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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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es tun. Ich meine – nun ja, solange Sie hier bei mir sind, wagt keiner, mich anzureden.«
    Er legte die Arme um seinen leeren Teller. »Ich kann auch hier sitzen, ohne Bier zu trinken.«
    »Mein Gott, Sie sind aber anständig«, sagte sie mit müder Stimme. »Sie sind heute der erste Mann, der mich nicht wie eine Dirne behandelt hat.«
    Thad Upjohn zuckte die Schultern. »Nun, Sie waren auch sehr freundlich zu mir. Das hat mir gutgetan.«
    »Haben Sie sich auch so unglücklich gefühlt?«
    »Ja. Heutzutage ist es nicht leicht, sich durchzuschlagen.«
    »Ich hätte nie gedacht, daß es Männern schwerfallen würde, durchs Leben zu kommen.«
    »Wenn man keine Arbeit haben kann wie jetzt, ist es wirklich schwer.«
    »Warum gibt es denn keine Arbeit?«
    »Das ist nicht so einfach zu erklären. Die einen meinen, es käme vom Krieg, und es würden nicht mehr so viele Schiffe geladen wie früher. Und dann kaufen alle Leute, die hier unten am Kai zu tun haben, Negersklaven. Als ich zuerst herkam, gab es viel Arbeit, aber heutzutage wimmelt es von Schwarzen, und ein weißer Mann kann kaum Beschäftigung finden.«
    Dolores runzelte die Stirn und sah nachdenklich auf ihren Teller. Nachdem sie etwas gegessen hatte, fühlte sie sich tatsächlich wohler. Vielleicht war sie vorher hungrig gewesen, ohne es selbst zu wissen.
    »Aber warum hat Ihr König Ihnen kein Land gegeben, wenn Sie Engländer sind? Oder sind Sie nicht vor dem Aufstand hierhergekommen?«
    »O ja, ich bin schon lange hier. Aber der König hat nur den Leuten Land gegeben, die in dem Krieg gegen die Franzosen und Indianer gekämpft haben, und damals war ich nur ein junger Bursche – kaum siebzehn. Ich fühlte nicht den Drang in mir, oben in Virginia oder Pennsylvania oder wo es sonst sein mochte, gegen Indianer zu kämpfen.«
    »Aus welcher Gegend kommen Sie denn?« fragte sie interessiert.
    »Aus Georgia.«
    »Liegt das am großen Meer?«
    »Ja, Madame, zum Teil. Aber ich habe das Meer niemals gesehen. Ich stamme aus dem Hinterlande.«
    »Ich verstehe«, sagte Dolores, obwohl das nicht stimmte, da sie früher nie etwas von Georgia gehört hatte. Aber es lenkte ab und tat gut, mit einem anderen Menschen über seine Sorgen zu sprechen. Darüber vergaß sie ihren eigenen Kummer. Und wenn sie diesen Mr. Thad Upjohn auch nicht mit den feinen Herren vergleichen konnte, die sie in Silberwald getroffen hatte, so war er doch ein anständiger, netter Mann. Er hatte ein freundliches Wesen, ohne aufdringlich zu sein, und er war auch nicht liebenswürdig und wohlwollend wie die Leute in Ardeith, so daß sie sich gedemütigt fühlte. Für ihn war sie nur eine junge Frau, die sich aus irgendeinem Grunde elend fühlte. Er forschte sie nicht aus, und er bemitleidete sie auch nicht, sondern ließ sie in Frieden. Dafür war Dolores dankbar, ohne daß sie es in Worten aussprach, denn das war alles, was sie im Augenblick von den Menschen verlangte. Er war nicht sehr sauber und sah auch nicht besonders hübsch aus, aber wahrscheinlich würde er einen besseren Eindruck machen, wenn er das Haar kämmte, sich rasierte und eine Frau hätte, die sich um seine Kleider kümmerte.
    Am anderen Ende des langen Tisches stand ein Mädchen und sang ein freches Lied in der französischen Sprache der Kreolen. Sie schwenkte die Röcke und wiegte sich in den Hüften, während mehrere halbbetrunkene Soldaten mit den Füßen den Takt dazu traten. Ab und zu warf Thad Upjohn einen Blick auf sie, dann wandte er sich wieder an Dolores.
    »Sprechen Sie französisch?« fragte sie ihn und hoffte, daß es nicht der Fall wäre.
    »Um Himmels willen, nein, Miß Dolores! Ich kann weiter nichts als meine Muttersprache. Verstehen Sie es denn?«
    »Ja, ein wenig.«
    »Singt das aufgedonnerte Ding dort französisch?«
    Dolores nickte.
    »Sagen Sie, dann sind Sie ja gebildet?« meinte er bewundernd.
    »Nicht sehr. Man kann in Neuorleans leicht fremde Sprachen lernen, wenn man sie hört.«
    »Ich möchte wetten, daß Sie auch gut lesen können und all das.«
    »Spanisch ganz gut, aber nicht Französisch und Englisch. Können Sie lesen?«
    Ein Grinsen spielte um seinen breiten Mund. »Nein, Madame, aber ich wünschte, ich könnte es.«
    »Holen Sie sich doch noch ein Glas Bier.«
    »Aber ich kann doch nicht Ihr Geld ausgeben.«
    »Gehen Sie schon. Ich sagte doch, Sie sollten mir zum Abendbrot Gesellschaft leisten.«
    Er lachte und holte sich noch ein Glas Bier. Dolores war froh, daß er es tat. Sie hatte das Brot und

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