Lost Vampire - Das Ende der Welt
einmal an, dann rannte sie los.
Ohne einen weiteren Gedanken darüber zu verlieren, folgte er ihr. Der Kojote war schnell und bewegte sich mit spielerischer Leichtigkeit durch die zerklüftete Landschaft. Ever kletterte über versteinerte Baumstümpfe, hastete durch enge Schluchten und verschwand in kleinen Höhlen und Felsvorsprüngen, nur um weit voraus wieder aufzutauchen. Das Tier bellte und heulte und George war sich ziemlich sicher, dass Ever sich über ihn lustig machte.
Es brauchte nicht viel seiner Kraft, um mit der Tiergestalt Schritt zu halten. Mit seiner Geschwindigkeit machte er fünf Schritte für einen der ihren und selbst das Tempo des schnellen Vierbeiners änderte daran wenig. Schwerer war es, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Im Petrified Forest wimmelte es von Wildtieren, die nun aufgescheucht von Evers Umwegen zum Leben erwachten. Gerade wenn der Vampir sich sicher war, auf der Spur des Kojoten zu sein, entpuppte es sich nur als eine fremde Fährte und Ever tauchte weit von ihm entfernt auf.
George spürte das Leben durch seinen Körper fließen, wie es ihm in den letzten Jahren fremd geworden war. Als Vampir brauchte er höchstens einen Bruchteil seiner Kraft, um bequem sein Dasein zu bestreiten. Die wilde Hetzjagd mit Ever hingegen öffnete lang verschlossene Türen und mit jeder Sekunde schärften sich seine Sinne wie ein Messer am Schleifstein. Er wusste nicht, wie lange sie gerannt waren, als er sich über die Lippen leckte und fast selbst an den entblößten Fangzähnen schnitt.
„ Stopp“, rief er halb zu sich, halb nach außen.
Der Vampir kam mitten auf einem flachen Plateau zum Stehen und wäre als Mensch vermutlich ziemlich außer Atem gewesen. Stattdessen stand George regungslos und still und spürte das Monster von innen an die Fassade hämmern. Langsam ließ er sich nieder und schloss die Augen. Er witterte, wie das Mädchen näher kam, und der Geruch ihrer menschlichen Gestalt brannte in seiner Kehle.
„ Alles in Ordnung?“ Ihre Stimme klang besorgt, doch sie kam sofort auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schulter.
„ Du hast wirklich Feuer, wo deine Vorsicht sein sollte, Ever“, antwortete der Vampir. „Ich brauche einen Augenblick“, ergänzte er und streifte ihre Hand sachte von seiner Schulter. „Ich habe in der Eile vergessen zu trinken, bevor ich James und dich getroffen habe.“
„ Du meinst Blut?“, hakte Ever nach und er bemerkte wie ihr Herzschlag kurz stolperte.
Er antwortete nur mit einem Nicken und verbarg seinen Kopf zwischen den verschränkten Armen. Es musste das erste Mal in diesem Jahrzehnt sein, dass er seine Routinen derart vernachlässigte. Vielleicht ging die Umstellung zu schnell.
„ Oh“, brachte Ever heraus. Sie verlagerte ihr Körpergewicht einige Male unsicher und kniete sich dann direkt neben ihm auf den Boden. „Wenn es sehr gefährlich für dich ist, dann kann ich dir …“
„ Bei allem, was mir lieb und teuer ist, nein!“, wehrte George energisch ab und starrte sie entgeistert an. Sie erwiderte fragend seinen Blick. Nach außen wirkte die Gestaltwandlerin ruhig, doch ihr Puls verriet etwas mehr.
„ Wie kannst du mir so etwas aus Notwendigkeit anbieten? Das ist, als würdest du mit mir ins Bett gehen, weil ich die Grippe habe!“, sagte George streng.
„ Hey, du hast ja Humor“, bemerkte Ever und verzog einen Mundwinkel zum Grinsen. „Dann kann es ja nicht ganz so schlimm sein.“
„ Es geht gleich wieder.“ Das Hämmern in seinem Inneren verlor sich in ein Pochen zwischen seinen Schläfen. Das Monster zog sich langsam wieder dorthin zurück, wo es immer lauerte. Nach einigen Minuten des Schweigens gestand er leise: „Ich will keine Gefahr für dich sein, Ever.“
„ Ich zittere.“
„ Das solltest du.“ George meinte es ernst, doch Ever setzte sich unerschrocken ganz dicht neben ihn.
„ Du hast wirklich keinen Funken Angst vor mir?“ Es war weniger eine Frage als die Erkenntnis, welche George in dem Moment hatte, als er sie aussprach.
„ Nicht annähernd genug.“ Vom einen Moment auf den anderen flachte ihr Ton zu einem Flüstern ab. Sie hatte die Knie angezogen und legte den Kopf auf die darüber verschränkten Arme. „Es ist einfach befreiend, mit jemandem so offen sein zu können, George.“
„ Ich könnte dich verletzen“, warnte er und wusste, dass er ihr nichts Neues erzählte.
„ Das beruht auf Gegenseitigkeit“, entgegnete Ever frech.
„ Es ist nicht dasselbe.“ Er
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