Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
im Hause!«
Er eilte davon. Judith trat ans Fenster und zitterte in der kühlen Luft, als sie die Fensterläden weiter aufstieß und hinausschaute. Die Schuppen mit Bagasse standen in hellen Flammen. Tränen traten in Judiths Augen, und sie schluchzte vor bitterer Enttäuschung. Daß David eine solche Dummheit machen konnte! Die Maiskolben standen noch auf den Feldern, und zwischen den einzelnen Abschnitten war das Gras und Unkraut vertrocknet, so daß es leicht Feuer fangen konnte. Wenn sich der Brand über den Platz hinaus ausdehnte, der für die Zuckerschuppen frei gemacht worden war, konnte es auch die Obstplantagen und die Indigofässer zerstören und vielleicht sogar die Hütten der Neger erreichen. Wie leicht war das möglich! Und wenn der Wind umsprang und die Funken in diese Richtung trieb, war selbst das große Herrenhaus in Gefahr.
Schnell schlüpfte sie in ihre Schuhe, nahm einen Mantel und lief zur Küche. Dort gab sie der Dienerschaft Befehl, Eimer voll Kaffee zu kochen. Sie ließ diese zur Brandstelle bringen, außerdem Brot und Fleisch. Sie ging selbst hinaus und legte alles auf den abgeschlagenen Baumstümpfen zurecht, so nahe am Feuer, als es möglich war.
Die Sklaven waren fast alle nur halb angekleidet und fürchteten sich sehr, aber sie arbeiteten schwer unter Philips Anordnungen. Er hatte offenbar die Hoffnung aufgegeben, die Zuckerschuppen und die Raffinerieanlage zu retten, und ließ einen tiefen Schutzgraben um das Feuer herum ausheben. Er sah von weitem, daß sie Kaffee für die Neger in Tassen goß und kam zu ihr.
»Judith, was machst du hier draußen? Ich habe dir doch gesagt, daß du fortbleiben solltest.«
»Ich kann es nicht mit ansehen, daß du hier in der Kälte frierst. Und die Schwarzen tun mir auch leid. Ich habe dir noch eine Flasche Whisky mitgebracht.«
»Danke«, sagte er und lächelte trotz seiner düsteren Stimmung. Schnell trank er aus der Flasche, während sie zum Feuer hinübersah, das schon etwas heruntergebrannt war.
»Wird es sich noch ausbreiten, Philip?«
»Das glaube ich nicht. Aber die Zuckerernte ist vernichtet, die ganze Quetschvorrichtung und die großen Vorräte an Bagasse.« Im Widerschein der flackernden Flammen sah sie, daß sein Gesicht von Ruß geschwärzt war. »Ein paar Neger sind bei den Arbeiten verunglückt und ziemlich schwer verbrannt, und ein anderer –«
»Was meinst du?« fragte sie, als er nicht weitersprach.
Philip zeigte nur mit der Hand auf eine Stelle.
Judith trat von dem Baumstumpf fort, um nachzusehen, aber dann stieß sie einen Schrei aus.
»Ist der Mann tot?«
Er nickte.
Judith faßte seine beiden Arme; trotz der Hitze des nahen Feuers zitterte sie.
»Philip«, rief sie entsetzt, »weißt du auch bestimmt, daß David kein Leid zugestoßen ist?«
»Er ist nirgends hier in der Nähe«, erwiderte er kurz, »er ist fortgeritten – das habe ich dir doch schon gesagt – und hat die Feuer bei diesem starken Wind unbewacht zurückgelassen.«
Judith sank schwach auf einen Baumstumpf nieder. Sie war zu tief getroffen, um zu weinen.
Philip wandte sich um und rief den Leuten scharfe Befehle zu. Dazwischen hörten sie das ängstliche Wiehern eines Pferdes und die Schritte eines Mannes, der hastig näher kam. Dann tauchte in dem Feuerschein David auf. Atemlos eilte er herbei.
»Vater, was ist geschehen?«
»David, um Himmels willen, wo bist du gewesen?« fragte Philip scharf.
»Ich bin nur die Straße ein wenig hinaufgeritten – ich wollte nicht so lange fortbleiben – die Feuer waren heruntergebrannt.«
»Nun gut. Geh hin und hilf den Negern, das Feuer einzudämmen. Morgen sprechen wir weiter darüber.« Philip wandte sich an Judith. »Willst du jetzt nicht zum Haus zurückgehen? Ich danke dir für den warmen Kaffee und alles andere, aber du wirst dich doch zu Tode erkälten, wenn du hier nur mit einem Nachthemd unter dem Mantel auf den Feldern stehst.«
Seine Worte klangen so vorsorglich und liebevoll, daß sie ihm nicht widersprechen konnte. Sie erhob sich und ging zum Haus zurück, aber im Dunkeln stolperte sie über die Furchen in den Feldern.
David fühlte tiefste Reue. Er hatte nie geglaubt, daß so etwas geschehen könnte. Den Negern hatte er gesagt, sie sollten sich zur Ruhe legen und eine Stunde nach Mitternacht wieder zu den Feuern kommen. Er selbst hatte in der Nähe der Zuckerschuppen gesessen und die Feuer beobachtet, die verhältnismäßig niedrig unter den Kesseln brannten. Es war ziemlich kalt und
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