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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Ufer. Das war die Stadt Dalroy in der Provinz Westflorida im Lande Louisiana. Die neue Heimat! Philip würde es hier gefallen. Er würde sie auslachen, weil sie sich fürchtete. Sie hielt nach ihm Ausschau, aber sie konnte nur Fremde und Warenballen sehen. Natürlich war er nicht hier. Er war weit hinten im Wald, und es mochte Tage dauern, bis er erfuhr, daß sie angekommen waren.
    Plötzlich kam ein Mann auf sie zu. Er stieg über Kisten und Fässer und rief den Negern zu, daß sie ihm aus dem Wege gehen sollten. Judith erkannte zu ihrem größten Erstaunen in ihm den biederen Walter Purcell aus Connecticut. Aber wie hatte er sich verändert! Er war von der Sonne braungebrannt wie ein Indianer, trug einen Rock aus apfelgrüner Atlasseide und hatte Silberschnallen an den Knien. Er rief ihnen zu, winkte und sprang schließlich über einen Lastkarren. Dann packte er Mark Sheramys Hand und hieß ihn freudig willkommen.
    Judith trat einen Schritt zurück und starrte ihn an. Aber dann kam eine heimliche Freude über sie. Es war also wirklich wahr! Niemand konnte Neuengland nach Louisiana verpflanzen! Irgendwo auf dem Fluß fuhren alle über eine Grenzlinie, und Philip hatte von jeher auf diese Seite gehört.
    Der Wagen fuhr auf einem holprigen Weg den Wald entlang. Ab und zu kamen sie an einem Indigofeld vorbei, in dessen Nähe ein Blockhaus oder manchmal auch ein ansehnliches Gebäude mit Wänden aus rotem Ton und Spanischem Moos stand. Schließlich erreichten sie Walter Purcells Grundstück. Lynhaven hieß die Farm, wie er ihnen sagte. Das rote Haus war groß und hell und durch einen Gang in zwei Hälften geteilt, an dessen beiden Seiten sich je fünf stattliche Räume befanden. Vor dem Eingang lag eine Holzveranda, die mit weißer Farbe gestrichen war. Mr. Purcell nannte sie eine Galerie, und als sie ihn fragten, erklärte er ihnen, daß die Kreolen dieses Wort dafür gebrauchten. In Louisiana waren viele Kreolenworte in die englische Sprache eingedrungen. Mark fragte etwas skeptisch, ob man viel mit den Kreolen zusammenkäme.
    »Selbstverständlich«, erwiderte Mr. Purcell. Er selbst hatte eine Frau aus Neuorleans geheiratet. »Sehr liebenswürdige, scharmante Menschen, diese Kolonialfranzosen.«
    Mehrere Neger eilten ihnen aus dem Hause entgegen, und während sie durcheinanderschwatzten, schrien und die Kisten abluden, trat ein schwarzhaariges Mädchen auf die Veranda heraus. In dem rotseidenen Kleid und mit den kleinen Locken, die auf ihrem Nacken tanzten, sah sie wie eine Puppe aus. Sie war so jung, daß Judith sie überrascht ansah, als Mr. Purcell sagte: »Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen meine Frau vorstellen? Gervaise, dies sind meine Freunde aus Connecticut.«
    Gervaise lächelte und machte einen Knicks, während sie mit den kleinen Händen ihren Puffrock zurückhielt. »Sie sind uns herzlich willkommen.« Sie sprach mit einem weichen, fremdländischen Akzent und war so ruhig und selbstsicher, als ob das Eintreffen von vier Gästen etwas Alltägliches wäre.
    »Seit einer Woche ist mein Mann jeden Tag zur Werft hinuntergefahren und hat nach Ihnen Ausschau gehalten.« Sie wies mit der Hand auf den Neger, der eine tiefe Verbeugung machte und die Tür offenhielt. »Bitte, treten Sie ein.«
    Als Judith ihrer Mutter ins Innere folgte, warf sie einen Seitenblick auf Gervaise. Sie hatte noch niemals eine junge Dame gesehen, die so selbstbewußt und städtisch aussah, und sie hätte gern gewußt, ob Gervaise jeden Tag solche Locken und solche Kleider trug. Aber das mußte die junge Frau wohl tun. Sie hatte unmöglich vorher wissen können, wann die Sheramys eintreffen würden, um sich zu ihren Ehren so zu kleiden.
    »Walter«, wandte sich Gervaise an ihren Mann, »die Räume links hinten sind für Monsieur und Madame und den jungen Herrn bestimmt. Ich werde die junge Dame zu ihrem Zimmer führen.« Sie legte ihre Hand in die Judiths, blieb noch einen Augenblick stehen und gab einer Gruppe von Schwarzen Aufträge. Dabei sprach sie halb französisch, halb englisch. Dann brachte sie Judith in einen Raum, der Wände aus rotem Ton hatte. Die Fenster reichten bis zum Fußboden. Ein schmales, hohes Bett stand darin, über das ein Moskitonetz gespannt war. Eine junge Negerin, die Gervaise Titine nannte, folgte ihnen mit einem hölzernen Zuber und einem Krug heißen Wassers.
    »Sie sind sehr freundlich zu uns«, sagte Judith scheu, als sie das Band ihres Sonnenhutes löste. »Hoffentlich machen wir Ihnen nicht zu viel

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