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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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nicht sicher, wie viel die Information wert
war. Er wollte nicht unverschämt wirken, schließlich war Parizek ein wichtiger
Kunde, mit dem er es sich nicht verscherzen wollte. Aber er wollte seine Ware
auch nicht unter Wert verkaufen. Es war nicht einfach, Kunst zu wägen. Ihm war
es immer schleierhaft gewesen, wie ein Bild zehn Millionen kosten konnte,
während ein anderes keinen Cent wert war. Aber so war es nun mal. »Behauptung
ist alles«, sprach er sich Mut zu und entschied sich für zweitausend. Er
steckte sich zufrieden eine Zigarette zwischen die Lippen, zündete sie an und
inhalierte. Dann pustete er Nebel gegen Nebel. Der Zeiger der Uhr sprang auf
die Zwölf. Zeit für das Kunststück.
    Aus dem Nebel tauchte ein Schatten auf. Er trug einen langen Mantel
und hatte ebenfalls den Kragen aufgestellt. Der Schatten näherte sich Amre. Er
schien ihm kleiner als Parizek. Aber vielleicht wirkte Parizek jetzt auch nur
so klein, weil Amre sich so groß fühlte?
    Er konnte den Gedanken nicht zu Ende führen, weil eine der beiden
Hände, die sich in den Taschen des Schattenmantels befanden, herausschoss und
ihm mit einem gezielten Schlag den Kehlkopf zerschmetterte. Um nichts dem
Zufall zu überlassen, folgte die zweite Hand, und mit vereintem Know-how
drehten die beiden Hände Amres Kopf mit einem Ruck nach rechts, sodass sein
Genick brach.
    Die Hände packten den weißen Kragen Amres und zogen ihn an die Mauer
der U-Bahn-Station. Dort drapierten sie den Toten so, dass es den Eindruck
erweckte, ein Betrunkener schlafe seinen Rausch aus. Die Hände gruben sich
wieder in die Taschen des Mantels, und der Schatten zog sich in den Nebel
zurück.
    * * *
    Parizek kämpfte gegen die Wirkung der Schlaftabletten an. Er
hatte sich einen Kaffee gebraut und wartete, bis das Telefon wieder klingelte.
Fünf Minuten nach drei war es so weit. Parizek nahm ab.
    »Gut. Den Rest erledigen wir.« Er legte das Handy auf den Tisch und
nahm stattdessen die Kaffeetasse. Mit einem kräftigen Schluck spülte er den
Kloß hinunter, der sich durch das angespannte Warten in seinem Hals gebildet
hatte.
    Amre hatte ihm gerade noch gefehlt. Früher oder später hätte es ihn
sowieso erwischt. Man konnte nicht allen dienen. Er würde ihn als klassisches
Milieuverbrechen verbuchen und rasch abheften. Falls es nötig sein sollte,
würde er irgendeiner Schwuchtel ein Eifersuchtsmotiv unterstellen und den Mord
an Amre sogar noch für andere Zwecke nutzen. Es gab einige Leute, die ein
öffentliches Coming-out noch immer scheuten; und mit ein wenig Phantasie ließ
sich ein Zusammenhang zwischen einem öffentlich keuschen Würdenträger und dem
ermordeten Stricher schnell knüpfen. Auch wenn sich die Affäre hinterher in
Luft auflösen sollte, ein Fleck würde auf der weißesten Weste bleiben. Und
manch einer zahlte lieber, als den Flurschaden eines öffentlichen
Imageverlustes hinzunehmen.
    Aber das war eine andere Sache. Im Augenblick lag die äußerste
Konzentration auf Valentina. Und Parizek hatte eine schwierige Aufgabe. Er
musste sie jagen und gleichzeitig schützen. Schmarotzer wie Amre, die sich aus
Informationshappen eine Story bastelten, um daran zu verdienen, schadeten der
Angelegenheit nur. Also musste er ausradiert werden. Und diesmal hatte Alberto
nicht gepatzt. Parizek konnte mit ihm zufrieden sein.
    * * *
    Alberto hoffte, dass Valentina den »Goldenen Spiegel« nicht
verlassen hatte, während er sich um Amre hatte kümmern müssen. Er war zwar
schnell gewesen, aber die Möglichkeit bestand dennoch.
    Er entschloss sich, in die Bar zu gehen, um nachzusehen. Er konnte
es sich nicht leisten, Valentina noch einmal entwischen zu lassen, denn die
Koordinaten der kommenden Caches kannte weder er noch Parizek. Nur Il Cervello
wusste die Richtung. Und er nahm sich die Freiheit, die Caches je nach
Situation und Entwicklung der Geschichte zu ändern, um flexibel auf Valentina
reagieren zu können.
    Der muskulöse Wirt tanzte hinter dem Tresen, während aus einer
Schneemaschine gespuckte weiße Flocken auf seinem geschorenen Schädel landeten
und dort zu chemischer Flüssigkeit schmolzen. Aus den Boxen klang
Skihüttenmusik. Die angeheiterten Männer sangen kräftig mit oder drückten sich
in den Plüsch der Ecken.
    Alberto konnte Valentina nirgendwo entdecken und wurde unruhig. Ein
bildhübscher Junge mit einer Caipirinha in der Hand prostete ihm zu, stieß sich
vom Tresen ab und steuerte in seine Richtung. Damit hatte er rechnen müssen. Er
hatte

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