Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Idealisch-Praktischen wendet, soll er die Schule des Menschlichen an Teufels Hand ergründend durchschmarutzen. Was war er, und was war ich, als er in seiner Höhle steckte und philosophisch die Himmel stürmte, dann seine eng-erbärmliche Geschichte mit dem Misel hatt? Der Knabendumpfheit, der genialischen Läpperei wollen Lied und Held entwachsen ins Objektive, in handelnden Weltsinn und Mannesgeist. Aus der Gelehrten-Spelunke, der Grübel-Grube an Kaysers Hof … Schranken hassend, das höhere Unmögliche begehrend, so muß der ewig Bemühte sich denn bewähren auch hier. Nur frag ich mich, wie Weltsinn und Mannesreife sich mit der alten Unbändigkeit vertragen? Politischer Idealism, Weltbeglückerpläne – ist er ein sehnsuchtsvoller Hungerleider geblieben nach dem Unerreichlichen? Das war ein Einfall. Sehnsuchtsvolle Hungerleider, notieren wir das, an schicklicher Stelle solls eingeflochten sein. Liegt eine Welt von aristokratischem Realism darin, und nicht deutscher kanns zugehen, als wo Deutsches mit Deutschem gezüchtigt wird … Bund mit der Macht denn, um handelnd das Bessere, das Edel-Wünschbare herzustellen auf Erden. Daß er scheitert, daß Herr wie Hof bei seinen Expektorationen für Gähnen vergehen wollen und der Teufel eingreifen muß, durch freches Radotieren die Situation zu retten, ist ausgemacht. Der politische Schwärmer wird gleich zum maître de plaisir, physicien de la cour und magischen Feuerwerker herabgesetzt. Auf das Karneval freu ich mich. Kann da einen reichen Maskenzug mit mythologischen Figuren nebst geistreicher Narrenteiding entwickeln, die in Wirklichkeit, an Serenissimi Geburtstag oder bei kaiserlicher Anwesenheit, zu teuer kämen. Auf diese Späße läufts bitter satyrischer Weise hinaus. Vorher aber muß es ihm {350} Ernst sein, muß er zum Glücke der Menschen regieren wollen, und die Laute des Glaubens wollen gefunden sein, aus dieser Brust sind sie zu schöpfen. Wo hab ich's? »Die Menschheit hat ein fein Gehör, Ein reines Wort erreget schöne Thaten. Der Mensch fühlt sein Bedürfnis nur zu sehr Und läßt sich gern im Ernste raten.« Laß ich mir gefallen. Gott selber, das Positive, die schöpferische Güte könnte im Vorspiel dem Teufel so erwidern, und mit ihr halt ichs, mit dem Positiven halt ichs, – ich habe nicht das Unglück, in der Opposition zu sein. Auch ists die Meinung garnicht, daß Mephisto zu Worte komme in Kaysers Pfalz. Faust will nicht, daß er die Schwelle zum Audienzsaal überschreite. Verbittet sichs, daß in Gegenwart der Majestät Verblendung und Gaukelei in Wort und That sich irgend hervortun. Magie soll endlich und Teufelstrug entfernt sein von seinem Pfad – hier, wie bei Helena. Denn der auch gestattet Persephone die Wiederkehr nur unter dem Beding, daß alles Übrige mit redlich menschlichen Dingen zugehe und der Werber sich ihre Liebe rein aus eigener Kraft und Leidenschaft gewinne. Bemerkenswerte Korrespondenz. Einen weiß ich, der über die Klausel wachen würd, wenn er noch wachte … Und doch ist da eine andere, an der alles hängt, von der allein all-überall die Möglichkeit abhängt, das Stockend-Jugendalte wieder in Fluß zu bringen – die Bedingnis des Leichtmuts und absoluten Scherzes. Nur im Spiel und in der Zauberoper ist Rettung; nur wenn ich denken darf: die Possen da, kann ichs vollenden. Und was können denn auch Sie, mein Bester, gegen das Spiel, den höhern Leichtsinn haben, der Sie das Wort vom »nicht-poetischen Ernst« so gern im Munde führten und in den Erziehungsbriefen, autorisiert von Ihrem Denker, das aesthetische Spiel schon allzu lehrhaft fast gefeiert haben? Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer. Und wo man schwer nimmt das Leichte, ist auch der Ort, das Schwerste leicht zu nehmen.
Ist das nicht meines Gedichtes Ort, so hat es keinen. Die {351} klassische Walpurgisnacht … (ich komme ab in meinen Gedanken von der politischen Szene; merks wohl, daß ich nicht ungern mich davon abtreiben lasse und fühl im Grunde, daß mir wohler wäre, hätt ich erst beschlossen, sie auszulassen, – was ich eben schon im Gespräch mit dem dämprichten Esel fühlte – und mich drob ärgerte – allein schon weil es schad ist um die vorgemerkten Verse) … Die klassische Walpurgisnacht, um denn an Freudiges, höchst Hoffnungsvolles zu denken, – ah, das soll mir ein grandioser Spaß werden, der denn doch den höfischen Mummenschanz gewaltig überbieten soll, – ein Spiel, schwer von Idee, von
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