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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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weil ich
in Linz ein paar Erfolge zu verzeichnen hatte. Ein Profiler, der von seiner
designierten Nachfolgerin kein Profil erstellt? Willst du mich verarschen?«
    »Gehört zur Profilerstellung die Vergangenheit eines Menschen
unbedingt dazu?«
    »So haben wir es gelernt.«
    »Verrät nicht das momentane Handeln viel mehr über eine Person als
die Vergangenheit? Ich finde, dass wir zu oft in der Vergangenheit kramen und
darüber die Gegenwart vergessen. Ein leidiges Thema der Geschichtswissenschaft.
Lies drei verschiedene Geschichtsbücher aus verschiedenen Epochen und Ländern,
und du wirst drei verschiedene Landkarten Europas entdecken. Welche führt dich zum
wahren Rom?«
    »Ich weiß. Und trotzdem können vergangene Quellen von Bedeutung
sein.«
    »Spekulation. Nimm nur die vier Evangelisten. Hat es sie wirklich
gegeben? Oder hat sich ein phantasiebegabter Autor die vier Unterautoren
ausgedacht, die uns das Evangelium in ihrem Stil nähergebracht haben?«
    »Quattro Stagioni«, sagte die Kellnerin und stellte Zirner die Pizza
vor die Nase.
    »Direkt aus dem Kühlfach«, sagte Valentina. »Matthäus, Markus,
Lukas, Johannes.« Sie deutete nacheinander auf die vier unterschiedlich
belegten Pizzaecken.
    Zirner lächelte schal und machte sich an der Ecke mit den
Champignons zu schaffen.
    »Vier Jahreszeiten, vier Evangelisten, drei Morde. Es wird noch
einen vierten geben, da bin ich mir sicher«, sagte Valentina und zupfte sich am
rechten Ohrläppchen. »Die Zeitabstände zwischen den ersten drei Morden lassen
eine solche Spekulation zu. Es ist eine Zahlenkette. Ich glaube, dass er den
Rhythmus einhalten und in vier Tagen wieder zuschlagen wird. Er braucht eine
gewisse Ästhetik und ein Gleichgewicht. Die Opfer sind immer geschminkt und wie
in einer Galerie ausgestellt. Nie finden wir sie im Freien, immer in
geschlossenen, vierwändigen Räumen. Alles strebt auf die Zahl Vier zu. Die
Quadratur des Kreises.«
    »Warum nicht drei? Die Dreifaltigkeit ist auch eine in sich
geschlossene Einheit. Anfang, Mitte, Ende. Die Dramaturgie des Dramas seit
Aristoteles. Außerdem, denk an die Tätowierung. Es sind drei Punkte.«
    »Dann ist die Geschichte bereits aus und erzählt?«
    »Vielleicht ist sie das auch? Jedenfalls für uns, wenn wir Bauer
nicht mehr Greifbares und weniger Phantastisches bieten.«
    »Überall taucht die Vier an den Fundorten auf, wenn man genau
hinsieht«, beharrte Valentina.
    »Wo denn?«
    »Sieh her. Das Karo der Tischdecke ist viereckig, hier haben wir den
ersten Kopf auf einem viereckigen Tablett serviert bekommen. Der Täter hätte
auch ein rundes wählen können.«
    »Vielleicht war kein rundes zur Hand?«
    »Jeder Teller ist rund. Wenn ihm nach Kreis wäre, hätte er einen
Teller gewählt. Er gibt sich solche Mühe im Detail, dass er den Frauen sogar
die Wimpern tuscht, da wird nichts dem Zufall überlassen.«
    Zirner brummte und kaute an der Artischockenecke seiner Pizza.
    »Und die ›Bounty‹ war nicht nur eine Kneipe, sondern gleichzeitig
ein Spielsalon. Auf einem der Fenster sind noch immer die vier Farben des
Kartenspiels aufgeklebt: Pik, Herz, Kreuz, Karo. Und die Symbolik der
Spielkarten brauche ich dir wohl nicht zu erläutern.«
    »Dann wären wir jetzt wohl bei Kreuz angelangt. Zumindest ist der
Fall ein Kreuz«, sagte Zirner bitter.
    »Das Kreuz steht für die Vier. Das Karo, das noch fehlt, ist
ebenfalls mit vier Ecken besetzt.«
    »Und was ist mit Herz und Pik?«
    »Das menschliche Herz hat zwei Vorhöfe und zwei Kammern. Das macht
vier Räume. Und Pik dehnt sich in alle vier Himmelsrichtungen aus.«
    »Vielleicht hast du recht. Aber denk daran: Wenn man selbst
schwanger ist, sieht man nur noch Schwangere. Der eigene Fokus versperrt einem
oft die Sicht.«
    »Ich weiß, aber irgendwo muss ich doch anfangen. Kann ich das Stück
mit den Oliven haben?«
    »Erinnern sie dich an deine Heimat?«
    »Bestimmt kommen sie aus Griechenland. Außerdem ist meine Heimat
hier«, sagte Valentina und stibitzte sich die Ecke mit den Oliven.
    Bevor sie das Pizzastück in den Mund schieben konnte, klingelte ihr
Handy.
    »Burak?«, fragte Zirner.
    Valentina nahm den Anruf entgegen, ohne ihm zu antworten.
    »Hallo?« Sie horchte ins Telefon, dann schüttelte sie den Kopf,
stand vom Tisch auf und entfernte sich ein Stück, um in Ruhe telefonieren zu
können. »Woher haben Sie meine Nummer? … Danke, das ist nett. Aber ich habe
keine Zeit … Wie wollen Sie mir dabei helfen? Sind Sie Polizist? …

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