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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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und der Freundlichkeit oder Habgier Fremder ab. Selbst Ihre Tochter
– der kleine Satansbraten – wird nicht so schnell vorankommen, es sei denn, sie
führe in der Postkutsche. Um sich das leisten zu können, müsste sie aber zuvor
unter die Straßenräuber gehen. Doch da auch die Straßenräuberei gelernt sein
will, bezweifle ich, dass sie binnen so kurzer Zeit ein Opfer findet, das fette
Beute verspricht.« Mrs. Wingate sah ihn aus zornig verengten blauen Augen
an. »Wissen Sie eigentlich, Rathbourne, wie unausstehlich Sie sind, wenn
Sie diesen betont geduldigen, überheblichen Ton anschlagen?«
    »Unser
Problem ist, dass Sie müde und hungrig sind, Angst haben und zudem von einer
schmerzenden Hand geplagt werden«, erwiderte er. »Das Ganze wird noch
dadurch verschärft, dass Sie fest damit gerechnet hatten, die Angelegenheit
würde bald ein glimpfliches Ende finden, und diese Hoffnung nun enttäuscht sehen.
Folglich sind Sie im Augenblick viel zu verdrossen und mutlos, um der Wahrheit
ins Gesicht zu sehen, die da lautet, dass ich perfekt bin und somit gar nicht
unausstehlich sein kann.«
    Einen
Moment sah sie ihn sprachlos an, musterte ihn von oben bis unten. »Hat Ihre
Frau eigentlich jemals Dinge nach Ihnen geworfen?«, fragte sie dann.
    »Nein«,
sagte er und blinzelte irritiert – nicht nur, weil die Frage ihn überraschte,
sondern auch weil er versuchte, sich Ada vorzustellen, wie sie Dinge nach ihm
warf. Das wollte ihm beim besten Willen nicht gelingen.
    »Dann
dürfte sie wohl auch aus der Art geschlagen sein – so wie Lord Lisle«,
vermutete Mrs. Wingate. »Wenn ich mich recht erinnere, so meinten Sie, alle
Dalmays wären emotional überspannt gewesen. Und doch hat sie nie etwas nach
Ihnen geworfen.«
    »Nein, das
hat sie nicht«, bestätigte Benedict. »Wir haben uns auch nie gestritten.
Wie gesagt, wir waren einander wie Fremde.«
    »Dann kann
sie längst nicht so emotional gewesen sein, wie Sie behaupten«, befand
sie. »Vielleicht kam sie Ihnen nur so vor – verglichen mit Ihnen. Leichte
Gefühlsäußerungen oder ein Mangel an stringenter Logik müssen einem Mann, der
stets so beherrscht und vernünftig ist wie Sie, ungeheuerlich erscheinen.«
    »Es gab einmal eine Zeit, da ich tatsächlich meinte, mein Leben unter
Kontrolle zu haben«, sagte er. »Mittlerweile habe ich einen verschwundenen
Neffen, einen ausgewachsenen Skandal, der wie eine schwarze Gewitterwolke am
Horizont dräut, und Sie.«
    Und die
ungeheuerliche Wahrheit war, dass er sich bestens amüsierte.
    Ungeheuerlich
war auch, dass er geradezu froh war, die Kinder noch nicht gefunden zu haben.
    Es war
verantwortungslos und verrückt, derlei zu empfinden. Alles, was Benedict am
meisten bedeutete, war in Gefahr. Das wusste er wohl. Nicht einen Augenblick
vergaß er die am Horizont dräuende Gewitterwolke.
    Aber es war
ziemlich lange her, seit er zuletzt eine Dummheit begangen hatte. Er hatte
vergessen, wie anregend das sein konnte.
    »Lady
Rathbourne muss von wahrhaft stoischem Wesen gewesen sein«, schloss Mrs.
Wingate. »Nur so ließe sich erklären, dass sie sechs Jahre mit Ihnen
verheiratet sein konnte, ohne jemals etwas nach Ihnen zu werfen.«
    »Eine
Dalmay von stoischem Wesen halte ich für ebenso unwahrscheinlich, als dass mir
gleich Flossen wachsen«, entgegnete er. »Wenn Sie unbedingt mit mir über
meine verflossene Gemahlin oder meine angeheiratete Verwandtschaft streiten
wollen, könnten wir es dann vielleicht beim Frühstück tun?«
    »Ich habe
keinen Hunger«, meinte sie und fuhr sich mit der Hand durch ihre
zerzausten Locken. »Ich bin viel zu aufgewühlt, um hungrig zu sein.«
    »Wenn wir
keine Pause machen, um zu essen und zu schlafen, kann auch Thomas weder essen
noch schlafen«, sagte Benedict.
    Ihr Blick
wanderte zu dem Lakaien, der sich gerade mit einem der Stallburschen
unterhielt. Sie runzelte die Stirn.
    »Er ist
seit mehr als vierundzwanzig Stunden wach«, fuhr Benedict fort und
attackierte erbarmungslos ihr Gewissen. »Seit wir London vor zwölf Stunden
verlassen haben, hat er kaum etwas gegessen. Er musste unterwegs auf dem
unbequernsten Platz ausharren. Er hat sich tapfer mit betrunkenen Rüpeln geschlagen.
Er ...«
    »Ja, ja,
schon gut, ich habe verstanden«, unterbrach sie ihn. »Eine Stunde.«
    »Zwei«,
sagte er.
    Sie schloss
die Augen.
    »Vielleicht
wären drei Stunden besser«, überlegte er laut. »Wollen Sie etwa ohnmächtig
werden?«
    »Ich werde
nicht ohnmächtig«, sagte sie und öffnete die Augen

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