Loretta Chase
Mautschranke in Kensington
auf ihren Hüftschwung reagiert hatten.
Sie
beabsichtigte nun, mit dergestalt schwingenden Hüften hundert Meilen Landstraße
zu laufen, auf der bekanntermaßen hauptsächlich Männer verkehrten. »Kommt gar
nicht infrage«, sagte er. »Das werde ich nicht zulassen.«
Sie wandte
sich um und sah ihn an. Ihr Knie stieß an seinen Schenkel. Benedict biss die
Zähne zusammen.
»Was um
alles in der Welt bringt Sie auf die abwegige Idee, Sie hätten auch nur irgendeinen
Einfluss auf mein Tun?«, fragte sie. »Oh, aber natürlich – wie konnte ich
das vergessen? Sie sind es ja gewohnt, andere herumzukommandieren. Wie Sie
wollen, Mylord. Dann lassen Sie mal hören, was ich darf und was nicht. Lieber
verbringe ich die nächsten Meilen damit, mich totzulachen, als mir um meine
missratene Tochter Sorgen zu machen.«
»Sie nennen
sie missraten, und doch lassen Sie ihr ihren Willen«, stellte Benedict
fest. »Was genau wollen Sie eigentlich in Bristol? Mitten in der Nacht dem Familienmausoleum
einen Besuch abstatten? Ich sehe es schon vor mir: Sie beide in dunklen
Umhängen, die Kapuzen tief in die Stirn gezogen, Olivia mit einer abgeblendeten
Laterne, Sie mit dem Spaten auf der Schulter. Ein köstliches Bild.«
»Ihre
Fantasie geht mit Ihnen durch. Wie manch andere herrschaftliche Anwesen ist
auch Throgmorton an bestimmten Tagen für Besucher geöffnet«, klärte sie
ihn auf. »Ich werde mit Olivia zum Mausoleum gehen und ihr zeigen, wie
sorgfältig der Park gepflegt wird. Dann wird sie hoffentlich einsehen, dass ein
vergrabener Schatz im Laufe der Jahre bei Umbauarbeiten oder von den Gärtnern
längst gefunden worden wäre. Danach können wir vielleicht noch an der Küste
nach Schmugglerhöhlen suchen.«
»Mit
anderen Worten: Sie haben nicht vor, so bald nach London zurückzukehren.«
Darüber
sollte er froh sein. So käme er
nicht in Versuchung, sie gleich nach seiner Rückkehr aus Schottland unter
fadenscheinigen Gründen aufzusuchen. Und mit der Zeit würde diese verderbliche,
verwerfliche Besessenheit ganz von selbst vergehen.
»Natürlich
nicht«, sagte sie. »Sie werden doch sowieso mit Ihrem Neffen in Edinburgh
sein. Was sollte ich – was sollte überhaupt irgendwer – in London, wenn Lord
Rathbourne nicht dort weilt?«
Er sah sie
kurz an. Sie hatte sich rasch wieder abgewandt. Ihre Miene gab nichts preis,
doch meinte er, in ihren Augen ein belustigtes Funkeln wahrgenommen zu haben.
»Sie machen
sich über mich lustig«, stellte er fest.
»Ganz im
Gegenteil, Mylord«, entgegnete sie. »Ich versuche verzweifelt, mit meiner
Trauer über Ihre bevorstehende Abreise an mich zu halten. Ich lächele tapfer,
ich lache nicht. Nun ja, zumindest nicht sehr.«
Trotz aller
Sorgen kam auch er nicht umhin zu lächeln. Aber er war ja schließlich verhext.
Sie sah
beiseite, blickte nach vorn auf die Straße und wurde auf einmal ganz ernst.
»Wenn wir nicht aufpassen, wird uns das Lachen bald vergehen«, meinte sie.
»Sobald wir die Kinder gefunden haben, müssen wir getrennter Wege gehen, und
Sie müssen Peregrine umgehend nach Schottland bringen. Wenn Sie sich nur ein
oder zwei Tage verspäten, werden seine Eltern sich gewiss nicht aufregen.«
»Die regen
sich immer auf«, bemerkte er trocken. »Aber seine Eltern sind das
geringste Problem. Mittlerweile dürfte mein gesamter Haushalt bemerkt haben,
dass etwas nicht stimmt. Irgendjemand aus der Dienerschaft wird etwas
ausplaudern, und bald kursieren die abenteuerlichsten Gerüchte. Ich dürfte eine
gute Ausrede brauchen.«
»Die
brauche ich auch«, sagte sie. »Um Mrs. Briggs meine unvorhergesehen lange
Abwesenheit zu erklären.«
»Schreiben
Sie ihr eine Nachricht, wenn wir in Twyford sind«, schlug Benedict vor.
»Sie müssen Ihre kranke Verwandte pflegen. Ich werde mich darum kümmern, dass
der Brief umgehend zugestellt wird. Was meine Ausrede anbelangt: Vielleicht
sollte ich erzählen, dass Peregrine auf die Idee gekommen ist, sich einer
umherziehenden Theatertruppe anzuschließen. Oder einem fahrenden Händler. Oder
vielleicht ist er gar dem Charme einer Zigeunertochter erlegen und ihr durch
die Lande gefolgt. Solchen romantischen Schwachsinn würden seine Eltern sofort
glauben.«
»Die beiden
scheinen Lord Lisle nicht sonderlich gut zu kennen, was?«, sagte sie.
»Selbst ich, die ich ihn erst seit wenigen Wochen kenne, würde Ihnen das nicht
abnehmen.«
»Mir
scheint es manchmal unwahrscheinlich, dass seine Eltern überhaupt an
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