Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
herbeigeströmt. Jedermann meinte, es wäre das feinste Begräbnis gewesen seit Menschengedenken.
Mr. Upjohn – gewiß, der war ein gewaltiger Prediger vor dem Herrn!
II
A m Tage nach dem Begräbnis erschien Budge abermals mit seinem Wagen, Corrie May abzuholen; er wollte mit ihr zum Kontor der Pflanzung Ardeith fahren, das Versicherungsgeld einzukassieren. Budge und Corrie May waren sich einig, das Geld den Eltern nicht auszuliefern.
Als sie zum Hafen hinunterrollten, fragte Corrie May, ob es Budge nicht schwerfiele, seine Äcker so lange im Stich zu lassen. Budge hob erstaunt seine Stimme:
»Aber, Mädchen, wo denkst du hin? Du bist mir wichtiger als die Baumwolle. Ich wollte dir sowieso schon sagen …«
»Was denn?« fragte Corrie May.
Budge räusperte sich verlegen: »Ach, eigentlich ist dies nicht die richtige Zeit; die schwarzen Bänder hängen noch am Türpfosten und an der Klinke. Ich wollte dich fragen … Aber du weißt es wohl schon – ich, ich hab' dich schon immer gern gehabt.« Sein Gesicht war puterrot, als wäre ihm übel: »Du brauchst mir ja nicht zu antworten, ehe die Trauerzeit vorbei ist, aber wenn wir uns heiraten können, bevor die kalten Tage kommen – das wäre eine Sache! Ich, ich – wär' stolz auf dich, Corrie May!«
Corrie May kaute auf ihren Lippen und zögerte. Eine seltsam zärtliche und tröstliche Wärme stieg in ihr auf. »Ich – ach, ich weiß nicht – «, erwiderte sie. »Ich, ich hab' noch nicht viel ans Heiraten gedacht.«
»Mich kannst du schon heiraten, Kind!« sagte Budge. »Ich meine es ehrlich, werde schon auf dich aufpassen. Ich habe einen hübschen kleinen Acker; von den Ernten kann ich leicht die Pacht bezahlen, und zum Essen ist immer genug da. Und ich bin wirklich ganz verrückt nach dir –!«
Seine Stimme drängte. Corrie May zerrte an ihren Hutbändern. Sie war verlassen gewesen und hatte sich geängstigt. Jetzt stiegen ihr erstickend die Schluchzer auf; sie dämmte die Tränen nicht mehr zurück und schämte sich nicht; sie flüsterte kaum hörbar: »Wenn du meinst, Budge, daß wir miteinander auskommen –!«
»Ach, mein Honiglamm, ist das dein Ernst?« Budge küßte sie öffentlich, hoch auf dem klappernden Wagen. »Das kannst du mir glauben: ich bin glücklich, wirklich glücklich!«
Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen fort und lächelte. Sie fühlte sich wann und sicher neben Budge. »Du machst mich auch glücklich, Budge. Nicht viele Mädchen kriegen einen so feinen Mann wie dich!«
»Also – noch ehe das kalte Wetter anfängt –!«
»Ja, Budge!«
Er blickte sie so sehnsüchtig an, als könnte er sich kaum enthalten, sie abermals zu küssen; sie rutschte scheu auf dem Wagenbrett ein wenig zur Seite: »Nicht hier, Budge. Die Leute sehen schon her!«
Sie fühlte sich erleichtert. Seit die Brüder gestorben waren, hatte ihr Herz noch kein einziges Mal so frei und leicht geschlagen. Budge würde für sie sorgen. Ob das wohl erlaubt wäre: einen kleinen Teil des Versicherungsgeldes für ein Kleid und neue Schuhe auszugeben? Sie wollte doch heiraten und den Leuten beweisen, wie stolz sie auf ihre Heirat wäre; da durfte sie nicht barfuß vor den Geistlichen treten, wie es die Neger machen.
Als sie das Kontor am Hafen erreichten, zitterte sie fast vor Glück, obgleich ihr das frohe Gefühl fast wie eine Sünde erschien; denn für das Versicherungsgeld, das sie einkassieren wollte, hatten ja die Brüder das Leben lassen müssen. Der Mann hinter dem Schreibtisch blickte sie an und lächelte. Er hält mich für gierig und herzlos, dachte Corrie May: ich sehe so glücklich aus, wo doch der Anlaß so traurig ist.
Die Augen des Mannes glitten weiter zu Budge; sein Lächeln wurde breiter noch, als er Budge betrachtete.
»Upjohn?« sagte er, als er Corrie May das Papier aus der Hand genommen hatte; er suchte den Namen in den Spalten seines Kontobuches.
»Stimmt: Upjohn. Hier steht es. Sie sind mit den Toten verwandt?« fragte er Budge.
»Ich bin mit diesem jungen Mädchen verlobt«, sagte Budge.
Corrie May senkte verschämt den Kopf.
»Sie ist die Schwester der Verstorbenen!« erklärte Budge den Sachverhalt weiter.
»Ich darf die Gelder nur an ein Familienmitglied auszahlen«, erklärte der Mann und schüttelte den Kopf.
»Ich bin ja die Schwester«, wiederholte Corrie May.
Er blickte sie zweifelnd an und runzelte die Brauen: »Du hast noch nicht das richtige Alter! Wie alt bist du?« fragte er.
»Bald
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