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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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die
Speisekarte der Kellnerin, die eben ein großes Bier und einen kleinen
gespritzten Apfelsaft auf den Tisch mit dem rot-weiß karierten Tischtuch
stellte. Professionell lächelnd wartete sie auf Valentinas Bestellung.
    »Für mich nichts, danke.«
    Die Kellnerin nickte, dann entfernte sie sich vom Tisch und gab
Zirners Bestellung an die Küche weiter.
    »Liegt dir Bauer noch immer im Magen?«
    »Ich habe schon gegessen. Türkische Pizza.«
    Zirner kniff die Augen zusammen und fixierte Valentina. »Burak? Du
solltest die Finger von ihm lassen. Das habe ich dir schon mal gesagt. Wenn
jemand erfährt, dass du dich mit den Ganoven einlässt, steckst du mittendrin im
Wiener Sumpf. Deine weiße Weste kannst du dann vergessen.«
    »Ich lasse mich nicht ein mit ihm.«
    »Hör auf. So läuft das nicht. Wenn Burak etwas für dich tut, ist er
entweder dir einen Gefallen schuldig gewesen oder du bist es jetzt ihm. Also?«
    »Kleine Nettigkeit unter Mirgantenkindern, mehr nicht.«
    »Meinetwegen. Und was kam dabei heraus?«
    »Er ist dran und meldet sich spätestens morgen früh. Und was ist bei
dir? Was von den Medizinern?«
    »Deine Vermutung in Richtung Verwandtschaft könnte stimmen«, sagte
Zirner so beiläufig, als würde er einen Aperitif mit Olive bestellen.
    »Was? Und das sagst du erst jetzt? Was heißt das? Wie verwandt?
Genetisch?«
    »Nein. Es ist vielmehr eine merkwürdige Parallele.«
    »Was für eine Parallele?«
    »Alle Frauen hatten Ohrlöcher, aber keine trug Ohrringe. Entweder
sie hatten sie selbst abgelegt, oder der Täter hat sie ihnen entfernt, um
persönliche Merkmale zu tilgen. Ich tippe auf Letzteres.«
    »Und?«
    »Bei der Untersuchung der Ohrlöcher wurde hinter dem rechten Ohr
aller drei Opfer eine kleine Gemeinsamkeit festgestellt.«
    Valentina fasste sich instinktiv an ihr eigenes Ohrläppchen. Auch
sie hatte Ohrlöcher. In Italien trugen die Mädchen bereits Ohrringe, bevor sie
laufen konnten. Valentina hatte lange keine mehr angezogen. Nur heute Morgen,
bei der Pressekonferenz, hatte sie welche getragen. Die Ohren schmerzten jetzt
noch davon, sie waren es nicht gewohnt.
    »Erst dachten sie, es seien Muttermale. Aber dann erkannten sie,
dass es sich um kleine Tätowierungen handelt. Es sind drei Punkte, die sich im
Winkel eines gleichschenkligen Dreiecks befinden«, sagte Zirner.
    Valentina sagte nichts. Sie spürte, wie ihr flau wurde.
    Auch sie hatte drei Punkte hinter dem rechten Ohr.
    Man hatte sie ihr direkt nach dem Mord an Nonno Elio gestochen. Als
kleines Mädchen hatte sie ihre Mutter mehrmals gefragt, was sie zu bedeuten
hatten. Ihre Mutter hatte sie stets damit vertröstet, dass sie es schon
erfahren werde, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen sei. Und sie hatte jedes
Mal dabei entrückt gelächelt und Tränen in den Augen gehabt. Wie eine Irre, die
sich aufs Schafott freute.
    Irgendwann hatte Valentina es aufgegeben, nach der Bedeutung der
drei Punkte zu fragen. Als sie zwölf war, hatte sie es einmal gewagt, Don
Bernardo darauf anzusprechen. Der hatte etwas von Dreifaltigkeit gesagt und
eine theologische Abhandlung daraus gemacht. Ein klares Ablenkungsmanöver, das
Valentina mehr als deutlich machen sollte, dass es nicht an der Zeit war,
danach zu fragen. Aber jetzt war der Zeitpunkt gekommen, das war eindeutig.
Jetzt musste Valentina wissen, was es mit den drei Punkten auf sich hatte. Aber
wen konnte sie einweihen? Wem durfte sie verraten, dass auch sie diese
Tätowierung hinter ihrem rechten Ohr besaß? Wenn überhaupt einem, dann Zirner.
Aber sie traute sich nicht.
    »Seltsamer Schuppen, findest du nicht?«, fragte Zirner, nachdem er,
Valentina stumm zuprostend, den ersten Schluck seines Biers getrunken hatte.
    »Wieso? Eine ganz normale Pizzeria.« Valentina war froh, dass das
Thema vorerst von den Tattoos abgekommen war.
    »Ich finde sie untypisch, überhaupt nicht italienisch«, befand
Zirner.
    »Wir sind hier auch nicht in Napoli, sondern in Wien. Der Migrant
soll sich doch integrieren.«
    »Höre ich da etwa alte Verletzungen heraus?«
    Valentina zuckte mit den Schultern. »Ich bin hier aufgewachsen,
Brünner Straße 188, im Gemeindebau. Wusstest du das nicht?«
    »Ehrlich gesagt habe ich nur deine offiziellen Stationen ab der
Matura durchleuchtet. Alles andere geht mich nichts an. Datenschutz und Achtung
der Persönlichkeitsrechte.«
    »Ich glaube dir kein Wort, du Heuchler. Du weißt mehr von mir, als
du zugeben darfst. Du hast mich doch nicht nur auf den Posten gesetzt,

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