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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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haben, um gut zu sein. Versuche doch einmal, von der Wohltätigkeit anderer zu leben! Wenn man einen Löffel Reis ißt, muß man immer denken, daß der Reis einem anderen gehört! Ich hoffe, daß ich sterbe, und daß mein Kind auch stirbt, dann seid ihr uns los – verdammt noch einmal!«
    »Du hast meine Freundinnen betrogen«, sagte Judith halb zu sich selbst. »Du gehörst in eine Kneipe.«
    »Judith, willst du um Gottes willen den Mund halten!« rief Philip.
    Er führte Dolores in ihr Zimmer. Sie warf Judith noch ein paar häßliche Worte an den Kopf, als sie hinausging. Philip schloß die Tür hinter ihr und sagte den Dienern, daß sie ihr das Abendessen auf einem Tablett bringen sollten. Währenddessen saß Judith im Wohnzimmer und stützte den Kopf in die Hände.
    »Na, hoffentlich hat dir die Schimpferei Spaß gemacht«, sagte Philip.
    »Ach, es tut mir ja so leid. Ich hätte nicht so reden sollen. Das war nicht recht. Aber warum hat sie sich so unaussprechlich gemein benommen?«
    »Du hast sie hierhergebracht, wie du weißt.«
    »Ja ich weiß es! Und sie hat in meinem Heim die anderen betrogen – warum mußt du mich auch noch daran erinnern?«
    »Weil ich ihrer ebenso überdrüssig bin wie du. Aber da du sie jetzt doch nicht fortschicken kannst, möchte ich dir raten, wenigstens ruhig zu bleiben, solange sie noch hier ist. Um Himmels willen, du kannst ja reden!«
    »Ja, ja, das habe ich schon vorher gehört. Was soll ich denn nun mit dem Geld machen, das sie den Kindern gegeben hat? Ich kann unmöglich zulassen, daß sie es behalten.«
    »Warum denn nicht?«
    »Das wäre doch kaum anständig.«
    »Dann gib es der Kirche. Aber was du auch tust, sprich darüber nie wieder ein Wort zu Dolores.«
    Judith erwähnte nichts mehr davon, aber Dolores grollte und schwieg. Ihr Verhalten zeigte Judith deutlich, daß es keinen Zweck hatte, vorzutäuschen, daß sie den Vorfall vergessen hätte. Sie versuchte, Christoph und David das Geld abzunehmen, aber die Kinder erhoben ein solches Geschrei, daß sie es nicht aushalten konnte. So erlaubte sie schließlich, daß sie es für sich ausgeben durften. Die Kinder verstanden ja doch noch nicht, was es bedeutete, beim Kartenspiel zu betrügen.
    Dolores' Kind, ein Junge, wurde in der nächsten Woche geboren. Judith gratulierte ihr so herzlich, wie es ihr möglich war, und schenkte ihr ein gesticktes Steckkissen, das sie eben aus Frankreich erhalten hatte. Aber sie konnte kaum verbergen, wie erleichtert sie sich fühlte, daß die Geburt vorüber war und nun für Dolores eigentlich kein Grund mehr bestand, noch länger in Ardeith zu bleiben. Es war Zeit, daß sie von ihrer unangenehmen Gegenwart befreit wurden.
    Judith schrieb Caleb einen Brief und teilte ihm mit, daß das Kind geboren wäre und daß es Dolores gut ginge.
    Mark kam sofort herüber, aber sein Sohn begleitete ihn nicht. Er schaute so ernst und düster drein, daß Judith ihn nicht fragte, ob Caleb sich denn so wenig für sein Kind interessiere, daß er es nicht einmal sehen wollte. Sie führte den Vater ins Kinderzimmer. Mark neigte sich über die Wiege, und ein zärtlicher, freundlicher Ausdruck verklärte sein gefurchtes Gesicht.
    »Ein schönes, gesundes Kind«, sagte er leise. »Wir wollen ihn Roger nennen.«
    »Roger?« fragte sie zweifelnd. »Hat früher jemand in unserer Familie diesen Namen gehabt?«
    Er schüttelte den Kopf und ließ dem Kleinen den Finger, als dieser danach griff. »In Erinnerung an Roger Williams von Rhode Island. Ein Führer der Ketzer, aber ein Mann von großem Mut.«
    »Will Caleb das Kind so nennen?« fragte Judith nach kurzem Zögern.
    »Er hat mir nichts darüber gesagt. Ist Dolores wohl stark genug, daß ich sie begrüßen kann?«
    »Ja. Sie liegt im nächsten Zimmer.«
    Mark zog den Finger aus der Hand des Kleinen und ging mit ihr zur Tür. »Es ist gut von dir, daß du sie bei dir aufgenommen hast«, sagte er verlegen. »Wenn deine Mutter noch gelebt hätte, wäre es in Silberwald vielleicht nicht so schwer für Dolores gewesen.«
    Judith wunderte sich, sagte aber nichts. Sie trat an das Bett ihrer Schwägerin. »Der Vater ist hier und möchte dich sprechen.«
    Mark kam darauf herein. Dolores schaute zu ihm auf und sah ihn mit ihren schwarzen Augen ruhig an, aber ihr Gesicht war müde und traurig.
    »Wir sind glücklich, daß du einen so schönen Sohn geboren hast, Dolores«, sagte er zu ihr.
    »Seid ihr das wirklich?« erwiderte sie, ohne sich zu rühren.
    »Ja, natürlich.

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