Lotterie der Liebe
hätte ich ein Maul weniger zu stopfen gehabt.” Sie ergriff Amy am Arm. “Wie viele Kerzen brennen?”
“Oh, nur zwei oder drei”, log Amy unbekümmert. “Kein Grund zur Sorge, Mama.”
“Und das Kaminfeuer?”
“Ja. Im Kamin brennt ein kleines Feuer.”
“Warum muss Richard im Mai heizen?”, jammerte die Mutter. “Das ist so teuer!”
“Nun, abends ist es ziemlich kühl, Mama.” Amy fröstelte. “Bitte, reg dich nicht auf. Ich bin sicher, Richard streicht große Gewinne ein.”
Lady Bainbridges Miene erhellte sich. “Oh, glaubst du das, mein Schatz? Ja, dein Bruder ist wirklich wie sein Vater. George war ein hervorragender Spieler, der mir von seinen Gewinnen dauernd Schmuck gekauft und Geschenke gemacht hat. Nun, wenn das der Fall ist, können wir alle beruhigt sein. Hast du das Buch gefunden?”
Amy hielt es der Mutter hin. “Ja, hier, Mama. Wie du gesagt hast, es lag auf der Fensterbank.”
Lady Bainbridge blickte auf das Bändchen und zuckte zurück. “Oh, aber das ist das Buch, das Lady Ashworth letzte Woche hier vergessen hat. Oh nein! Das kann ich jetzt nicht lesen! Nein, das geht nicht.”
Amy atmete tief durch und verwünschte die Tatsache, dass sie, weil sie abgelenkt gewesen war, nicht auf den Verfasser des Romans geachtet hatte. “Schon gut, Mama. Ich mache dir heiße Milch mit Honig. Das wärmt dich von innen und ist sehr beruhigend. Und solltest du davon nicht einschlafen, kannst du immer noch Laudanum nehmen. Aber nichts wird mich dazu bewegen, heute Abend noch einmal in den Empfangssalon zu gehen!”
Es war schon nach fünf Uhr morgens, als Sir Richards Gäste gingen. Im Haus war es still. Paul Marten sperrte die Eingangstür zu und half seinem betrunkenen Herrn die Treppe hinauf. Der Baronet machte Anstalten, ein zweifelhaftes Lied anzustimmen, denn er hatte zweihundert Guineen gewonnen, doch es gelang dem Kammerdiener, ihn von diesem Vorhaben abzubringen.
2. KAPITEL
D ie Morgendämmerung war lau. Der Mond war hinter Wolken verschwunden. Die Nachtwache verkündete, es sei halb sechs. Lord Humphrey Dainty und Mr. Albert Hallam torkelten die Straße hinunter und stützten sich dabei gegenseitig.
“Jünglinge, die nach Hause und ins Bett gehen”, bemerkte Jonathan mit verächtlichem Lächeln, während er ihnen hinterher schaute. Sie sahen wie eine doppelleibige Spinne mit zuckenden Gliedern aus. “Wie ist es mit dir, Sebastian? Hältst du noch durch?”
Der Duke of Fleet straffte die Schultern. “Was schwebt dir vor, mein Bester? Bernadettes Kloster?”
“Ja.” Jonathan strich den Gehrock glatt. “Ich habe die schöne Harriet seit einem Monat nicht mehr gesehen und meine, dass es an der Zeit ist, unsere Bekanntschaft aufzufrischen.”
Sebastian schloss sich dem Freund an. “Das wäre eine Abwechslung.”
Jonathan warf ihm einen Blick zu. Die Gleichgültigkeit des Freundes belustigte ihn. Aber sie beide hatten zynische Ansichten über das Leben, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen. “Nicht mehr als das, Sebastian?”
“Nun ja, ein angenehmer Zeitvertreib.” Sebastian zuckte mit den Schultern. “Außerdem wären meine Taschen dann nicht mehr so schwer. Ich habe nie jemanden kennengelernt, der so schlecht spielt wie Sir Richard. Heute Abend habe ich zum ersten Mal erlebt, dass er gewonnen hat. Ich frage mich, wie er seinen Lebensstil finanziert.”
“Ich glaube, mit dem Geld, das er sich bei ‘Howard & Gibbs’ leiht”, äußerte Jonathan trocken. “Er äfft seinen Vater nach, von dem er zwar nicht die Ausstrahlung, aber das ganze Pech geerbt hat. Der lächerliche Betrag, den er heute Abend einstreichen konnte, ist höher als alles, was er bisher im ganzen Jahr gewonnen hat.”
Sebastian lachte. “Sein Vater hatte nicht mehr Glück. Sir George hat so über seine Verhältnisse gelebt, dass er sich ständig nach Warwickshire in sein Haus zurückziehen musste, bis seine Gläubiger Ruhe gaben. Aber schließlich musste er auch das verkaufen.”
“Ich erinnere mich”, sagte Jonathan bedächtig. “War das nicht vor zwei oder drei Jahren, zu der Zeit, als seine Tochter in die Gesellschaft eingeführt wurde? Er hat sein ganzes Geld verloren und sich dann erschossen. Die Familie musste alles bis auf den kleinen Erbbesitz in Oxfordshire und das Haus in der Curzon Street verkaufen. Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir ein, dass es gar nicht Bainbridge gehört. Ich habe seine Schwester erst heute Abend wiedergesehen.”
“Komischer kleiner Spatz,
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