Lotterie der Liebe
launisch sein, aber ich langweile mich so verdammt schnell.”
“Natürlich, Eure Gnaden.” Die Mutter Oberin lächelte leicht und wandte sich Jonathan zu. “Harriet hat Sie wirklich sehr vermisst, Mylord.”
Boshaft dachte er daran, dass Miss Harriet Templetons Gunst käuflich und er zur Zeit derjenige war, der das Privileg hatte, sie zu genießen. Das war ihm recht. Er hatte seine frühere Mätresse sehr gemocht und war überraschend bekümmert gewesen, als sie ihm mitgeteilt hatte, sie habe den Heiratsantrag eines anderen Mannes angenommen.
Er hatte sie gern gehabt und wäre vielleicht sogar so weit gegangen zu gestehen, dass ihm viel an ihr lag. Er war auf eine unkomplizierte und anspruchslose Weise mit ihr befreundet gewesen. Obwohl er seit seinen Jünglingstagen nicht mehr verliebt gewesen war, hatte er Mariannes Gesellschaft geschätzt und sie nach der Trennung sehr vermisst. Bei Harriet bestand zum Glück nicht die Gefahr, in eine solche Situation zu geraten. Ihre Zuneigung reichte nicht über seine prall gefüllte Geldbörse hinaus, und er war zufrieden darüber, dass die Beziehung ganz und gar frei von persönlichen Gefühlen war.
Jonathan schlenderte den ihm vertrauten Flur entlang und betrat das an dessen Ende gelegene Zimmer. Miss Templeton saß vor dem Spiegel und bürstete sich das Haar. Als sie seiner ansichtig wurde, erhellte ein strahlendes Lächeln ihr hübsches, schmales Gesicht. Sie ließ die Haarbürste fallen, rannte zu Jonathan und schloss ihn, sich weich an ihn drückend, in die Arme.
“Mein Liebling”, säuselte sie. “Ich habe mich nach dir verzehrt.”
Mit ihren Fingern nestelte sie bereits an den Knöpfen seines Gehrocks und öffnete sie. Jonathan zog ihn aus, neigte sich zu ihr und küsste sie.
“Auch ich habe dich vermisst, meine Süße. Sollen wir das Wiedersehen feiern?”
Er hob sie auf die Arme und brachte sie zum Bett. Sie kicherte entzückt, als er sie darauf ablegte, und sah ihn aufreizend an, während er sich die Stiefel auszog. Ihr spitzenbesetzter Peignoir hatte sich gelöst, und der Anblick ihres üppigen Körpers darunter ließ nicht viel Raum für Fantasie. Jonathan merkte, dass sein Blut in Wallung geriet, bewahrte jedoch einen kühlen Kopf. Eine Hure heiraten … Einen Moment lang malte er sich aus, wie Harriet als die neue Marchioness of Landor durch die Räume in Ashby Court gehen würde, doch der Gedanke, überhaupt eine Ehe zu schließen, lag ihm fern. Wann immer er daran dachte, verband sich damit das Bild von zwei Menschen, die sich in ihrem weitläufigen Leben gegenseitig Beleidigungen ins Gesicht schleuderten. Die Vorstellung war ihm zuwider.
Harriet zog ihn zu sich, und er streckte sich neben ihr aus. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er in Gedanken zwischen sich und Harriets hübschem, geschminktem Gesicht das von Amy Bainbridge und erlitt einen leichten Schock. Die kleine Miss Bainbridge, die so unansehnlich und abweisend war. Er hatte, als er sie beobachtete, die Abneigung deutlich in ihren Augen gesehen, ihre Antipathie gespürt, obwohl sie kein einziges Wort an ihn gerichtet hatte.
Gleichviel, er konnte sich nicht erklären, warum er an sie gedacht hatte. Aber die Vision ihres unschuldigen Antlitzes stand in krassem Gegensatz zu seiner augenblicklichen Umgebung. Er hatte schon vor vielen Jahren darauf verzichtet, sich für unerfahrene Frauen zu interessieren, und würde das auch jetzt nicht tun. Er überließ sich Harriets routinierten Zärtlichkeiten und versuchte, an nichts mehr zu denken.
Nachdem Amy mit Prudence den Empfangssalon sauber gemacht und die Mutter, als diese sich über die unnötigen Ausgaben für Kerzen und Heizung aufregte, mit dem Hinweis beschwichtigt hatte, Richard solle das Haushaltsgeld erhöhen, da Nettlecombe, der einzige ihm verbliebene Besitz, ihm ein Einkommen von wenigstens dreitausend Pfund im Jahr einbrächte, verließ sie den Raum. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte sie eine Kutsche vorfahren. Sie lugte aus dem Fenster, lief noch einmal zur Mutter und kündigte ihr an, Mrs. Vestey, Lady Amherst und Mrs. Ponting seien zu Besuch gekommen. Dann zog sie sich zurück, weil sie viel zu erledigen hatte. Sie musste Medizin an ihr früheres Kindermädchen schicken, das in Windsor lebte und krank geworden war. Außerdem waren Besorgungen zu machen, da die Mutter darauf bestand, nur sie in der unglaublich teuren Stadt mit dem Einkauf von frischen Lebensmitteln zu betrauen. Amy hatte endlose
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