Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
zurückholen.«
»Was hat er denn gemacht?« fragte Emily, als Philip nichts darauf erwiderte.
Judith sah nicht auf. Sie trank ruhig etwas Wein und bestrich ein Biskuit mit Butter.
»Er stiftet Unruhe«, erklärte David kurz. »Benny ist tüchtig, aber nahezu weiß, und diese Leute haben immer einen großen Mund, wenn sie auf den Feldern arbeiten. Er hat dort drüben schon viel dummes Zeug geredet. Die Neger müßten all die Arbeit tun und bekämen nichts dafür, sagt er. Er macht die Schwarzen unzufrieden.«
»Um Himmels willen!« rief Emily. »Jeder sagt doch, daß die Neger auf Ardeith fast wie eigene Kinder gehalten werden.«
»Unsere Neger sind auch immer zufrieden gewesen«, antwortete David. »Aber es braucht nur einer wie dieser Benny den Mund aufzureißen, dann werden sie aufsässig. Wenn er nicht lernt, ruhig zu sein, bin ich dafür, ihn zu verkaufen. Dann kann er einmal sehen, was es heißt, unter einem andern Herrn zu arbeiten, der sich nicht um seine Schwarzen kümmert.«
Judith hatte ihr Biskuit zerbrochen und zuviel Butter darauf gestrichen. Sie kratzte sie wieder ab.
»Was hat er ihnen denn gesagt?« fragte Philip.
»Er sprach davon, daß sie alle frei wären und eigenes Land im Westen bekommen sollten. Das ist ja alles Unsinn, aber es ist gefährlich, wenn er so redet.«
Emily lachte leicht. »Ach, gib mir doch bitte die Marmelade, David! Man sollte wirklich glauben, daß ein intelligenter Neger mehr Verstand hätte. Weiß er denn nichts von den Gesetzen über die Freilassung der Neger?«
»Natürlich hat er davon keine Ahnung. Die Neger denken, wenn sie frei sind, können sie sich auch für Weiße halten. Benny ist sein ganzes Leben lang ein Sklave gewesen, und er bildet sich ein, Nahrung und Unterkunft gäbe es ebenso umsonst wie den Sonnenschein. Was meinst du dazu, Vater? Wäre es nicht besser, wenn wir ihn auf eine andere Plantage verkauften?«
»Das möchte ich nicht tun, David«, entgegnete Philip kurz. »Aber ich werde mich einmal um ihn kümmern. Wie steht denn der Zucker auf unserem Ufer?«
Aber David wollte sich nicht so leicht von der Sache abbringen lassen. »Vater, du mußt doch verstehen, daß ich diesen Benny weder drüben noch hier auf den Zuckerfeldern haben möchte. Wenn ich für die Plantage verantwortlich sein soll, muß ich auch die Arbeiter unter meiner Kontrolle haben. Schickst du Benny auf die Baumwollfelder, so geht mich das nichts an. Aber von Baumwollkultur versteht er nichts.«
Philip schwieg.
»Wenn ich eine Plantage führte, würde ich solche hellfarbigen Neger entweder in die Stadt verkaufen oder sie als Diener im Hause verwenden«, sagte Emily nach einer Pause. »Auf den Feldern taugen sie nicht viel. Sie sind überheblich und nehmen sich den anderen gegenüber zu viel heraus. Immer geben sie vor, daß sie mit ihrer Herrschaft verwandt sind –«
»Jetzt ist es aber genug, Emily«, sagte Philip scharf. »Es hat keinen Zweck, hier eine lange Rede über die Sache zu halten. Ich werde mich um ihn kümmern.«
Es war das erstemal, daß er so schroff zu ihr gesprochen hatte. Sie verstummte und wurde rot. David war zu gut erzogen, um seinem Vater in Gegenwart anderer Vorwürfe zu machen, aber er sah ihn unwillig an.
»Es – es tut mir leid«, sagte Emily. »Ich wollte mich nicht in Dinge einmischen, die mich nichts angehen.«
Philip legte seine Hand auf die ihre. »Verzeih, liebes Kind. Aber es war heute unverhältnismäßig heiß, und ich bin etwas abgespannt.«
Judith hielt es bis zum Ende des Essens bei Tisch aus, aber sie versuchte, nicht an Benny zu denken. Sie sagte sich immer wieder, daß er sie nichts anginge und daß sie kein Recht hätte, Philip zu widersprechen, wenn er ihm gerecht werden wollte. Es war ja nur richtig, daß Philip ihn in Ardeith behielt, wo Benny gut behandelt wurde, statt ihn an einen unbekannten Herrn zu verkaufen, der unfreundlich und hart zu ihm sein mochte. Sie wünschte, daß er ihm die Freiheit geben könnte. Aber das war ein zu leichter Ausweg, den Philip niemals wählen würde. Die Lage der befreiten Neger war bedauernswert. Das konnte niemand bestreiten. Da sie von einer großen Anzahl gesetzlicher Einschränkungen bedrückt wurden, lebten sie in traurigeren Verhältnissen als die ärmsten Weißen.
Judith sprach mit Philip nicht über Benny, und sie wußte, daß er ihr dafür dankbar war. Aber trotzdem mußte sie an ihn denken. David wußte nicht, wer Benny war. Die Hälfte der hellfarbigen Neger auf einer Plantage
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