Loretta Chase
Damm gebrochen. Benedict
konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Wieder und wieder sah er vor sich,
wie Mrs. Wingate ihm hinterhereilte und seine Rippen untersuchen wollte, wieder
und wieder kehrte er zu dem Augenblick zurück, als Betrunkener Nummer zwei
Mrs. Wingate unverschämt dreist belästigt und sie ihm mit so herrlich
sachlicher Stimme erwiderte hatte: »Heute nicht. Ich habe Kopfweh.«
Dann
schweifte Benedicts völlig außer Fassung geratener Verstand weiter zu jener
Szene, da sie sich Humber in die Arme geworfen hatte ... und zu dem Ausdruck in
Mrs. Humbers Gesicht ... und deren knapper Bemerkung: »Ich habe genug
gesehen.« Und so lachte er weiter, immer weiter und kam gar nicht dagegen
an. Ab und an krümmte er sich gar vor Lachen.
Benedict
stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und rang nach Atem – doch schon sah
er Mrs. Wingate vor sich, wie sie mit dem hölzernen Peitschengriff auf Kopf und
Schultern eines betrunkenen Rüpels eindrosch, sah den armen Burschen vor sich,
wie er hilflos die Arme reckte und sich vor ihren Schlägen zu schützen
versuchte ... und schon ging es wieder los. Er brüllte vor Lachen.
Wie lang
das so ging, wusste er beim besten Willen nicht, bloß dass es irgendwann
abflaute und er ganz atemlos und benommen war. Es erwies sich als ziemlich
anstrengend, sich auch nur auf den Beinen zu halten und sich die Tränen aus den
Augen zu wischen, geschweige denn, den Korridor hinabzustolpern, um in den Hof
und zur Wasserpumpe zu gelangen.
Beim Laufen
spürte er die Blicke beider Frauen auf sich.
Aber sie
schauten ihm nur nach. Sie liefen ihm nicht nach und wollten sich um ihn
kümmern. Also kein Grund zur Sorge. Nur Thomas würde ihm in gemessenem Abstand
folgen, und dafür wurde er ja schließlich bezahlt.
Draußen im
Hof, nachdem Benedict sich den gröbsten Schmutz abgespült und sich um etliche Grad
abgekühlt hatte, reichte Thomas ihm ein Handtuch und sagte, er sei froh, dass
sein Herr keinen ernstlichen Schaden genommen hatte.
»Natürlich
nicht«, erwiderte Benedict. »Diese Lümmel haben mir
wenig Mühe bereitet – bis auf das eine Mal, als sie mich zu Fall gebracht
hatten. Da hätte ich wohl Schaden nehmen können, wenn Mrs. ... ähm ... meine
liebe Frau ... nicht eingeschritten wäre.« Wieder musste er sich ein
Lachen verkneifen.
»Mrs.
Woodhouse, Sir«, klärte Thomas ihn auf. Er trat näher und senkte die
Stimme, denn, wie Mrs. Edkins ganz richtig bemerkt hatte, war man hier wirklich
rund um die Uhr auf den Beinen. Im Hof zumal, wo die ganze Nacht hindurch
Kutschen Station machten, um die Pferde zu wechseln. Salt Hill war ein weiterer
sehr beliebter Zwischenstopp.
»Madam hat
der Wirtin erzählt, dass Sie Mr. und Mrs. Woodhouse seien«, raunte Thomas
ihm zu. »Aber ich konnte leider nicht genau verstehen, ob sie Sie John oder
George genannt hat.«
»Das soll
uns nicht kümmern«, meinte Benedict. »Wir werden sowieso gleich
weiterfahren.«
Thomas
räusperte sich.
Fragend
schaute Benedict ihn an. Der Hof war recht gut beleuchtet, und doch fiel es ihm
nicht ganz leicht, die Miene seines Lakaien zu deuten.
»Was?«,
fragte Benedict.
»Mrs.
Woodhouse hat sich ein privates Speisezimmer geben lassen«, sagte Thomas. »Ich wäre
schon eher zu Ihnen gekommen, doch sie bat mich, zuerst das Feuer zu
schüren.«
»Und Sie
haben ihr gehorcht«, stellte Benedict fest. »Obwohl Sie wussten, das ich
wünsche, so bald wie möglich aufzubrechen.«
»Ja,
Sir.«
»Haben Sie
Angst vor ihr, Thomas?«
»Ich habe
gesehen, wie sie aus dem Wagen gesprungen ist, als man Sie niederschlug«,
sagte Thomas. »Sie war schneller als ich, sonst wäre natürlich ich Ihnen zu
Hilfe gekommen, wie es hätte
sein sollen. Aber ich konnte ganz deutlich sehen, dass Ihr Wohlergehen ihr sehr
am Herzen hegen muss. Und was die Angst anbelangt, Mylord, so möchte ich es mir
mit ihr nur ungern verscherzen. Also habe ich das Feuer geschürt, wie sie es
wünschte.«
»Verstehe«,
sagte Benedict.
»Sie hat
auch heißes Wasser bestellt, Verbandszeug und was zu essen«, erstattete
der Lakai unverdrossen weiter Bericht. »Sie meinte, Sie müssten was essen –
sowie sie sich Ihre Verletzungen angesehen hätte.«
»Ich bin
nicht verletzt«, stellte Benedict klar. »Sagte ich das nicht
bereits?«
»Mylord, wenn Sie die Bemerkung gestatten, aber Damen mögen es
sehr, uns mit Pillen, Pflastern und warmen Wickeln zu versorgen«, belehrte
ihn Thomas. »Am besten, man lässt es sich gefallen – so ist
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