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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Freundlichkeiten erfahren hatte.
    Der Fahrer des Wagens hielt noch einmal sein Maultier an und lehnte sich über den Rand des Wagens, denn am Wegrand saß ein andrer Neger, mit dem er etwas zu beschwatzen hatte. Corrie May fühlte einen Schauer über ihren Rücken rieseln. Nein, sie konnte es nicht! Sie hatte Ann die Zehndollarnote ins Gesicht geworfen; sie konnte sie jetzt nicht um ein Mittagsmahl bitten. Auch die zehn Dollar konnte sie nicht mehr von ihr verlangen; sie hatte sie schon erhalten; ein mit wenigen Worten beschriebenes Blatt Papier hatte dabeigelegen. Sie konnte nicht lesen, was da geschrieben stand, und hatte den Zettel Gilday gezeigt. Er hatte die Schriftzüge entziffert: »An Corrie May Upjohn! Rückzahlung des Darlehens. Ann Sheramy-Larne.«
    Corrie May erinnerte sich daran, wie Gilday gelacht hatte; sie selbst war heimlich vor Scham errötet. Nein, lieber wollte sie gleich hier in den Fluß springen, als Ann um ein Stück Maisbrot angehen.
    Aber wenn sie ihrem Kinder später klarmachen wollte, daß man zuerst und vor allen Dingen am Leben und am Werk bleiben mußte, dann kamen auch Zeiten wie diese: man verschluckt all den Stolz und tut so, als hätte es ihn nie gegeben, wenn die bittre Pille herunter ist. Der Kutscher des Wagens schaute nach der andren Seite; sie kletterte schnell auf den Karren und kauerte sich hinter den Fässern zusammen. Der Fahrer sagte schließlich dem Freunde Lebewohl und rollte mit seinem blinden Passagier davon über die tief zerfahrene Straße. Der diebische Gilday hatte keinen Handschlag an sie gewendet; sie starrte voller Wurzeln und Löcher wie ein Waldweg. »Ich werde mich bei ihr entschuldigen, daß ich sie damals so hochmütig behandelt habe. Ich werde sie um Arbeit bitten. Ich will auf dem Felde arbeiten und mit dem Essen als Lohn zufrieden sein. Wenn sie jetzt auch arm ist, so wächst ihr doch noch im Garten das Gemüse halb von selber zu. Ja, eine gute Mahlzeit, das soll mir als Lohn genügen!«
    Nach diesem Beschluß fühlte sie sich bedeutend besser. Allerdings: sie bekam ein Kind. Aber deswegen wimmerte sie nicht, wie es die feinen Damen tun; sie sitzen dann in den Sofaecken herum und lassen sich bedienen. Dabei fiel ihr ein, wie Ann in rüschen- und spitzenbesetzten Morgenröcken die Zeit vertrödelt hatte, als sie ihr erstes Kind erwartete; Corrie May lächelte verächtlich und spürte es gar nicht.
    Der Wagen hielt vor einem Speicher still; Ardeith war noch etwa eine Meile Wegs entfernt. Als der Kutscher die leeren Fässer abladen wollte, entdeckte er den ungeladenen Fahrgast.
    »Was ist denn das, weißes Mädchen«, fragte er erstaunt, »hier einfach so mitfahren?«
    Sie lächelte ihn an: »Ich wollte nur ein bißchen spazierenfahren. Ich hab' dich ja nicht gestört.«
    »Na, jetzt mußt du aber absteigen«, sagte er. »Sonst kann ich die Fässer nicht abladen.«
    »Fährst du nicht noch weiter?« fragte sie hoffnungsvoll.
    »Nein! Ich geh' jetzt nach Hause, damit meine Alte mir Abendbrot macht.«
    Abendbrot –? Corrie Mays Magen tat einen Hüpfer. »Wo wohnst du?« erkundigte sie sich.
    Er wies zu einer Hütte hinüber, die weit draußen in den Feldern unterhalb der Deiche stand. »Na, jetzt mach aber, daß du weiterkommst, weißes Mädchen!« drängte er gutmütig. »Meine Alte wartet auf mich.«
    »Also gut!« Corrie May gab nach und kletterte zu Boden.
    Sie nahm den Weg nach Ardeith unter die Füße; es fiel ihr nicht leicht; aber es blieb ihr ja nichts weiter übrig, als einen Schritt vor den anderen zu setzen. Die Felder, an denen sie vorüberstampfte, boten keinen schönen Anblick. Hier und da sah man ein paar Männer bei der Arbeit; doch ihre Zahl war gering. Die Hälfte der Äcker war überhaupt nicht bestellt; das Unkraut wucherte wer weiß wie hoch. Corrie May beachtete es kaum. Sie durfte nicht stillstehen; sie hatte ihre Beine zu bewegen; wenn sie es lange genug aushielt, gelangte sie nach Ardeith.
    Die Muskeln schmerzten ihr bis in die Hüften hinauf; ihr Kopf dröhnte; endlich stand sie vor den Toren von Ardeith. Sie wollte den Vordereingang benutzen und die Allee entlang zum Hause wandern. Damit verletzte sie vielleicht den schuldigen Respekt; aber der Umweg zum Hintertor erschien ihr unerträglich lang.
    Doch das hohe eiserne Tor war verschlossen und verriegelt. Seltsam: es war sonst nie geschlossen gewesen; Corrie May hätte früher kaum für wahr gehalten, daß das Tor überhaupt ein Schloß besaß. Sie legte ihr Gesicht an die

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