Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
»David, du bist der geborene Pflanzer.«
»Ja«, entgegnete sein Sohn bescheiden.
David und Judith wechselten heimlich einen triumphierenden Blick.
Für David bedeutete die Anlegung größerer Zuckerfelder mehr ein fröhliches Abenteuer als eine schwere Aufgabe. Er rottete die Tabakstauden mit demselben Wohlbehagen und Vergnügen aus, wie Philip früher die großen Bäume abgeholzt hatte. Wenn Philip und Judith zuweilen allein waren, sprachen sie offen miteinander.
Sie gestanden sich ein, daß sie wünschten, Christoph gliche seinem älteren Bruder etwas mehr.
»Damit will ich aber natürlich nicht sagen, daß wir Grund hätten, über Christoph wirklich enttäuscht zu sein«, fügte Philip hinzu.
»Nein«, antwortete Judith mit leichten Gewissensbissen. »Ganz gewiß nicht.«
Aber sie waren doch enttäuscht von ihrem zweiten Sohn. Christoph war zuverlässig und bescheiden, ein vertrauenswürdiger junger Mann, wie Mr. Durham sagte. Aber seinen Eltern fiel es schwer, ihm irgendwie näherzukommen. Er war nicht besonders anhänglich und zeigte seine Gefühle kaum. Selten sprach er über seine Pläne, und noch weniger fragte er um Rat. Philip hatte große Achtung vor Christophs unerschütterlichem Glauben an das, was er tun wollte. Und manchmal, wenn Davids Übereifer zu einem Mißerfolg führte, sagte Philip sich dankbar, daß für Christoph niemals ungelöste Probleme existieren würden, und daß sie sich auch niemals um ihn zu sorgen brauchten. Aber trotzdem war er enttäuscht und überrascht, als Christoph bei der Durchführung seines Planes blieb und des ewigen Schreibens und Rechnens im Hause von Mr. Durham nicht überdrüssig wurde.
Im Gegenteil, bei Vollendung seines einundzwanzigsten Lebensjahres schloß Christoph einen neuen Vertrag ab, wodurch er jüngerer Teilhaber in der Firma wurde, und arbeitete fleißig im Kontor weiter. Im nächsten Jahr erklärte er seinen Eltern in aller Ruhe, daß er sich mit Alan Durhams Tochter Audrey verheiraten wolle.
Judith sagte Philip im Vertrauen, daß sie nicht recht wisse, ob der schweigsame Christoph mehr in Audrey oder in ihren Anteil an der Firma verliebt sei. Die Eltern konnten Christophs Gelassenheit nicht verstehen. Aber sie konnten auch nichts gegen Audrey einwenden, höchstens, daß auch sie ruhig und still war und sich kaum für etwas begeisterte. »Wahrscheinlich wird sie eine untadelige Haushälterin sein«, meinte Judith, »und in ihrer Wohnung wird es niemals schmutzige Fußspuren auf der Veranda geben.«
»Das wird Chris vollkommen genügen«, erwiderte Philip.
Christoph baute ein stattliches Haus aus Zypressenholz und pflanzte Myrtenbäume in den Vorgarten. Dann heirateten die beiden unter strenger Einhaltung der Sitten und zogen friedlich in ihr neues Heim. Audrey war ebenso zurückhaltend und nüchtern wie ihr Mann. Sie wurde eine pflichteifrige Hausfrau, und wenn sie Gäste bei sich hatte, setzte sie ihnen die besten Gerichte vor, aber man langweilte sich bei ihr.
Als sie ein Jahr nach ihrer Hochzeit einem Mädchen das Leben schenkte, nahm sie die Pflichten einer Mutter mit derselben Ruhe und Umsicht auf sich, die sie auch sonst auszeichneten. Judith stickte eine Anzahl von Kleidchen für das kleine Kind, aber heimlich schmollte sie.
»Eigentlich sollte zur Geburt meiner ersten Enkelin ein Freudenfest mit Fanfaren und Trompeten gefeiert werden«, sagte sie vorwurfsvoll zu Philip. »Aber Audrey tut so, als ob es eine ganz alltägliche Angelegenheit wäre, ein Kind zu bekommen.«
»Aber liebe Judith«, erwiderte Philip lachend, »das ist es doch auch. Aber manchmal wünschte ich mir«, fügte er ernster hinzu, »daß sie nicht so zurückhaltend wären. Ein Haus zu bauen und für das erste Kind zu sorgen, ist doch ziemlich kostspielig, und Christophs Einkommen ist nicht groß. Aber als ich ihm Hilfe anbot, sagte er, er wollte nicht gern Geld von seinem Vater annehmen, wenn er es nicht wirklich brauchte.«
Judith entgegnete nichts darauf. Wenn Philip auf diese Weise zu entschuldigen suchte, daß er ihre Nachsicht gegenüber Davids Verschwendungssucht tadelte, wollte sie ihm keine Gelegenheit geben, das zu tun.
Aber auf die Dauer konnte man unmöglich übersehen, daß David zu üppig lebte. Sein jährliches Einkommen bestand aus der Hälfte des Verdienstes, den die Zuckerernte brachte, und da die Preise sehr hoch waren, verfügte er über größere Summen als seine Freunde. Als er wegen Spielschulden in Schwierigkeiten kam, weigerte sich Philip,
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