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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Zimmer um, das im grauen Morgenlicht noch abstoßender wirkte.
    »Ich bin nicht daran gewöhnt, daß jemand sich um mich kümmert«, erwiderte sie leise.
    »Aber Sie müßten doch einen Menschen haben.« Er setzte sich auf die Bettkante. »Wenn Sie erst anfangen, hier allein herumzugehen, kommen Sie nur dauernd in Ungelegenheiten. Ich bin zwar nicht viel, aber immerhin –«
    Dolores sah ihn groß an. Wenigstens war er ein Mann, und das war es, was sie brauchte. In seiner Begleitung konnte sie wahrscheinlich nach Neuorleans fahren. Sie hatte genug Geld bei sich, um die Fahrt für zwei Personen zu bezahlen. Rasch faßte sie ihn an der Hand.
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich einige Zeit bei Ihnen bleiben kann?«
    Er räusperte sich. »Ja, sehen Sie, ich bin so allein, und ich würde mich freuen, wenn ich für einen Menschen sorgen könnte.«
    Dolores lachte leise. »Sagen Sie, würden Sie mit mir nach Neuorleans fahren? Dort können Sie leicht Arbeit finden. Es ist wirklich eine große, schöne Stadt.«
    »Neuorleans?« erwiderte er unsicher.
    Sie nickte. »Ich hasse diese Stadt hier.«
    »Wie kommt es denn, daß Sie den Zahn verloren haben?« fragte Thad plötzlich.
    »Ach, ein paar Matrosen hatten eine Schlägerei in der Kneipe, in der ich bediente. Der eine warf mit einem Stuhl, und aus Versehen traf er mich. Das ist schon lange her. Damals verstand ich noch nicht, mich in acht zu nehmen.«
    Thad schüttelte langsam den Kopf. »Sagen Sie, Miß Dolores, Sie wissen auch jetzt noch nichts davon. Sie sind ebenso hilflos, als ob Sie erst gestern geboren wären. Immer kommen Sie in Schwierigkeiten und Gefahr. Wenn Sie in diese verrückte Stadt fahren, wird es noch schlimmer als je zuvor.«
    »Aber ich gehe doch nicht allein! Sie begleiten mich.«
    Er erhob sich. »Nein, Madame. Ich habe keine Lust, nach Neuorleans zu gehen. Dort unten spricht kein Mensch englisch, und es gibt noch mehr Neger als hier. Schöne Aussichten, einen Lebensunterhalt zu verdienen! Nein, Madame.«
    »Sie – Sie wollen nicht mitkommen?« Dolores seufzte. Wieder war sie zu voreilig und offen gewesen. Wäre sie eine Zeitlang bei ihm geblieben, so hätte er sie wahrscheinlich so liebgewonnen, daß er mit ihr überallhin gegangen wäre. Aber nun mußte sie ihn ziehen lassen, nachdem er einen festen Entschluß gefaßt hatte.
    »Nein, ich komme nicht mit«, sagte er. »Wenn Sie hinfahren wollen, kann ich Sie nicht zurückhalten. Und wenn Sie schließlich werden wollen wie die Frauen, die da unten in der Kneipe liegen, kann ich Sie auch nicht daran hindern. Und so werden Sie enden, wenn Sie nach Neuorleans gehen.« Er steckte die Hände in die Taschen und schüttelte den Kopf. »Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe, Madame.«
    Als er sich zur Tür wandte, hielt Dolores vor Schrecken den Atem an und bedeckte den Mund mit der Hand. Er verließ sie wirklich! Diesmal war es sein Ernst. Und mit ihm schwand die einzige Möglichkeit, sicher zu leben. Sie sah sich wieder, wie sie tagsüber auf dem Kai umherging und am Abend wieder in einem solchen Zimmer schlief. So würde es weitergehen, bis sie ihr Geld ausgegeben hatte. Plötzlich schrak sie zusammen, warf den Unterrock beiseite, sprang aus dem Bett und lief mit nackten Füßen hinter ihm her.
    »Ach, bitte, kommen Sie doch zurück!« rief sie an der Tür. »Bitte! Bitte! Sie haben mich nicht richtig verstanden – ach, bitte, gehen Sie doch nicht fort!«
    Thad drehte sich um und kam langsam zurück. »Was haben Sie denn, liebes Kind?«
    Dolores zog ihn ins Zimmer zurück und schloß die Tür. Sie fürchtete sich so sehr, daß sie schwer atmete.
    »Lassen Sie mich nicht allein!« bat sie. »Ich möchte bei Ihnen bleiben. Ich bin keine leichtfertige Frau, wirklich nicht. Ich bin nicht immer ein Engel gewesen, aber das, was Sie sagten, bin ich nicht. Bitte, lassen Sie mich bei Ihnen bleiben.«
    Er schaute auf sie nieder und lachte ein wenig. »Ach, Sie armes, junges Ding, Sie sind ja ganz außer sich.«
    Dolores hielt ihn mit beiden Händen. Sie dachte schnell und scharf nach. Sie hatte nicht die Absicht, ihr ganzes Leben mit einem Dockarbeiter zuzubringen. O nein, sie wollte nicht immer scheuern und Kleider ausbessern, aber im Augenblick schien es das beste zu sein, was sie tun konnte. Er hatte keine Stellung, und er war auch nicht sehr klug, ja, er konnte nicht einmal seinen eigenen Namen lesen; aber er hatte einen guten Charakter. Er sah nicht so aus, als ob er sie schlagen oder immer

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