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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Sie ruhig. Sie sollen mir Gesellschaft leisten.«
    Er trank von dem Bier, dann wischte er den Mund mit dem Handrücken ab und versuchte, sie am Handgelenk festzuhalten, als sie fortging.
    »Wollen Sie nicht bleiben?«
    »Nehmen Sie Ihre Hand weg!«
    Er gehorchte. »Es tut mir leid, Madame. Ich dachte nur –«
    »Dann haben Sie sich geirrt, wenn Sie das dachten.«
    Er nahm einen Löffel Reis und sah wieder lächelnd zu ihr auf. Sein Lächeln war nicht gemein, sondern verriet nur Dankbarkeit und leichte Neugierde. Sie erwiderte es.
    »Ich meinte nur, es ist wirklich nett, Madame, daß Sie einem Mann ein Abendessen geben, den Sie früher noch nie gesehen haben. Ich danke Ihnen wirklich dafür. Man wird hungrig, wenn man den ganzen Tag auf den Docks umherläuft und keine Arbeit findet. Setzen Sie sich doch einen Augenblick! Ich will Ihnen nichts zuleide tun.«
    Dolores ließ sich ihm gegenüber auf der Bank nieder und stützte das Kinn in die Hände. Er aß so schnell, daß er einige Zeit nicht sprechen konnte. Sie beobachtete ihn. Er hatte eine große, gebogene Nase, ein scharfes Kinn und einen breiten Mund mit schönen, weißen Zähnen. Sein Haar war braun, aber oben ein wenig von der Sonne gebleicht. Das Hemd mußte einmal blau gewesen sein, aber die Farbe war ausgesogen. Man konnte sie nur noch an den Säumen erkennen. An der einen Schulter sah sie zwei Risse. Vorher hatte sie schon ein Loch in seinem Strumpf direkt unter dem Knie bemerkt. Allem Anschein nach hatte er keine Frau, die für ihn sorgte.
    Er sah von seinem Teller auf. Über seinen blauen Augen wölbten sich buschige Brauen. Sie waren aber von der Sonne so gebleicht, daß sie auf seinem gebräunten Gesicht beinahe weiß aussahen.
    »Warum haben Sie mir das gebracht?«
    »Ach, ich weiß nicht«, erwiderte sie. »Ich glaube, weil Sie mir so einsam und verlassen vorkamen.«
    »Haben Sie denn schon zu Abend gegessen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Zum erstenmal erinnerte sie sich daran, daß sie den ganzen Tag außer einer Banane und ein paar Trauben nichts zu sich genommen hatte.
    »Dann müssen Sie aber auch etwas essen.«
    »Nein, davon will ich nichts. Das gehört Ihnen.«
    »Es ist aber doch besser, wenn Sie auch etwas nehmen. Sehen Sie einmal her.« Er tauchte ein Stück Brot in das Bier und reichte es ihr über den Tisch. »Essen Sie das! Es tut gut, wenn man keinen Appetit hat.«
    Sie nahm es und begann zu essen. Es schmeckte gut.
    »Mögen Sie es?«
    Sie nickte.
    »Die Kerzen, die Sie in Ihr Kleid gesteckt haben, werden aber schmelzen. Die müssen Sie herausnehmen.«
    Dolores lachte und legte sie auf den Tisch. »Die hatte ich ganz vergessen.«
    »Wie kommt es nur, daß Sie so sonderbar sprechen?«
    »Ich bin keine Engländerin.«
    »Sie sind wohl eine Kreolin?«
    »Ja, eine Spanierin aus Neuorleans.«
    »Waren Sie lange hier oben?«
    »Nein, nicht allzulange.«
    »Wie heißen Sie denn?«
    »Dolores.« Sie hielt inne. ›Sheramy‹ wagte sie nicht zu sagen, und ›Bondio‹ blieb unausgesprochen.
    »Ich heiße Thad Upjohn.« Nach einem kleinen Zögern fragte er: »Was machen Sie hier, Miß Dolores?«
    »Ich bin nur zufällig hereingekommen.«
    Die Antwort schien ihn nicht zu befriedigen. »Ist Ihr Mann auch hier?«
    Dolores biß sich auf die Lippe. »Ich habe keinen.«
    »Aber Sie tragen doch einen Trauring?«
    »Warum benützen Sie Ihren Mund nicht zum Essen?« entgegnete sie ärgerlich.
    Er senkte den Blick. »Entschuldigen Sie, Madame, ich wollte nicht mit Ihnen streiten.«
    Dolores stützte die Stirn in die Hände und fuhr mit den Fingern durch das Haar. »Ach, ich bin Ihnen nicht böse. Aber ich fühle mich so elend im Herzen, daß ich gereizt bin –«
    »Ja, ja«, sagte er freundlich. »Es macht auch nichts. Es tut mir sehr leid, daß es Ihnen schlecht geht.«
    Sie erwiderte nichts und sah auch nicht auf.
    »Hören Sie, Miß Dolores«, sagte er nach einer Weile. »Ich habe nichts, daß ich etwas für Sie kaufen könnte, aber es würde Ihnen sicher guttun, wenn Sie etwas essen würden.«
    »Glauben Sie?«
    »Natürlich. Sie sehen sehr hungrig aus.«
    Dolores nahm die Börse aus dem Ausschnitt. »Also gut, holen Sie mir etwas! Aber keine Garnelen.«
    Bald darauf kam er mit Brot, Käse und Bier zurück.
    »Essen Sie das. Dann fühlen Sie sich stärker.«
    Sie biß in das Brot. »Wollen Sie nicht noch ein Glas Bier für sich selbst haben?«
    »Ich möchte nicht, daß Sie noch mehr für mich kaufen, Miß Dolores.«
    »Ich wünschte aber, daß Sie

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