Loretta Chase
die Dame glücklich,
und man erspart sich eine Auseinandersetzung.«
Wenngleich
er die schlichte Weisheit in Thomas' Worten erkannte, war Benedict sich doch
auch bewusst, wie dumm und fahrlässig es wäre, Bathsheba Wingate Hand an ihn
legen zu lassen – und sei es bloß, um ihn zu verarzten. Auch so ließ seine
Selbstbeherrschung bereits erhebliche Schwächen erkennen: die Prügelei, die
unbedachte Umarmung in der Kutsche, der Lachanfall. Gegenwärtig war er alles
andere als ruhig und beherrscht. Und müde war er zudem, was seiner Contenance
auch nicht gerade zuträglich wäre.
Wenn sie
ihn berührte, wenn sie ihm zu lange zu nah war, während er nichts anderes zu
tun hatte (wie beispielsweise die Karriole zu fahren), was ihn beschäftigte und
von ihr ablenkte, war es nur allzu wahrscheinlich, dass er sich einen fatalen
Fehltritt leisten würde.
Benedict
konnte Thomas' weisen Rat nicht befolgen.
Er konnte
Mrs. Wingates Sorgen um seine Gesundheit und ihrem
weiblichen Bedürfnis, vermeintlich verletzte Männer zu umsorgen, nicht nachgeben.
Mit diesem
fest gefassten Entschluss gab Benedict seinem Diener das Handtuch zurück. In
Ermangelung eines Kamms fuhr Benedict sich mit den Fingern durchs Haar, welches
ihm zweifellos in zerzausten Locken zu Berge stand. Er war versucht, Thomas zu
fragen, wie schlimm er tatsächlich aussah, widerstand dem Impuls indes. Es war
nicht fair. Er und Rupert waren vom selben dunklen Typ wie ihre Mutter, aber
Ruperts Haare zeigten wenigstens keinerlei Neigung, sich so albern zu locken
oder in alle Richtungen abzustehen.
Was nicht
heißen sollte, dass er auf Rupert neidisch gewesen wäre, der stets in dummen
Schwierigkeiten steckte und dessen Leben ein einziges heilloses Durcheinander
war. Wie die vernünftige und besonnene Daphne diese Unberechenbarkeit, Unordnung
und Wirrnis ertragen konnte, würde Benedict ewig ein Rätsel bleiben.
Doch
eigentlich tat der Zustand von Benedicts Haar auch gar nichts zur Sache. Er
gedachte schließlich nicht, einer Gesellschaft bei Almack's seine Aufwartung zu
machen. Er war nicht auf Brautschau. Er wollte niemanden beeindrucken. Nein, er
doch nicht.
Pflichtgefühl
und Vernunft verbaten ihm ganz von selbst, auf Bathsheba Wingate anziehend
wirken zu wollen.
Und so
hoffte Benedict nur, dass er nicht zu sehr dem Clown Grimaldi ähnlich sah, als
er sich auf den Rückweg in den Gasthof machte und sich zu besagtem Privatzimmer
begab. Er war entschlossen, dem Aufruhr ein Ende zu machen und alles auf seinen
rechten Platz zu verweisen. Auch Bathsheba Wingate.
Kapitel 10
Bathsheba hatte sich ebenfalls den gröbsten
Schmutz abgewaschen, wenngleich in eher damenhafter Manier, indem sie
Waschschüssel und Wasserkrug benutzte, die Mrs. Edkins ihr gebracht hatte.
Mit einem
Spiegel oder Haarnadeln hatte die Wirtin indes nicht dienen können. Gerade versuchte
Bathsheba, ohne diese nützlichen Hilfsmittel ihre Frisur zu richten, da wurde
jäh die Tür des Privatzimmers aufgerissen.
»Sie haben
meinen Lakaien korrumpiert«, sagte Rathbourne.
Sein
Krawattentuch war feucht und hastig gebunden. Der Kragen seines Hemdes hing
schlaff herab. Rock und Weste waren nicht zugeknöpft.
Glänzend
schwarze Locken hingen ihm wirr in die Stirn, hier und da standen welche wie
Korkenzieher empor.
Er hatte
sich nicht nur das Gesicht gewaschen, stellte sie mit stummem Entsetzen fest,
er musste den ganzen Kopf unter die Pumpe gehalten haben. Er war nass. Oh, wie
verlangte es sie danach, mit den Fingern durch seine ungebärdigen Locken zu
fahren! Sie wollte ihm die feuchten Kleider vom Leib streifen und ihre Hände
schweifen lassen, wo sie nichts verloren hatten.
Diese
vermaledeite Prügelei in Colnbrook war an allem schuld. Seine beherzte
Reaktion, als der Trunkenbold sie angefasst hatte ... wie die Männer sich auf
ihn gestürzt hatten und er mit Leichtigkeit kurzen Prozess mit ihnen gemacht
hatte ... es war gefährlich gewesen und doch ...
Sie war
begeistert gewesen.
Sie hatte
es geradezu erregend gefunden.
Eine
typische DeLucey-Reaktion.
Sie schob
eine ihrer verbliebenen Haarnadeln in das Vogelnest auf ihrem Kopf. »Ich bin
eine DeLucey«, erwiderte sie düster. »Wir sind jedermanns Verderben.«
»Meins
nicht«, sagte er. »Sie werden sich damit begnügen müssen, sich Thomas
gefügig zu machen und ihn nach Ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Ich hingegen bin
nicht Thomas, und ich bin es nicht gewohnt, mir von anderen etwas vorschreiben
zu lassen. Kommen Sie, wir müssen
Weitere Kostenlose Bücher