Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Partei.
»Ich glaube, Sie gehen jetzt besser, Madame«, sagte Thad.
»Ja.« Sie erhob sich und steckte eine der Kerzen an einem brennenden Licht in einer Flasche an.
»Ich werde mich auch wieder aufmachen«, meinte er, als er aufstand. »Ich möchte hier nicht in eine Keilerei geraten und mir den Schädel einschlagen lassen.«
Sie nahm die anderen Kerzen auf und ging nach der Tür.
»Haben Sie ein Zimmer, wo Sie bleiben können?« fragte Thad.
»Ja, hinter diesem. Es ist nur ein Loch, aber ich kann die Tür zuschließen.«
Er zögerte. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich morgen herkomme und frage, wie es Ihnen geht?«
»Ich würde mich freuen.« Sie standen im Flur. »Wo wohnen Sie denn?«
Er lachte. »Mein Gott, ich habe kein festes Quartier. Meistens schlafe ich draußen auf den Docks. Ich werde schon eine Stelle finden, wo ich vor dem Regen unterkriechen kann.«
Dolores blieb vor ihrer Tür stehen und zog den Schlüssel aus ihrem Kleid. Sie sah zu ihm auf. »Mr. Upjohn, glauben Sie an Gott?«
»Madame? Aber sicher glaube ich an Gott, Miß Dolores. Warum fragen Sie danach?«
Sie holte tief Atem. »Wenn Sie bei Gott schwören, daß Sie mich in Frieden lassen, können Sie hier bei mir bleiben.« Sie schloß die Tür auf. »Es ist schrecklich hier drinnen, aber wenigstens haben Sie ein Dach über dem Kopf. Sie können sich da draußen in dem Regen den Tod holen.«
Thad hielt sie zurück, als sie die Tür aufstieß. »Miß Dolores, ich werde Sie nicht belästigen, das schwöre ich Ihnen, und das meine ich auch so. Aber Sie haben keinen Grund, mir zu glauben. Sie kennen mich doch gar nicht.«
Sie sah ihn an. »Die Gefahr will ich auf mich nehmen. Ich sehne mich so sehr danach, einen Menschen kennenzulernen, der anständig ist. Kommen Sie.«
Sie ging hinein, kniete auf dem Boden nieder und hielt die Kerze seitwärts, damit etwas geschmolzenes Wachs auf den Boden tropfen sollte, um das Licht zu befestigen.
»Brauchen Sie die Decke und das Kissen nicht, die auf dem Boden liegen?« fragte Upjohn.
»Nein«, erwiderte Dolores, ohne aufzusehen. »Sie waren mir zu schmutzig.«
»Ich habe schon auf schlechteren als diesen geschlafen. Lassen Sie mich das Licht lieber festmachen, Sie stecken sonst noch das ganze Haus in Brand.«
Schweigend reichte sie ihm die Kerze. Als diese fest auf dem Boden stand, reichte Dolores ihm den Schlüssel.
»Möchten Sie mir noch einen Eimer Wasser holen, damit ich mich morgen früh wenigstens waschen kann?« fragte sie etwas verlegen.
»Natürlich, Miß Dolores.« Er nahm den Schlüssel und ging hinaus.
Dolores kleidete sich aus. Vielleicht wäre es besser, dachte sie, das nicht zu tun, aber sie hatte diese Kleider schon so lange getragen, daß sie sich unsauber anfühlten. Sie nahm ein Nachtgewand aus dem Kasten und zog es an. Dann legte sie sich auf das Bett und deckte sich mit einem weiten, gesteppten Unterrock zu.
Thad brachte das Wasser. »Haben Sie jetzt alles, was Sie brauchen?« fragte er, als er die Tür schloß.
»Ja.«
»Gut, Madame. Dann schlafen Sie ruhig. Ich sorge schon dafür, daß niemand Sie belästigt.«
Er legte die Decke quer vor die Tür, dann kniete er nieder, um das Licht auszublasen.
»Miß Dolores, es ist wirklich sehr nett von Ihnen, daß Sie mich hier im Zimmer schlafen lassen und ich nicht im Regen übernachten muß.«
»Es ist schon gut.«
Thad lehnte sich zurück und setzte sich auf den Boden. »Nun ja, Madame, ich habe auch viel Unglück durchgemacht, seitdem meine Frau und mein Kind starben und ich keine Arbeit bekam. Ich habe auch keine Freunde hier. Es war sehr schön, daß ich Sie getroffen habe.«
»Schlafen Sie jetzt nur.«
Er blies das Licht aus. Dolores hörte, daß er sich in die Decke einwickelte, und nach einiger Zeit schnarchte er leise. Sie atmete dankbar auf, war aber auch überrascht. Es war doch ein gewisser Trost, nicht allein zu sein.
Thad weckte sie, als der Morgen heraufdämmerte. Es regnete nicht mehr.
Dolores richtete sich auf und hielt den Unterrock bis dicht an das Kinn.
»Was wollen Sie?«
»Ich wollte Ihnen nur den Schlüssel geben, Madame, und sagen, daß ich jetzt gehe. Im Hafen fangen sie sehr zeitig mit dem Laden der Boote an.«
»Leben Sie wohl.«
Thad wandte sich zur Tür, hielt aber wieder an und kam zurück.
»Miß Dolores, wohin wollen Sie gehen? Ich meine – nun, ich meine, ich möchte Sie nicht gern allein lassen, ohne daß sich jemand um Sie kümmert.«
Sie sah sich in dem häßlichen
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