Lost Land, Der Aufbruch
undwinkte dem Tier mit hocherhobenen Armen zu. Sofort änderte das Rhinozeros die Richtung und stürmte direkt auf sie zu. »Komm schon!«, rief sie Benny zu und rannte dann von dem umgestürzten Baum weg.
»Was hast du vor?«, schrie er panisch, begriff es aber im nächsten Augenblick. Nix sprintete zehn Meter über offenes Gelände auf eine Reihe massiver Eichen zu, die das Nashorn unmöglich umstürzen konnte. Er drehte sich um und wollte Chong über den Stamm ziehen, damit sie Nix folgen konnten, aber Chong war nicht mehr da. Benny sah nur noch, wie er statt auf die Eichen auf eine Gruppe von Kiefern zulief.
»Chong, nein! Nicht dahin!«
Das Nashorn verfiel in einen langsamen Trab, schaute von Benny zu Nix und dann zu Chong. Nix verschwand hinter dem Stamm einer gewaltigen Eiche. Benny war noch immer zum Teil von den massiven Wurzeln der gefällten Platane verdeckt. Chong dagegen hatte ein längeres Stück zu laufen, und der einzige Schutz, der sich ihm bot, waren die Kiefern. Er konnte sich hinter ihren buschigen Ãsten verstecken, aber ihre weichen Stämme würden keine zwei Sekunden Widerstand bieten.
Das Nashorn stürmte hinter Chong her.
Benny kam hinter der Platane hervor und schrie und winkte, wie Nix es zuvor getan hatte. »Hey, du hässliches, fettes Monster! Hierher!«
Aber falls das Tier ihn gehört hatte, kümmerte es sich nicht darum. Die Jagd auf Chong war einfacher und versprach eine sichere Beute. Es preschte weiter hinter Chong her und zertrampelte Heidelbeersträucher und Schösslinge mit seinen gewaltigen Hufen.
Benny erreichte die Eiche, hinter der Nix stand, und rannte zusammen mit ihr weiter. Seite an Seite sprinteten sie die alte Eichenallee hinunter und auf eine Lücke zu, die entweder auf einen Feldweg oder eine alte Feuerschneise zuführen konnte. Benny zeigte im Laufen nach vorn und Nix nickte. Es bestand die Chance, an der letzten Eiche nach links abzubiegen und durch die Lücke in das Kiefernwäldchen zu laufen. Benny hoffte, dass sie von hinten zu Chong aufschlieÃen und lange genug stehen bleiben konnten, um ihn zur Vernunft zu bringen und mit ihm zusammen zurück zu den Eichen zu laufen.
An der Lücke zwischen den Bäumen hielten sie einen Moment lang inne und sahen sich nach Tom und Lilah um. Dann entdeckte Benny die beiden, allerdings auf der anderen Seite des Nashorns. Lilah kletterte gerade auf eine Pappel.
Tom lief um den Baum herum und versuchte ebenfalls, das Tier von seinem Kurs auf die Kiefern abzulenken. »Hey!«, rief er. »Hierher!« Er sprang auf und ab und wedelte mit den Armen. Als er keine Reaktion erhielt, gab er einen Schuss in die Luft ab. Das wirkte. Rutschend kam das Nashorn zum Stehen und richtete seine wutentbrannten Augen auf sein neues Ziel. Benny hoffte, dass das Tier allmählich ermüden würde, weil es immer wieder einer anderen Beute hinterherjagte, aber dem Nashorn war nichts anzumerken.
»Es scheint wirklich rasend vor Wut zu sein«, meinte Nix.
Das Rhinozeros schnaubte angriffslustig, scharrte wie ein Stier mit den Hufen und preschte dann direkt auf Tom zu.
»Oh Mist«, sagte Benny, meinte aber nicht die Gefahr, in der sich Tom befand. Offenbar hatte Tom einen Plan. Tom hatte immer einen Plan. Nein, Benny nahm eine Bewegung bei denKiefern wahr und sah, dass Chong seine Deckung verlassen hatte, um nachzuschauen, was Tom und das Nashorn machten.
Das Nashorn zuckte kurz mit dem Kopf, als es Chong bemerkte.
»Das darf doch nicht wahr â¦Â«, setzte Benny an, sparte sich dann seinen Atem und fing an zu rennen.
Chong war zwar klüger als Benny, nutzte in seiner Panik aber seinen Verstand nicht. Nashörner unterschieden sich von Menschen, Katzen, Hunden und Jagdvögeln: Sie waren keine Raubtiere. Ihre unglaubliche Kraft und GröÃe diente in erster Linie ihrem eigenen Schutz. Und während die Augen von Raubtieren nach vorn gerichtet waren, befanden sich die von Beutetieren an den Seiten des Kopfes. Dank dieser Eigenschaft konnten sie in allen Richtungen sehen, ob sich ihnen etwas Bedrohliches näherte, aber in diesem Fall â¦
Wieder wirbelte das Rhinozeros herum und rannte auf Chong zu, der laut aufschrie, auf dem Absatz kehrtmachte und zurück zu den schützenden Kiefern lief.
»Warum rennt es bloà immer wieder hinter Chong her?«, wunderte sich Nix.
»Weil er immer wieder zu diesen Kiefern rennt«,
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