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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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gut; aber verstehen konnte er sie nicht; vielleicht begriff er ihren Kummer; aber ihren Zorn begriff er nicht. Budge nahm das Dasein unbesehen hin und fragte nie danach, ob es auch anders sein könnte. Wenn sie ihn heiratete – vielleicht lernte sie dann auch, gelassen und zufrieden dahinzuleben wie er.
    Sie fuhren an Baumwollfeldern vorbei, die schon silbern schimmerten; vorbei an breiten Äckern voll Zuckerrohr, hellgrün in der Sonne leuchtend. Schließlich erreichten sie das hohe Tor der Plantage Ardeiths. Es stand offen; eine mächtige Eichenallee führte zu dem Herrenhaus im Hintergrund. Budge hielt den Wagen an, und Corrie May blickte die Allee hinauf.
    Man konnte es nicht deutlich erkennen, das mächtige Gebäude, in dem die Larnes wohnten; Moos hing in schmalen Fahnen von den hohen Bäumen und verwehrte den Blick. Eichen schatteten kühl; sie mochten wohl hundert Jahre zählen. Und hinter den Eichen also erhob sich das Schloß, weiß und leuchtend wie eines Königs Palast; Säulen trugen das weite Dach. Corrie May hatte oft genug die Pracht des Hauses rühmen gehört. Türgriffe und Kerzenhalter aus Silber, eine wunderbare mächtige Wendeltreppe von beinahe märchenhafter Vornehmheit, Gardinen aus Brokat und Seide, Mahagonibetten so geräumig, daß eine ganze Familie auf einmal in ihnen schlafen konnte – dies alles sollte auf Ardeith zu finden sein.
    Corrie May kletterte vom Wagen herunter. »Ob ich hier hineingehe?« fragte sie Budge.
    »Wohl lieber nicht!« meinte Budge unsicher. »Der Weg führt hier am Zaun entlang weiter. Es wird einen Hintereingang geben.«
    »Warte hier auf mich!« sagte Corrie May. »Ich komme gleich wieder, wenn ich Mr. Larne gesprochen habe.« Sie folgte dem Weg, der auf der Außenseite den schmiedeeisernen Zaun begleitete.
    »Soll ich mitkommen?« rief Budge ihr nach.
    »Nein, ich schaffe es schon selbst.«
    In Wahrheit wollte sie allein sein, um sich das Haus anzusehen. Budge redete zuviel. Ihr war so Märchenhaftes von dem großen Gebäude berichtet worden. Jetzt wollte sie die Gelegenheit benutzen, sich zu überzeugen, wieviel an den Geschichten stimmte, und wollte die Pracht in aller Stille und ungestört genießen; ein zweites Mal würden sich die Türen von Ardeith ihr wohl nicht öffnen.
    Selbst auf der Rückseite war das Haus noch schön; auch hier reichten die hohen, weißen Säulen bis unter das Dach und stützten es. Corrie May durchschritt den Hintereingang des Parks. Auf der Veranda vor den Quartieren der Hausbediensteten saßen ein paar Neger; sie hatten offenbar nichts zu tun. Wie hübsch die Mädchen angezogen waren; sie trugen Kleider aus blauem Kattun und gefältelte Schürzen vorgebunden, dazu adrette Schuhe. Corrie May blickte an ihrem eigenen verblaßten Kleid hinunter. Es war sauber gewesen, als sie von Haus abgefahren war, jetzt aber schmutzig und verstaubt – genau wie ihre nackten Füße, die ohnehin vom Barfußlaufen hart und rissig waren.
    Aus der offenen Tür des Küchenhauses strömte verführerischer Bratenduft. Beneidenswert, wer so gute Sachen jeden Tag zum Abendbrot vorgesetzt bekam. Corrie May fürchtete sich: die Neger mochten von ihr wissen wollen, was sie hier zu suchen hatte. Sie fühlte nach dem Brief in ihrer Tasche, den der Mann aus dem Kontor ihr mitgegeben hatte; er bewies, daß sie ein Recht besaß, hier einzudringen. Sie eilte den Weg entlang und stieg die wenigen Stufen zur Hinterveranda des großen Hauses hinauf. Ein Neger hockte auf der Galerie und drehte die Kurbel an einem Fäßchen für Sahneneis. Sahneneis zum Abendbrot –! Das stelle man sich vor! Dabei kostete jetzt in der heißen Zeit das Eis fünfundzwanzig Cent das Pfund!
    Corrie May zögerte. »Ist Mr. Larne zu Hause?« fragte sie.
    Der Mann an dem Fäßchen für Sahneneis blickte auf.
    »Was ist?«
    »Mr. Larne!« sagte Corrie May. »Ich habe was Geschäftliches!«
    »Er ist vor einer Weile nach Hause gekommen. Klopf nur immer an die Tür!«
    Sie trat an die Hintertür und pochte. Die Tür stand offen; aber der hohe Raum dahinter ruhte im Dämmern; draußen blendete die Sonne. Gähnend groß dehnte sich die Halle. Man hätte mit einem Maultiergespann hindurchfahren können, und immer noch wäre auf beiden Seiten Platz geblieben. Im Hintergrund neben der Vordertür stieg weißes Holzwerk auf. Das mußte die berühmte Treppe sein. Die Flügel der Vordertür waren aufgeschlagen; vor ihr hoben sich wieder die Säulen hoch, das konnte Corrie May erkennen. Weiter hinaus

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