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Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe

Titel: Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Geht es Ihnen gut? Hat er Sie verletzt?«
    »Nein, nein. Nun, ein bisschen, als er mich von sich stieß.« Miss Victorine rieb sich die Schulter. »Aber er wollte nicht, dass ich getroffen werde, weil Sie ihn wegpusten wollten.«
    »Mich wegpusten?« Was für eine ungewöhnliche Ausdrucksweise für eine Dame. Jermyn musste unwillkürlich lachen. Mühsam stand er auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung, ehe er das Messer auf den Tisch legte.
    Doch er merkte schnell, dass sein unbefangenes Lachen bei Amy nicht gut ankam. Sie sah ihn verächtlich und voller Abneigung an. »Wie fühlt man sich als Aristokrat, der eine hilflose alte Dame als Schutzschild missbraucht?«
    Tatsächlich schämte er sich ein klein wenig für diese Tat, aber das würde er dieser Amazone nicht auf die Nase binden. »Ich habe sie zur Seite geschubst, als Sie auf sie schossen.«
    »Sie stießen sie von sich, als Sie erkannten, dass ich Sie treffen würde«, entgegnete sie hitzig.
    »Das ist nicht wahr.« Er konnte nicht glauben, dass sie sein Handeln so missdeutete. »Haben Sie denn keinen Respekt vor Ihren Mitmenschen?«
    »Doch. Und daher werde ich Miss Victorine die Treppe hinaufhelfen, sie ins Bett bringen und ihr einen heißen Tee bereiten. Sie können hier sitzen bleiben und ... mit Ihrer Kette rasseln!« Den Arm schützend um die alte Dame gelegt, strebte Amy der Treppe zu.
    »Meine Liebe«, hörte er Miss Victorines ermahnende Stimme, »er hätte mir nie wehgetan. Er war immer so ein netter Junge.«
    Er sank schwer auf die Matratze. Als er jung war, hatten ihn trotz der Umstände tatsächlich alle als netten Jungen bezeichnet.
    Er hatte Miss Victorine immer gern besucht. Er liebte ihre Kuchen, hatte es gern, wenn sie sich Zeit für ihn nahm. Nie hatte er den Duft ihrer Lavendelsäckchen vergessen. Sie übte einen beruhigenden Einfluss auf einen Jungen aus, der von Ereignissen überrollt worden war, die er nicht begriff und auch nicht unter Kontrolle bekam.
    Er wusste nicht mehr, wann oder warum er nicht mehr zu Besuch gekommen war. Vermutlich lag der Grund dafür in den Wünschen eines Heranwachsenden - damals entdeckte er seine Vorliebe für die Jagd und zeigte mehr Interesse an Bällen, Frauen und Zigarren; die See, den Himmel, die Wolken und die Erde hatte er vergessen. Die ungezähmte Natur seiner Heimat war in all ihren atemberaubenden Einzelheiten vor seinem geistigen Auge aufgeblitzt, als Amy den Pistolenlauf auf ihn gerichtet und mit kühler, fester Stimme bis drei gezählt hatte. Sein ganzes Leben war vor ihm abgelaufen, und als er sich dieses einschneidenden Augenblicks entsann, begannen seine Hände zu zittern.
    Er wusste nicht, was in diesem verrückten Haus gespielt wurde, aber er verspürte nicht das Verlangen, in diesem elenden Keller zu verenden - zumal er einer offenbar leicht verwirrten alten Dame und einer jungen, unberechenbaren Frau ausgeliefert war, die ihm bittere Verachtung entgegenbrachte. Nein, er würde von hier fliehen.
    Mit diesem Vorsatz machte er sich an der Fußfessel zu schaffen.
    Im besten Schlafgemach widersetzte sich Miss Victorine nicht, als Amy ihr die Sonntagskleidung auszog und ihr in das verschlissene Flanellnachtgewand half. Die alte Dame zuckte zusammen, als sie die Arme über den Kopf streckte, damit Amy ihr das Gewand leichter anlegen konnte. Amy sah die blau verfärbten Prellungen an der Schulter, die Miss Victorine sich bei dem Sturz zugezogen hatte.
    In ihrer hitzigen Art wünschte Amy, dieser Unhold dort unten möge wenigstens so viel Anstand besitzen, dass er seine Tat bereute. Am liebsten würde sie ihm auch noch die Hände zusammenbinden und ihn so lange mit den Fäusten bearbeiten, bis er Reue zeigte oder bewusstlos wäre oder beides zusammen.
    Amys Schweigen ließ offenbar ihre Gedanken erahnen. Vielleicht kannte Miss Victorine die junge Frau auch einfach zu gut, denn sie sagte: »Amy, meine Gute, wissen Sie noch, als Pom Sie zu mir brachte? Sie waren bis auf die Haut durchnässt und völlig verdreckt.«
    »Natürlich weiß ich das noch.« Mit der Zange nahm Amy ein paar rot glühende Kohlen, legte sie in einen Bettwärmer und vertrieb damit die unangenehme Kälte aus den Laken.
    »Ich fragte Sie, woher Sie stammen, aber Sie drehten nur den Kopf zur Seite und wollten kein Wort sagen. Sie weigerten sich, mir etwas von Ihrem Land, Ihrem Titel oder Ihren armen Schwestern zu erzählen, die das Schicksal irgendwo hin getrieben hatte.« Miss Victorine tätschelte Amys Arm.
    »Ich

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