Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
müde:
    »Darüber wundere ich mich nicht. Es kommt ja auch nicht darauf an.«
    Nach einer Weile ging David hinaus, als ob irgendeine Art von Bewegung dem Stillsitzen gegenüber eine Erleichterung wäre. Philip wollte Judith aus dem Krankenzimmer holen, damit sie sich etwas ausruhen sollte, aber sie kam schon von selbst. Am Tisch sank sie in einen Stuhl und stützte den Kopf in die Hände.
    »Philip, ich kann es nicht mehr mit ansehen.«
    Er legte den Arm um sie und zog ihren Kopf an sich, damit sie ein wenig Ruhe bei ihm finden sollte. »Wie geht es ihm jetzt?«
    »Er – er hat die ganze Nacht über phantasiert, aber jetzt ist er ruhig – furchtbar ruhig. Und er ist gelb geworden und fleckig und so eingefallen – vorige Woche sah er noch so wohl und rosig aus! Warum haben wir uns nicht auch mit ihm angesteckt?«
    »Ich weiß es nicht. Ich wundere mich auch.«
    Sie schwiegen. Es war auch sonst nichts mehr zu sagen.
    David und Christoph traten zusammen ins Zimmer. Sie schlossen die Tür leise und blieben stehen und sahen zu ihren Eltern hinüber. Dann wechselten sie einen traurigen Blick, als ob jeder wünschte, daß der andere zuerst sprechen sollte.
    Judith stand langsam auf und tastete nach Philips Händen, als ob sie bereits wüßte, welche Nachricht die beiden brachten.
    »Er – er ist tot, Mutter«, sagte David.
    Philip legte den Arm um ihre Schultern, aber sie schluchzte nicht, und sie schrie auch nicht auf.
    »Ja, ich wußte, daß er im Sterben lag«, erwiderte sie nur.
    Sie hielt sich aufrecht, obwohl Philip sie stützte. Er gab Christoph einen Wink, daß sie hinausgehen sollten. Aus Erfahrung wußte er, daß ein furchtbarer Schmerz Judith zuerst gefühllos machen, aber nachher um so heftiger niederschmettern würde.
    Die beiden verließen still das Zimmer. Judith preßte die Hände gegen die Schläfen. »Oh, mein Gott, vergib mir, ich wußte nicht, was ich tat!«
    Plötzlich brach sie in seinen Armen zusammen und schluchzte herzzerreißend. Philip hielt sie, aber er fühlte sich hilflos wie ein Sklave, der an den Pfosten gebunden ist, um ausgepeitscht zu werden.

15
    D rei Tage nach Philips Tode brachte ein Sklave einen Brief von Caleb Sheramy. Darin stand, daß auch Roger von dem gelben Fieber befallen war. Judith fühlte sich zu elend, um einen neuen Bogen Papier zu nehmen, und schrieb nur unten an den Rand: »Ich werde dich in meine Gebete einschließen.« Damit schickte sie den Schwarzen zurück.
    Am nächsten Tag hörten sie, daß auch Walter Purcell gestorben war. Philip schickte David mit einem Brief nach Lynhaven, in dem er Gervaise die Teilnahme der Larnes aussprach und sie zu trösten suchte.
    Als David das Schreiben abgegeben hatte, ritt er zur Werft, um seinen Auftrag zu widerrufen. Er hatte Boote bestellt, um die Ernte von Ardeith den Fluß hinunterzubringen. Aber die Sklaven arbeiteten nicht auf den Feldern, und der Indigo verkam draußen, weil niemand ihn einerntete. Judith hatte David und Christoph gebeten, Rita mit sich zu nehmen und an einem sicheren Platz Zuflucht zu suchen, solange sie noch alle gesund waren. Aber David hatte die Bootsleute an den Docks gefragt, und die Auskunft, die er erhalten hatte, überzeugte ihn davon, daß es nirgends einen sicheren Platz vor dem gelben Fieber gab. Die Leute sagten, Neuorleans gliche einem Totenhaus; das westliche Ufer röche nach Pestilenz, und so wäre es in allen Städten bis hinauf nach Baton Rouge und darüber hinaus. Hier in Ardeith war man ebenso sicher wie anderswo. Es wurde alles getan, um das gelbe Fieber zu vertreiben. An den Straßenecken brannten Tag und Nacht Kienfackeln, um das Gift in der Luft zu zerstören, und alle zehn Minuten wurden Schüsse über den Fluß abgefeuert, um die Atmosphäre zu erschüttern. In den Tavernen und Kneipen bei den Werften herrschte lautes, ausgelassenes Treiben, als ob die Leute das Rattern der mit Särgen beladenen Totenwagen auf der Straße übertönen wollten. Einer der Wagen fuhr vor David die Straße entlang. Der Leichensammler ging den Mauleseln voraus, die das Gefährt zogen, und klopfte an alle Türen.
    »Ist hier jemand gestorben, der fortgeschafft werden muß?« fragte er.
    Wenn seine Frage bejaht wurde, zog er die Leiche mit einem Haken heraus und warf sie in einen Sarg, in dem schon zwei oder drei andere leblose Körper lagen, klappte den Deckel wieder darüber und fuhr weiter. Ein kleiner Negerjunge saß auf einem Sarg und hielt die Zügel.
    David ritt an dem unheimlichen Wagen

Weitere Kostenlose Bücher