Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
für sie beide.
In letzter Zeit hatte er jedoch keine solchen Anwandlungen verspürt.
Er steckte die Hand in die Tasche und zerknüllte den Brief, der sich darin befand. Robert war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, Pläne zu schmieden, verzweifelte Pläne. Und nun war seine ganze Mühe umsonst gewesen, weil eine Frau ihr Versprechen nicht gehalten hatte. Verdammt sollte sie sein und in der Hölle schmoren!
Doch dann wurde er von der exotisch anmutenden Fremden abgelenkt, die langsam an den Ständen vorbeiritt, damit jeder sie ausführlich betrachten konnte. Robert bemerkte, wie die Dorfbewohner sie beobachteten. Ihre Mienen waren argwöhnisch oder fragend, aber die Frau lächelte strahlend, als hätte sie keinen Funken Intelligenz im Leib.
Dann richtete sich ihr Blick nachdenklich auf die neue Schneiderin.
Die starrte mit der ganzen Feindseligkeit einer schlichten Frau zurück, die sich einer Schönheit gegenübersieht.
Also besaß Miss Rosabel trotz ihrer hausbackenen Sittsamkeit doch Verstand, im Gegensatz zu der Fremden. Robert warf einen kurzen Seitenblick auf die alten Männer, welche die Frau nach wie vor anglotzten. Offenbar hatte die Näherin mehr Grips als diese alten Kerle, die ihr Leben schon fast gelebt hatten.
Die Fremde ritt in die Mitte des Angers, auf dem eine Statue von Roberts Vorfahr Uilleam Hepburn stand. Er hatte
diese Ortschaft an der Furt des Flusses gegründet. Die Statue stand auf einer erhöhten Plattform, und dort glitt die Frau aus dem Sattel.
Natürlich. Robert hatte bereits mitbekommen, dass sie gern Aufmerksamkeit erregte.
Sie band die Zügel ihres Pferdes an den eisernen Ring, legte ihre Satteltaschen auf das hohe Podest und stieg dann selbst hinauf, so dass sie die Menge überschauen konnte. Die Dörfler scharten sich neugierig zusammen. Einen Moment sammelte sich die Fremde, berührte kurz das silberne Kreuz, das an einer Kette um ihren Hals hing, holte dann tief Luft und breitete ihre Arme weit aus. »Ihr guten Menschen von Freya Crags, erlaubt mir, mich Euch vorzustellen. Ich bin eine Prinzessin im Exil!«
Robert versteifte sich ungläubig. Ich hoffte, die Schweinereien kämen erst später, dachte er gereizt.
Hughina stieß verächtlich die Luft aus. »Ach du heiliger Bimbam!«
Hamish zog hastig das Ende des Ärmels über seinen Armstumpf. Der alte Haudegen hatte seine Schwächen, und schöne Frauen war die Größte. »Eh, eine Prinzessin! Wir haben einen guten Geschmack!«
»Allerdings, und ich wette, dass sie auch gut schmeckt!«, erklärte Gilbert.
Die alten Männer lachten kichernd, voller Freude über diese schillernde Abwechslung in ihrem sonst so gleichförmigen Leben.
Robert warf ihnen einen finsteren Blick zu. Ihr aufgeregtes Geplapper über diesen Menschenauflauf in der Mitte des Angers lenkte ihn ab.
Doch dann gab diese diebische Metze von Prinzessin noch eine weitere Ungeheuerlichkeit zum Besten. »Ich bin gekommen,
um Jugend, Schönheit und Freude in Euer Leben zu bringen!«
Roberts Kopf ruckte wieder zu dem königlichen Biest herum. Die Worte seines Adjutanten Waldemar fielen ihm ein, und sie klangen so deutlich in seinem Kopf, dass er fast glaubte, Waldemar würde neben ihm stehen und sie ihm ins Ohr flüstern. Das Schicksal liebt Euch, Hauptmann, denn es ist niemals eine Person grundlos in Euer Leben getreten. Ihr müsst nur rausfinden, welcher Grund das sein mag, und sie benutzen wie Instrumente, dann bekommt Ihr Euren Willen. Ihr werdet schon sehen!
Schlagartig wurde Robert klar, warum das Schicksal diese Frau in sein Dorf geführt hatte und welchem Zweck sie dienen würde. Ja, er würde sie wie ein Instrument benutzen, und sie würde tun, was er ihr befahl, weil sie keine Wahl hatte. Oh ja, er würde am Ende seinen Willen bekommen. Diese eiserne Entschlossenheit hatte er sich in der Armee angeeignet.
Gewappnet mit diesem unerschütterlichen Entschluss, ging Robert langsam durch die Menge zu der Statue, auf deren Podest die Prinzessin stand.
Am Ende würde der Gerechtigkeit doch noch Genüge getan werden.
2
Wenn du die sonnige Seite des Lebens nicht sehen kannst, dann polier eben die dunkle Seite auf.
DIE ALTEN VON FREYA CRAGS
P rinzessin Clarice Jayne Marie Nicole Lilly holte tief Luft und wartete, während die neugierige Menge sich um das Podest scharte.
Die Menschen starrten sie an, ruhig und abwartend. Sie sahen in ihren grauen oder braunen Gewändern recht trostlos aus. Hier und da sah Clarice zwar rotes
Weitere Kostenlose Bücher