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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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einen Cache hier suchen, um das Prinzip mal erprobt zu haben.«
    »Wo wollten Sie denn hin?«, fragte Adler.
    »Marokko«, antwortete Valentina, ohne rot zu werden. Das Stichwort
hatte sie sich von einem Reiseführer genommen, den die Frau am Nebentisch vor
sich liegen hatte.
    »Scheint im Trend zu liegen«, sagte Adler. Dann beugte er sich
leicht über den Tisch und flüsterte: »Die Frau am Tisch neben uns will auch
nach Marokko. Sehen Sie mal auf ihren kleinen Bücherstapel.« Er hob dabei
verschwörerisch die Augenbrauen.
    Valentina grinste verlegen. Sie wusste nicht, ob Adler sie nun
ertappt hatte oder ob er es tatsächlich so unschuldig meinte, wie er es sagte.
Er war ein verdammt guter Beobachter. Und Valentina wusste, dass sie sich sehr
gut verstellen musste, wenn er ihre Geschichte glauben sollte.
    »Haben Sie denn schon gebucht?«
    »Nein, ich wollte einfach hinfliegen und spontan entscheiden.«
    »Dann entscheiden Sie sich jetzt doch spontan einfach gegen Marokko
und für unser Projekt.«
    »Mein Problem ist, dass ich meine Wohnung für die Zeit schon
untervermietet habe«, erfand Valentina. In ihre Wohnung konnte sie nicht
zurück. Ihr Problem jetzt zu Adlers zu machen, fand sie clever.
    »Sie könnten bei einer meiner Studentinnen für die Zeit einziehen.
Nicola, Sie haben sie bereits kennengelernt. Sie sucht eine Mitbewohnerin,
jedenfalls hat sie das gesagt. Ihre Wohnung sei ihr alleine zu teuer.«
    Valentina verdrehte innerlich die Augen. Nicht weil sie auf die
kokette Nicola auch verzichten konnte, sondern weil Adler den Wink des Mädchens
nicht verstanden hatte, dass sie allein lebte, sozusagen ungestört. Manchmal
standen Männer schon sehr auf dem Schlauch. Adler traute sie aber auch zu, dass
er es absichtlich überhört hatte und es ihm jetzt ganz recht war, der
offensiven Studentin einen Malefizstein in den Weg zu legen.
    »Sie sind nie um eine Antwort verlegen, was?«
    »Lösung. Es geht nicht um Antworten, sondern um Lösungen.« Adler
lächelte, und es wirkte eitel. Aber er konnte sich diese Eitelkeit erlauben. Er
sah gut aus und war smart. Ein Heuchler, wer da nicht hin und wieder seiner
Eitelkeit erlag.
    »Gut. Ich bin dabei. Wenn Ihre Studentin mit einer wie mir
zusammenleben will, bin ich einverstanden«, sagte Valentina.
    »Ich werde es ihr schonend beibringen. Es geht um gute Zensuren, da
schlägt man einem Professor nichts ab. Außerdem glaube ich, dass sie sich gut
verstehen werden.«
    Er zückte einen kleinen Notizblock, klickte einen Kugelschreiber in
Schreibmodus und kritzelte etwas auf das oberste Blatt. Dann riss er es ab und
reichte es Valentina.
    »Das ist die Telefonnummer von Nicola Simon. Sie wohnt in der
Porzellangasse 4. Reiches Elternhaus. Und nicht nur das. Beide Eltern sind
Psychologen. Beinharte Freudianer. Also viel Spaß.« Sein Grinsen war sehr
breit, und Valentina war sich sicher, dass Tom Sawyer genauso gegrinst hatte,
als er sich von den Jungs seiner Kleinstadt dafür hatte bezahlen lassen, dass
sie ihm den Gartenzaun von Tante Polly anstreichen durften.
    »Der Kuchen ist schon bezahlt. Ich muss leider los. Bis bald.« Adler
stand auf und reichte Valentina die Hand. Sie erhob sich ebenfalls und
erwiderte die Verabschiedung.
    »Marokko«, sagte Adler zu der Frau am Nebentisch. »Wer einmal in
Casablanca war, will nie wieder von dort weg.« Er drehte sich noch einmal zu
Valentina um, zwinkerte ihr zu und verschwand dann auf der Rolltreppe abwärts.
    Die Frau vom Nebentisch blickte sie irritiert an. Valentina zuckte
mit den Schultern und machte sich über den Apfelstrudel her. Mit Vergnügen sah
sie, dass Adler seinen kaum angerührt hatte, und zog ihn zu sich herüber, um
ihn im Anschluss an den ihren ebenfalls zu verspeisen.
    * * *
    Alberto legte den Bildband weg und griff sich einen anderen.
Kunst interessierte ihn überhaupt nicht. Aber das Bistro der Buchhandlung
grenzte an die Kunst- und Fotografie-Abteilung; also blieb ihm nichts anderes
übrig, als sich hinter diesen Büchern zu verschanzen, während er mit einem Auge
Valentina im Blick hatte. Jetzt hatte er einen Wälzer über Architektur im 20. Jahrhundert
vor sich auf den Knien liegen. Ihm gaben die Formen des modernen Hausbaus gar
nichts.
    Seine Familie stammte aus einem kleinen Dorf in der Nähe von
Palermo, aufgewachsen war er aber in einer Eisdiele in Duisburg. Mit sechzehn
war er bereits in Zampas Bande gewesen, um den anderen Eisdielen und Pizzerien
Duisburgs Schutz zu gewähren. Es machte

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