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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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kräftig zuzulangen, damit sie bei Kräften blieben; man merkte es: sie ängsteten sich vor dem Strom; sie kannten seine Furchtbarkeit nicht minder als die Männer, die sich wütend plagten, die alten Ufer zu verstärken, daß er nicht ausbräche. Es fiel Fred auf, daß die Männer sich nach dem Abendessen keine Ruhepause gönnten, wie es bei den Ladearbeitern am Hafen üblich war. Sie alle wohnten in den Hütten unterhalb des Deiches; ihre Äcker waren es, die der Strom bedrohte. Das harte Werk, das sie vollbrachten, galt wichtigeren Zielen als nur dem Lohn, der sie erwartete.
    »Na, wie geht's?« fragte dicht hinter ihm eine freundliche Stimme.
    Mr. Vance war es; seine stoppligen Backen zeigten sich mehr noch als vor Stunden mit Lehm verschmiert; die Haut um seine Augen war wie entzündet vor Erschöpfung; aber sein Lächeln hatte nichts von der früheren Freundlichkeit verloren.
    Fred lächelte dankbar zurück.
    »Mir geht's gut, Herr!« antwortete er so selbstbewußt, wie er's nur zustande brachte.
    »Leg dich jetzt lieber ein bißchen aufs Ohr!« schlug Mr. Vance vor. »Ja, Mr. Vance«, erwiderte Fred und schämte sich, weil das Verlangen nach Schlaf ihn im gleichen Augenblick fast überwältigte. »Wo kann man sich denn hier schlafen legen?«
    »Komm mit mir mit! Ich will mich auch ausstrecken.«
    Fred taumelte hinter ihm den Deich hinunter. Am Fuß des Dammes hatten die Füße der vielen Menschen und Tiere das Erdreich in einen klebrigen Schlamm verwandelt. Sie stapften zu einem der Zelte hinüber. Mr. Vance hob die Klappe vor dem Eingang auf; undeutlich erkannte Fred die Umrisse von Männern, die einer neben dem andern auf groben Strohsäcken aufgereiht lagen. Alle schienen sie fest zu schlafen.
    »Wo soll ich mich hinlegen?« fragte Fred.
    »Wo du Platz findest!« sagte der Mann, der ihn zur Arbeit eingestellt hatte, und fügte hinzu: »Du machst dich gut, Fred! Ich habe dich beobachtet.«
    Fred strahlte vor Freude auf. Aber ehe er noch antworten konnte, war der Alte schon im Dunkel verschwunden, einen Schlafplatz zu suchen. Mit seinen morastigen Füßen fühlte sich Fred vorsichtig in die Finsternis des Zeltes hinein, bis er einen leeren Strohsack entdeckte. Er taumelte nieder; der Schlaf stürzte über ihn her, als hätte ihn eine Keule getroffen.
    Es dämmerte gerade erst blaß, als die Männer schon sich regten. Keiner redete viel mit dem Jüngsten. Überhaupt war man hier kein Freund von zahlreichen Worten. Sie brummelten nur, der Fluß steige weiter – wenn es nur nicht noch regnen wollte! Vor den Zelten waren wiederum die erfreulichen Damen unterwegs, die Männer zu speisen, diesmal mit Kaffee und Maisbrot. Später sah Fred, wie sie sich auf den Feldern an die Arbeit machten; ihre Kinder halfen mit. Noch nie hatte Fred so schwer arbeiten müssen wie an diesem Tage, und doch war er glücklich, daß er so guten Leuten beistehen durfte.
    Die Wasser des Stromes stiegen, und immer wilder werkten die Männer; ohne jede Pause, ohne einmal Atem zu holen, wie Fred noch keinen Menschen in seinem Leben hatte arbeiten sehen. Dreimal am Tage erschienen die Frauen und schleppten Essen und Trinken herbei. Nicht einmal blieben sie aus, es mochte regnen oder nicht; die Sonne mochte scheinen oder der Mond; und ob es kalt war oder heiß, die Männer hockten sich stumpf auf ihre Zugschaufeln oder ihre Schubkarren, schlangen wortlos Berge von Fleisch, Gemüse und Maisbrot in sich hinein und stürzten sich wieder auf ihre Arbeit.
    Meilenweit schichteten sie die Krone des Deiches entlang die Sandsäcke auf; Abertausende von Sandsäcken gegen den Plankenzaun getürmt! Die Frauen gruben Erde aus den Feldern und karrten sie an den Fuß des Dammes. Die großen Schaufeln glitten dammauf, dammab, von Maultieren gezogen, die so müde waren, daß sie die Peitschen ihrer ebenso müden Treiber kaum noch zu spüren schienen. Manchmal prasselte Regen auf Menschen und Tiere hernieder, manchmal brannte die Sonne heiß. Der Regen zerweichte den Damm, daß sich der Lehm an die Schuhe der Männer heftete, bis sie ihnen als schwere Klumpen an den Füßen hingen, die mühsam zu schleppen waren. Die meisten zogen ihre Schuhe aus, warfen sie in die Felder und arbeiteten barfuß.
    Fred achtete nicht mehr darauf, ob es Tag oder Nacht war; die Zeit hatte jeden Sinn für ihn verloren. Des Nachts zündeten die Männer große Feuer an; aber wenn es regnete, dann erloschen sie; und trotzdem schuftete in der Finsternis jedermann blindlings weiter.

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