sehr
gut«, erwiderte sie. »Dann werden Sie jetzt auch ganz vernünftig bleiben,
wenn ich Ihnen sage, dass wir beim nächsten Gasthof anhalten müssen.«
    »Wir haben
bei jedem vermaledeiten Gasthof angehalten, in jedem unseligen Kaff armseliger
Hütten, deren Bewohner sich erdreisten, es Dorf zu nennen, haben wir
gehalten«, sagte er. »Und was hat es uns gebracht? Scharenweise
Dorftrottel, die kaum zwei verständliche Sätze formulieren können, die weder
den Unterschied zwischen
einem Jungen und einem Mädchen kennen, noch einen Zwölfjährigen von einem
Zehnjährigen zu unterscheiden wissen. Sie haben diesen Bauernjungen – der
bestimmt nicht mal acht war! – rothaarig genannt. Sein Haar war eindeutig braun
– haargenau dieselbe Farbe wie dampfende Kuhsch...«
    »Das
da«, unterbrach sie ihn, als er zügig am »White Hart Inn« vorbeifuhr.
    Er fluchte,
aber im Gegensatz zu manch anderen Männern wirkten seine ungehaltenen Gefühle
sich nicht auf seinen Fahrstil aus. Mit gewohnt gewandter Bedachtsamkeit setzte
er den Wagen zurück zum Eingang des Wirtshauses. Allerdings konnte sie ihn
nicht dazu bewegen, in der Karriole auf sie zu warten. Also ließen sie Thomas
zur Bewachung des Wagens zurück, betraten gemeinsam den Gasthof und fanden den
Wirt hellwach und munter. Ja, doch, eine Reisekutsche, der Courser, habe vor
knapp einer halben Stunde hier Halt gemacht, um eine fünfköpfige Familie
aussteigen zu lassen. Es sei deren erste Reise in einem solchen Gefährt gewesen, und es
hatte ihnen wenig zugesagt.
    »Ich habe
denen gesagt, dass es in anderen Reisekutschen nicht besser wäre«, fuhr
der Wirt fort. »Wenn es ihnen nicht gefällt, Seite an Seite mit Hinz und Kunz
zu fahren, die ihr letztes Bad zur Feier von Waterloo genommen haben, dann
müssten sie eben die Postkutsche nehmen oder sich gleich eine Chaise mieten.
Wollten Sie ein Zimmer? Wenn ja, haben Sie Pech. Die fünf haben mein letztes
Bett genommen, alle fünfe zusammen.«
    »Mein
Bruder und ich suchen unsere beiden jungen Cousins«, sagte Bathsheba. »Sie
haben uns in London besucht. Nachdem wir uns gemeinsam die Aufführung einer
fahrenden Theatertruppe angesehen hatten, haben sie es sich leider in den Kopf
gesetzt, sich den Schauspielern anzuschließen und sind weggelaufen. Wir
glauben, dass sie Richtung Bristol unterwegs sind.« Sie beschrieb ihm
Olivia und Lord Lisle und wies ihn darauf hin, dass eines der Kinder oder auch
beide »ein Kostüm tragen« könnten.
    »Ach, die
beiden«, meinte der Wirt. »Hier haben die erzählt, sie wollten nach Hause
zu ihrer kranken Mutter. Zumindest hat der jüngere das dem Kutscher vom Courser
erzählt – der größere hat eigentlich gar nichts gesagt. Sah aus, als hätte ihm
was auf den Magen geschlagen, der Junge.«
    Rathbourne,
der bislang ebenfalls geschwiegen hatte und vor Ungeduld schier am Bersten war,
horchte auf. Seine dunklen Augen begannen zu leuchten. »Sie haben mit dem
Kutscher gesprochen?«, fragte er. »Sind sie in die Reisekutsche
zugestiegen?«
    »Na ja,
Platz gab's ja jetzt wieder«, sagte der Wirt. »Und Geld hatten sie auch –
zumindest genug, um bis zum nächsten Halt mitzufahren. Das wäre dann Salt
Hill.«
    Salt Hill lag keine neun Meilen
entfernt, und da Rathbourne beschlossen hatte, die Pferde am White Hart Inn
noch einmal zu
wechseln, preschten sie schnell voran. Eine Postkutsche könnte die Strecke wohl in
einer knappen Stunde zurücklegen, und Rathbourne schien es sich in den Kopf
gesetzt zu haben, im Postkutschentempo zu fahren. Bathsheba störte das
überhaupt nicht, denn je eher sie die Kinder fänden, desto weniger Zeit blieb
ihrem Gewissen, sie zu quälen. Hätte sie ihre begrenzten Mittel nur klüger
verwendet, würde Olivia längst eine Gouvernante gehabt haben und nichts von
alledem wäre geschehen!
    »Sie sind
sehr still«, stellte er fest, nachdem sie eine Weile schweigend
dahingefahren waren. »Ich hoffe, das Tempo jagt Ihnen keine Angst ein.«
    Dank der
jüngsten Neuigkeiten schien seine Laune sich gebessert zu haben. Bathsheba
hatte nicht mehr das Gefühl, neben einem brodelnden Vulkan zu sitzen, der
jederzeit auszubrechen drohte. »Ich habe mir Gedanken über die Kinder
gemacht«, sagte sie. »Ich habe bei Olivia versagt. Vermutlich hätte ich
ihr nicht so viele Freiheiten zugestehen dürfen.«
    »Die
meisten Mädchen in meinen Kreisen haben viel zu wenig Freiheiten«, meinte
er.

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