Loretta Chase
wäre es mir ein Vergnügen, eventuelle
Mängel zu beheben.«
»Das war
nicht, was ich meinte«, sagte sie. »Ich meinte, dass Sie ein Mann sind und
der Liebesakt Ihnen nichts bedeutet. Bei mir ist das anders. Ich kann mich
nicht einfach umdrehen und einschlafen, schon gar nicht, wenn meine sorgsam
eingerichtete Welt um mich her in Stücke geht – und ich weiß, dass ich
niemandem außer mir selbst die Schuld dafür zu geben habe.«
Es folgte
kurzes Schweigen, dann meinte er: »Vielleicht sollte ich Sie daran erinnern,
dass es dazu immer zweier bedarf. Ich habe auch keinerlei Anstrengung
unternommen, mich Ihrem raffinierten Tun zu verweigern.«
Sie rief
sich in Erinnerung, was sie getan hatte: ihrem unwiderstehlichen Impuls nachgegeben,
den kleinen Wassertropfen von seinem Kinn zu lecken. Hätte sie eine noch
offensichtlichere Einladung aussprechen können?
Sie sollte
ihr Gesicht in Scham und Schande verbergen, aber sich zu schämen entsprach
nicht ihrem Wesen.
»Nein, das
haben Sie nicht«, sagte sie. »Sie haben überhaupt keinen Widerstand
geleistet.«
»Mit meiner
Moral scheint es betrüblicherweise nicht weit her zu sein«, stellte er
fest.
»Das stimmt
allerdings«, meinte sie und ließ die Hand über seine Brust wandern. »Was
mir natürlich viel lieber ist. In Ihren Kreisen wird man indes fürchterlich
enttäuscht von Ihnen sein. Sie können sich gewiss denken, was man sagen wird,
nicht wahr?«, fuhr sie erbarmungslos fort. Wenn sie sich den Tatsachen
nicht stellte und sie laut aussprach, würde sie sich hoffen lassen. Hoffen auf
mehr. Darauf, dass alles gut würde – obwohl sie doch wusste, dass es nur
schlecht enden konnte. »Man wird sagen, dass ein Mann von Ihrem tadellosen
Charakter einer gewöhnlichen Dirne hätte widerstehen müssen.«
»Sie sind
keine gewöhnliche Dirne«, sagte er betont ruhig.
»Schön.
Dann eben eine ungewöhnliche Dirne.«
»Bathsheba«,
sagte er.
Der Klang
ihres Vornamens in seinem tiefen Bariton überraschte und berührte sie zutiefst,
doch längst nicht so sehr, wie die Wut, die sie in seinen dunklen Augen
schwelen sah.
»Niemals
ließe ich zu, dass irgendjemand dich so nennt«, sagte er. »Das gilt auch
für dich.«
Er nahm
ihre Hand, hob sie an seine Lippen und küsste sie. »Hör auf, solchen Unsinn zu
reden«, bat er, ließ ihre Hand wieder auf seine Brust sinken und legte
seine darauf.
Seine Hand
war groß und warm, und die Geste allein beruhigte sie schon. Erst da bemerkte
sie, dass ihre Hand überhaupt nicht mehr wehtat.
»Meiner
Hand geht es besser«, sagte sie, leicht verwundert.
»Das liegt
daran, dass deine Körpersäfte sich wieder im Gleichgewicht befinden«, klärte er
sie auf. Dann sah er beiseite und zum Bett hinüber. »Wie bequem es
aussieht.« Er runzelte die Stirn. »Und wie hart der Boden doch ist.«
»War Ihr
Bett denn nicht bequem?«, fragte sie ihn. »Wo haben Sie überhaupt
geschlafen?«
Nun endlich
ließ er sie los, und sie richtete sich auf. Als auch er
sich aufsetzte, ließ sie ihren Blick über ihn schweifen: Meile um Meile
nackten, muskulösen Mannes. Eine Zeit lang hatte er ganz ihr gehört. Sie sollte
zufrieden sein, doch schon wurde sie abermals von Verlangen überkommen – wie
ein junges Mädchen, das zum allerersten Mal verliebt ist.
Oh, dafür
würde sie teuer bezahlen müssen!
»Nebenan«,
sagte er. »Ich habe geschlafen und ein Bad genommen.« Er verzog das
Gesicht. »Ein kleines Bad. Zumindest bin ich nicht schmutzstarrend zu dir
gekommen – was nicht heißen soll, dass ich vorhatte, dich zu verführen. Oder
mich verführen zu lassen.« Sein dunkler Blick glitt über sie, verharrte auf
ihren Brüsten, von wo sich eine lodernde Spur geradewegs hinab bis in ihren
Bauch brannte.
Hastig
stand sie auf.
Auch er
wandte sich ab und griff nach seinem Hemd. »Ich hatte gedacht, Sie würden noch
schlafen«, erklärte er. »Ich wollte mich unter dem Bett verstecken. Aber
dann standen Sie da, erhoben sich wie Venus aus den Fluten – und ich würde gern
hinzufügen, dass Botticellis Venus Ihnen bei Weitem nicht das Wasser reichen
kann.« Er zog sich das Hemd über den Kopf und stand auf.
Man sollte
meine, sie hätte nie zuvor ein Kompliment zu hören bekommen. Da half es gar
nichts, dass sie sich in Erinnerung rief, dass sie zweiunddreißig Jahre alt war
und ein Kind geboren hatte, denn sie errötete – genau wie das unschuldige
Mädchen, das sie nicht mehr war, und in ihrem Herzen tanzte etwas, das sich
verdächtig nach
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