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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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setzte sich auf die Treppe. Er wußte besser als sie, was zu tun war. Bald füllte sich das Haus mit Nachbarn. Wer selbst nicht betroffen war, der wollte die anderen trösten. Corrie May war froh, daß das Mittagessen noch auf dem Tisch stand. Die Mutter vermochte kaum einen Bissen zu sich zu nehmen; mochten die anderen ihr zureden, soviel sie wollten: daß sie gerade jetzt bei Kräften bleiben müsse und nichts damit geholfen wäre, wenn sie hungerte. Und vor lauter Zureden bekamen die Gäste selber Hunger, ließen sich nicht lange bitten, und schnell war die Schüssel leer, das Brot verspeist.
    Am nächsten Morgen erschien Budge Foster. Er war schon in die Hütte umgezogen, die er sich auf seinem Ackerland errichtet hatte. Zu ihm war die schlimme Kunde verspätet gedrungen. Er fragte, ob er helfen könnte. Corrie May dankte Gott, als er sich blicken ließ, denn alles, was getan werden mußte, das würde sie zu verrichten haben – daran war kaum zu zweifeln. Die Mutter weinte und wankte gebrochen umher; niemand außer dem alten Upjohn vermochte ihr Trost zu spenden.
    Budge meinte, er wolle sich aufmachen, die Leichen aus dem Lager in die Stadt zu holen; die Jungens sollten ordentlich begraben werden!
    »Ich komme mit!« sagte Corrie May.
    »Ach, überleg mal, liebes Mädchen! Das brauchst du nicht!«
    »Ich glaube doch, ich muß mit dir fahren!«
    »Das ist nicht das Richtige für ein Mädchen!« Budge sagte es männlich ernst und wichtig.
    »Aber ich kann doch keinen Fremden meine Brüder holen lassen; dazu habe ich sie zu gern gehabt«, beharrte Corrie May.
    »Ich bin kein Fremder!« widersprach Budge Foster. »Außerdem könnte die Fieberluft immer noch im Lager herrschen, Kindchen! Nachher wirst du mir auch noch krank!«
    »Und wenn schon!« begehrte sie auf. »Das ist kein Leben mehr! Lieber tot sein und im Himmel! Immerzu muß man sich kümmern und sorgen, daß sich die Männer nicht selber umbringen – und wollen doch bloß ihren Unterhalt verdienen, weiter nichts!«
    Budge ließ sich auf keinen Streit mit ihr ein. Sie kletterten auf den Wagen und holperten aus der Stadt, die große Straße entlang, bis sie den Seitenweg erreichten, der zu den Sümpfen führte. Die Zypressen wucherten üppig in der feuchtschweren Luft; den dichten Urwald hier hatte der Mensch noch nicht unterworfen. Die Bäume drängten sich so dicht zum Licht empor, daß der moorige Grund ewig im Dämmern lag. Überall waltete lautlose Stille, die nicht nur die Ohren, sondern auch die Augen einschläferte. Grau das Wasser und silbern die Stämme; Moos quoll in langen Fahnenfetzen von den Ästen hernieder, lavendelfarbene Sumpfhyazinthen schimmerten verhalten; – in der heißen Luft schwebte die Landschaft, als besäße sie nur Höhe und Breite, ermangelte aber der Tiefe. Am Grund des Waldes lastete die Hitze; ganz anders spürte man sie hier als weiter oberhalb am Strom, wo die Stadt lag; sie drückte feucht und schwer; der Schweiß wollte nicht mehr trocknen auf der Haut; die Tropfen liefen den Rücken hinunter, zwischen den Beinen abwärts und tropften von der Stirn und den Augenbrauen, als wären es Tränen.
    Die Toten lagen in einem Zelt unweit des Fahrwegs aufgebahrt. Weit hinten am Rande der Lichtung waren die Holzfäller an der Arbeit, schlugen weiter Baum für Baum aus der graugrünen Dämmerung. Der Mann, der das Totenzelt beaufsichtigte, behandelte die Besucher sehr höflich; er beteuerte, wie tief er bedauere, daß all die jungen Leute hätten sterben müssen. Er fragte Corrie May, ob sie mit den beiden Toten verwandt sei. Ja, sie wäre die Schwester. Sie erhielt ein Papier: »Gib das deinen Eltern!« sagte der Mann. »Sie sollen damit zu dem Kontor am Hafen gehen. Sie bekommen hundert Dollar Versicherung darauf. Fünfzig Dollar für jeden!«
    Corrie May steckte den Schein in ihre Tasche. Soll ich ihn Mama geben? Die verlor ihn womöglich in ihrem Kummer. Und Papa – der würde das Geld verschwenden, würde es für Wein und Blumen ausgeben und für schöne Trauerkleider, um Mama damit zu trösten. Am besten, sie behielt das Geld und sorgte für Essen und Trinken.
    Sie hoben die Toten auf den Wagen und breiteten ein Laken über sie hin. Corrie May vermochte sich der Tränen nicht zu erwehren, als sie heimwärts rumpelten. Budge legte liebevoll seinen Arm um ihre Schulter: wie leid ihm alles täte, wie leid!
    Die Jungen bekamen ein schönes Begräbnis. Mr. Upjohn hielt selbst die Predigt; von weit her waren die Leute

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