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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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die am weitesten entfernt wohnten. Auch David ließ das seine satteln.
    »Ich möchte einen Augenblick mit dir sprechen, David«, sagte Judith, als er hinausging.
    »Aber natürlich«, entgegnete er, und sie folgte ihm in das Zimmer, das an der anderen Seite der Halle lag. Dort wartete er auf sie. »Was möchtest du, Mutter?«
    Sie lachte leise, nicht weil es irgend etwas zu lachen gab, sondern weil sie stolz auf ihren Sohn war. Es war überquellende Freude. »Wohin reitest du?«
    Er lachte auch. »Was vermutest du denn?«
    »Willst du wieder einem jungen Mädchen den Hof machen?«
    »Sehe ich etwa nicht so aus?« David hatte eine Gardenie im Knopfloch und trug die Reithandschuhe mit den gestickten Stulpen. Judith redete sich ein, daß sie allen Kindern in gleicher Weise zugetan wäre, aber ab und zu kam ihr doch zum Bewußtsein, daß David ihr Lieblingssohn war. Er glich Philip so sehr, daß sie alle Züge, die sie bei ihrem Mann zu verstehen gelernt hatte, ohne Mühe bei David wiedererkannte. Im stillen hatte sie ihn immer bevorzugt, schon als er noch ein kleiner Junge war.
    »Aber warum wolltest du mich sprechen?« fragte er.
    Sie legte die Hände auf seine Schultern.
    »Darf ich dir einen Kuß geben, David?« Lachend legte er die Arme um sie, beugte sich nieder und küßte sie herzhaft. »So, bist du nun zufrieden?«
    »Danke.« Auch sie lachte. »Ich wußte, daß du ärgerlich geworden wärst, wenn ich dich in Gegenwart der anderen darum gebeten hätte. So, nun kannst du gehen, mein Junge.«
    David lachte über den Einfall seiner Mutter, nahm die Reitpeitsche und ging zu seinem Pferde hinaus. Der verrückte Junge, dachte sie liebevoll. So viel hielt er von einem Mädchen, daß er in dieser mörderischen Hitze noch ausritt, um es zu sehen. Es war bereits über fünf Uhr, aber noch nicht kühler geworden. Wie stattlich er aussah, als er die Allee unter den großen, breiten Eichen hinunterritt. Sein Vater hatte öfter von ihm gesagt, daß er zu voreilig und zu unbeständig wäre, Mädchen und schöne Kleidung zu sehr liebte und sich zu wenig darum kümmerte, was seine Eltern sagten. Aber Judith fand diese Fehler liebenswerter als die kühle Zurückhaltung ihres zweiten Sohnes.
    Als David außer Sicht kam, ging sie ins Haus zurück und verabschiedete sich von ihren übrigen Gästen, und nachdem diese auch gegangen waren, bestellte sie in der Küche ein einfaches Abendessen. Es sollten nur Wein, Obst und ein paar Biskuits aufgetragen werden, das genügte vollkommen nach einem so reichen Mahl.
    Der kleine Philip war inzwischen auf den hinteren Hof gegangen und sorgte dafür, daß das Unkraut an dem Fischteich entfernt wurde. Er hatte ihn angelegt, als David ihm einige farbenprächtige exotische Fische aus dem Marschland in der Nähe des Golfes mitgebracht hatte. Als Judith aus der Küche kam, setzte sie sich auf die hintere Treppe und sah ihm zu, während er das Unkraut ausrupfte. Verschiedene kleine farbige Jungen halfen ihm dabei. Er leitete die Arbeit mit so natürlicher Selbstverständlichkeit, als ob er der Herr wäre.
    »Also, seid vorsichtig«, sagte er zu ihnen, »damit keine Erdklumpen ins Wasser fallen. Und ärgert meine Fische nicht! Ihr sollt nur das Unkraut hier am Rand ausreißen. Und wenn ihr eure Sache gutmacht, zeige ich euch alle Fische, die mein Bruder David mir mitbringt.«
    »Ja, Massa Philip.«
    Die kleinen Jungen zogen die hohen, wildwachsenden Stauden aus und schlugen eifrig nach den Moskitos, die in der Luft schwärmten. Sie führten seine Befehle etwas nachlässig, aber gutmütig aus. Judith sah zu ihrem Mißfallen einen der kleinen Burschen in der rauhen Kleidung, wie sie die Neger auf den Feldern trugen. Alle Schwarzen, die im Hause tätig waren, hatten Kleider aus geripptem Samt und Kaliko. Sie wollte Phil sagen, daß er nicht Jungen von den Feldern zur Arbeit holen sollte.
    Der Kleine in dem rauhen Anzug blieb mit einem Büschel Unkraut in der Hand einen Augenblick stehen, dann kniete er an dem Ufer nieder und beobachtete die Bewegungen eines goldglitzernden Fisches im Wasser. Er steckte die freie Hand in den Teich und versuchte, ihn mit den Fingern zu berühren. Judith wollte ihm schon zurufen, daß er weiterarbeiten sollte, aber Philip kam ihr zuvor und fuhr ihn ärgerlich an.
    »He, du, willst du wohl meine Fische in Ruhe lassen!«
    »Einen Augenblick, junger Massa«, rief der Knabe, der ganz in den Anblick des Fisches versunken war, und griff nach dem Fisch.
    Philip eilte auf ihn zu.

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