Lost Vampire - Das Ende der Welt
wie die Veränderungen ihr zu schaffen machen.“
George folgte Issys Blick zurück zum Tisch, wo Ever gerade wild gestikulierte und Charlotte etwas pikiert eine Augenbraue hob.
„ Ich bin für sie da, so gut ich kann, aber diese andere Seite an ihr ist einfach…“, redete sie weiter und stockte dann kurz, „…zu gewaltig, wenn du verstehst.“
„ Besser als du es dir vermutlich vorstellen kannst“, gab er zu und musterte Ever aus der kurzen Entfernung. Nichts an ihr wirkte, als könne sie ein Wässerchen trüben.
„ Und da wären wir an dem Teil, der mir Kopfzerbrechen bereitet“, fuhr Issy fort und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ganz George zu. Der Ausdruck ihrer Augen hatte eine stechende Qualität angenommen, die ihn an Raubvögel oder verärgerte Bibliothekare denken ließ. „Ich kann mir nicht einmal im Ansatz vorstellen, wie die Welt aus deinen oder Evers Augen aussieht. Ich will, dass es Ever gut geht, und ich hoffe sie befindet sich nicht gerade in den ersten zwanzig Minuten eines schlechten Horrorfilms.“
„ Horrorfilme waren nie mein Fall.“ George sah den sonnengebräunten Barkeeper mit einem Tablett bunter Drinks auf sie zukommen und wechselte das Thema. Er fischte zwei Zwanziger aus seiner Brieftasche und lehnte das Rückgeld höflich ab. „Und soweit ich mich erinnere, verliert so oder so am Ende immer das Monster. Hört sich nicht sehr wünschenswert an.“
„ Du schaust wohl nie bis nach dem Abspann?“ Issy lachte und jeder Hauch Skepsis schien verflogen. Die wenigen Meter zum Tisch reichten George, um das aktuelle Gespräch aufzuschnappen.
„ Und was hält dein Dad davon?“, fragte Charlotte mit dem Blick in seine Richtung.
„ Michael muss nicht alles wissen. Er ist beschäftigt genug damit Bürgermeister zu sein, Hände zu schütteln und sich über die Farbschemata seiner Anzüge Gedanken zu machen“, wehrte Ever ab und schien froh zu sein, als George zurück war.
Der Vampir hatte Ever bereits vorgeschlagen, ihren Dad kennenzulernen, doch sie schien von dieser Idee wenig begeistert. Vielleicht war er tatsächlich zu altmodisch, wie sie ihm immer wieder versicherte. Vielleicht war ihr aber auch die Idee zuwider, ihre beiden Welten – die natürliche und die übernatürliche – zu sehr zu vermischen?
„ Die Runde geht auf mich“, sagte George, als er das Tablett auf den Tisch stellte und erntete die Begeisterung, die er sich erhofft hatte. Nur Peter beschwerte sich ein wenig, dass ihm die Chance auf ein Bier entgangen war.
Es dauerte noch eine gute Stunde, bis Ever langsam genug hatte und schließlich den Freunden erklärte, dass George sie nun nach Hause bringen würde. Draußen auf der Straße ging ein frischer Wind. Nach der langen Zeit unter Menschen legte sich der Geruch der schlafenden Stadt wie ein weiches Tuch über seine Sinne. Das Mädchen neben ihm setzte ohne Hast einen Fuß vor den anderen, als wollte sie jeden Meter ihres gemeinsamen Spaziergangs ausnutzen.
„ Das waren also meine Freunde.“ Ever verschränkte die Arme hinter dem Rücken und trat einen Schritt näher an den Vampir heran.
„ Ein netter Haufen.“ Nach seiner kurzen Unterhaltung mit Issy hatte sich die Stimmung am Tisch gelockert und Charlotte schienen die unangenehmen Fragen ausgegangen zu sein. Stattdessen erklärte die Arzttochter ausufernd ihre Karrierepläne für die nächsten zehn Jahre, angefangen mit dem perfekten College, dem anschließenden Pharmaziestudium bis hin zur eigenen lukrativen Apotheke. Die beiden anderen Freundinnen hingegen hingen viel mehr in den Wolken, was ihre Zukunft anging.
„ Manchmal etwas anstrengend, aber ich hab' sie verdammt gern.“ Sie kam noch etwas näher und hakte sich bei ihm ein. Der Größenunterschied machte es nicht ganz leicht, aber nach ein paar Schritten fanden sie ein gemeinsames Tempo. „Ich hoffe, es war nicht zu viel menschlicher Umgang für dich – und die Aufmerksamkeit nicht allzu schlimm?“
„ Ungewohnt“, setzte er an, „aber nicht schlimm. Der Zusammenbruch der Handelsrouten in Venedig war schlimm. Das hier ist eine gute Herausforderung.“
„ Ich nehme an, die Bemerkung wäre komischer, wenn ich während europäischer Geschichte nicht immer geschlafen hätte?“
„ Zum Totlachen.“
„ Ich kann mir gar nicht vorstellen, ob ich manche Dinge nach ein paar hundert Jahren noch so locker nehmen könnte“, gestand sie nachdenklich.
„ Mir ist es nach einer Weile sogar leichter gefallen, je mehr Abstand
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