Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loriot - Biographie

Loriot - Biographie

Titel: Loriot - Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Lobenbrett
Vom Netzwerk:
startete, war Vicco von Bülow längst wieder in sein normales Leben zurückgekehrt. Im September 1962 war die erste Nummer des Satiremagazins Pardon erschienen, herausgegeben von seinem Verleger einiger früher Bücher, Hans A. Nikel, der sich dafür der Unterstützung einiger alter Weggefährten versichern konnte. So wirkten am ersten Heft Erich Kästner, Hans Magnus Enzensberger und eben auch Loriot mit. Er gestaltete immerhin das allererste Cover. Es war knallrot, was sicher auch politisch zu verstehen war, darauf ein gezeichnetes Knollennasenmännchen, das ein Blumenbukett in die Höhe hält, in dessen Mitte an einer dicken Bombe schon die Lunte brennt. Ein Freundschaftsdienst war dies, denn das Honorar dürfte eher knapp ausgefallen sein. Haupteinnahmequellen waren weiterhin die Cartoon-Seiten in der damals sehr populären Illustrierten Quick , die Dauerserie »Reinhold das Nashorn« im Stern sowie einige Werbekampagnen.
    Diese wurden zu Beginn der 1960er-Jahre immer zahlreicher, äußerlich noch im bieder-betulichen Stil der Wirtschaftswunderjahre gehalten. Aber drinnen versteckt, da fand jeder, der wollte, schon den feinen, staubtrockenen Witz, der später vor allem auch die Fernsehsketche Loriots prägte. So etwa bei einer Anzeigen-Kampagne für den Fotoapparat Agfa Isomat Rapid, zu der er einige Zeichnungen anfertigte, die er mit launigen Beschreibungen untertitelte. Auf einem sieht man einen aufgebrochenen Safe, links davon steht ein knollennasiger Einbrecher, der die Fotokamera nach rechts ausrichtet, wo fünf Polizisten, ebenfalls knollennasig, samt Hund in Pose gegangen sind. Darunter steht: »Tresorspezialist Paul W. (Hannover) bevorzugt immer wieder die ISOMAT-RAPID , wenns mal schnell gehen muß.«
    Laut dem bekannten Werbetexter Reinhard Siemes folgten die meisten seiner diesbezüglichen Zeichnungen dem Chaosprinzip, wonach die Ordnung zerstört wurde und erst durch das beworbene Produkt wieder ins Gleichgewicht kam. Zum Beispiel in der Werbung für ein Bier. Ein Mann steht da mit einer Motorsäge in der Hand und blickt auf sein Haus, das unter dem mächtigen, offenbar gerade gefällten Baumstamm begraben liegt. Darunter steht nur: »… und jetzt ein Bier … ein Paderborner.« Dieses Prinzip erkannte Siemes in Loriots Werk, über ebenjene Werbung bis in die späteren Filme, als den hindurchschimmernden roten Faden. Denn: »Perfektionisten haben einen viel schärferen Blick für Dinge und Situationen, die nicht so sind, wie sie sein sollten. Loriots konstruierte Missgeschicke, vor allem die reduzierte Form, befanden sich im wunderbaren Widerspruch zum ›Mief‹ der 1950er-Jahre.« [77]
    Dabei kam dem Zeichner entgegen, dass die Firmen einerseits weg wollten »von retuschierten Genießergesichtern in Cocktailsesseln oder zementartigen Produktbildern«, wie Siemes weiter schrieb, und zugleich noch selbstironisch und inhaberzentriert genug waren, dass der schräge Witz von Loriot für ein paar Jahre die deutsche Werbelandschaft mitprägen konnte. Was etwas später so nicht mehr möglich gewesen wäre. Auch zahlten Werbekunden ungleich besser als die seinerzeit schon sehr kostenbewussten Zeitschriften- und Buchverlage. So gab es in jenen Jahren fast nichts, für das Loriot nicht werbezeichnete: Weinbrand (»Scharlachberg«), Ozeandampfer (»MS Bremen«), Deodorant (»8×4«) oder Vollmilchschokolade (»auto-cola«).
    Noch ein anderes Projekt überdeckte die Filmarbeiten mit Wicki und Co. Anfang der 1960er-Jahre nämlich kaufte Vicco von Bülow ein Grundstück in Ammerland, eine kleine, sehr abgelegene und nur über schmale Zufahrtsstraßen zu erreichende Gemeinde am Starnberger See. Sehr ruhig, auch heute noch, wo die Gegend mitunter schon recht überlaufen ist – damals war es sicher ein kleines Paradies. Vicco von Bülow zeichnete selbst die Entwürfe zu seinem Traumhaus, ein Jahr dauerte das, bevor der Ammerländer Architekt Sepp Böck mit der Umsetzung beginnen und ehe die gesamte Familie im Herbst 1963 einziehen konnte.
    »Möge mir das Streben nach irdischem Besitz, diese bedenkliche Schwäche eines sozialkritischen Zeichners, dereinst verziehen werden«, schrieb er zu diesem Hausbau. [78] Im Alter von 40 Jahren war Vicco von Bülow endlich sesshaft geworden. Von hier sollte er auch nicht mehr fortziehen.

Der Zeichner Loriot
    In seinem »Hauptberuf«, dem des Cartoon-Zeichners, waren seit Ende der 1950er-Jahre eine klare Handschrift und auch ein thematisches Profil erkennbar. Es sind die

Weitere Kostenlose Bücher