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Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann , Werner Frizen
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belustigt – denn Adelens Aussprache von »Bedunien« erregte ihr Lachkitzel, und sie brauchte ihre Heiterkeit nicht zu verbergen, da sie sich noch auf »Museline« beziehen mochte, – »mein liebes Kind, das ist reizend. Was für eine geschmackvolle Farbenzusammenstellung! Wir müssen trachten, daß wir Wasser für diese herrlichen Blüten bekommen. So schöne Petunien« – und wieder überkam sie das Lachen – »erinnere ich mich kaum gesehen zu haben …«
    »Wir sind eine Blumengegend«, versetzte Adele. »Flora ist uns hold.« Und sie wies mit dem Blick auf die Gipsgestalt in der Nische. »Die Erfurter Samenkulturen haben Weltruf seit mehr als hundert Jahren.«
    »Reizend!« wiederholte Charlotte. »Und dies hier, was Sie ein Beispiel des Weimarer Kunstfleißes nennen, – was mag es sein? Ich bin eine neugierige alte Frau …«
    »O, meine Bezeichnung war sehr euphemistisch. Eine Spielerei, Frau Hofrätin, ein Werk meiner Hände, eine allerbescheidenste Willkommsgabe. Darf ich Ihnen beim Auswickeln behilflich sein? So herum, wenn ich bitten darf. Ein Silhouettenschnitt, gefertigt aus schwarzem Glanzpapier und sorgsam auf weißen Karton geklebt, ein Gruppenbild, wie Sie sehen. Es ist nichts anderes als unser Musenverein, portraitähnlich wie {134} mir's nur irgend gelingen wollte. Dies ist die erwähnte Museline, Line Egloffstein, wie gesagt, sie singt zum Entzücken und ist die Lieblingshofdame unserer Großfürstin-Erbprinzessin. Das da ist Julie, ihre schöne Schwester, die Malerin, Julemuse genannt. Hier weiter bin ich, Adelmuse mit Namen, ungeschmeichelt, wie Sie mir zugeben werden, und die den Arm um mich schlingt, ist Tillemuse, will sagen: Ottilie von Pogwisch – ein liebes Köpfchen, nichtwahr?«
    »Sehr lieb«, sagte Charlotte, »sehr lieb und unglaublich lebenswahr, das alles! Ich bestaune, mein bestes Kind, Ihre Fertigkeit. Wie ist das gearbeitet! Diese Rüschen und Knöpfchen, diese Tisch- und Stuhlbeinchen, die Löckchen, Näschen und Wimpern! Mit einem Wort, das ist ganz ungewöhnlich. Ich habe die Scherenkunst von jeher hochgeschätzt und war immer der Meinung, daß ihr Abhandenkommen als ein Verlust für Herz und Sinn zu beklagen wäre. Desto mehr bewundere ich den innigen Fleiß, mit dem sich hier eine offenbar außerordentliche natürliche Anlage zur Entwicklung gebracht und auf die Spitze getrieben findet.«
    »Man muß für seine Talente schon etwas tun hierzulande und vor allem welche besitzen«, erwiderte das junge Mädchen, »sonst kommt man nicht durch in der Gesellschaft und niemand sieht einen an. Hier opfert alles den Musen, das ist guter Ton, und es ist ja ein guter Ton, nichtwahr? Ein schlechterer wäre denkbar. Ich hatte von kleinauf ein vortreffliches Vorbild an meiner lieben Mama, die schon bevor sie sich hier niederließ, zu Lebzeiten meines seligen Vaters, die Malerei ausgeübt hatte, aber diese Eigenschaft erst hier recht ernsthaft zu kultivieren begann, mir dazu noch energisch im Klavierspiel voranging und außerdem bei dem seither verstorbenen Fernow – dem Kunstgelehrten Fernow, der lange in Rom gelebt, – italienischen Unterricht nahm. Meine kleinen poetischen Versuche hat sie immer mit größter Sorgfalt überwacht, obgleich {135} es ihr selbst nicht gegeben ist, zu dichten, wenigstens nicht auf Deutsch, – ein italienisches Sonett im Geschmack Petrarca's hat sie tatsächlich unter Anleitung Fernows einmal verfertigt. Eine bewundernswerte Frau. Welchen Eindruck mußte es nicht damals auf meine dreizehn, vierzehn Jahre machen, zu sehen, wie sie hier Fuß zu fassen und ihren Salon im Handumdrehen zum Treffpunkt der schönsten Geister zu machen wußte. Wenn ich im Silhouettieren etwas leiste, so danke ich's auch nur ihr und ihrem Beispiel, denn sie war und ist eine Meisterin im Blumenschneiden, und der Geheime Rat selbst hatte auf unseren Thees das größte Vergnügen an ihren Schnitten …«
    »Goethe?«
    »Aber ja. Er ruhte damals nicht, bis Mama sich entschloß, einen ganzen Ofenschirm mit geschnittenen Blumen zu dekorieren, und half ihr dann selbst mit dem ernsthaftesten Fleiße beim Aufkleben. Ich sehe noch, wie er eine halbe Stunde lang vor dem fertigen Ofenschirm saß und ihn bewunderte …«
    »Goethe?«
    »Aber ja! Die Liebe des großen Mannes zu allem Gemachten, zum Produkt des Kunstfleißes und der Geschicklichkeit jeder Art, zum Werk der Menschenhand mit einem Wort, ist wahrhaft rührend. Man kennt ihn nicht, wenn man ihn nicht von dieser

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